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Rezensionen zu
Roter Hunger

Anne Applebaum

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€ 38,00 [D] inkl. MwSt. | € 39,10 [A] | CHF 49,90* (* empf. VK-Preis)

Dieses Buch sollte Pflichtlektüre sein.

Von: überalldiewörter

08.08.2023

Mehr als 3,9 Millionen Ukrainer:innen starben zwischen 1931 und 1934 den Hungertod. Weil über die Hälfte der Verstorbenen keine 17 Jahre alt war, betrug die durschnittliche Lebensdauer nur 8 Jahre. Diese Hungersnot wird Holodomor genannt – eine Zusammensetzung aus den ukrainischen Wörtern „holod“ (Hunger) und „mor“ (Mord, Tötung). Denn: Der Holodomor resultierte nicht aus einer Naturkatastrophe, sondern war die direkte Folge politischer Entscheidungen der Sowjetunion. 1932 wurden Bauern gezwungen, ihr Land aufzugeben und in Großbetrieben zu arbeiten. Das Politbüro verbot ihnen die Ausreise, um andernorts nach Lebensmitteln zu suchen. Und im Herbst 1932 plünderten Polizei und Aktivist:innen schließlich sogar die Häuser von Bauern und nahmen alles Essbare mit, das noch übrig war. 5 Millionen Menschen in der Sowjetunion verhungerten. Die Geschehnisse sind komplex und wurzeln fast 15 Jahre (und noch früher) vor dem Holodomor, entwickeln sich über die Jahre hinweg durch Rebellionen, Krisen und Kämpfe. Anne Applebaum beschreibt nicht nur sehr detailliert die einzelnen Geschehnisse, sondern setzt das Ganze auch immer wieder in den Kontext, erläutert die politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Hintergründe auf allen Seiten und gibt so einen fundierten Einblick in die Geschichte der Ukraine. Ganz ehrlich: Ich habe lange an „Roter Hunger“ gelesen, immer mal wieder nebenbei recherchiert, das Buch zur Seite gelegt, weil es einfach zu viel war (in jedem Sinne), und dann doch wieder angefangen. Vermutlich müsste ich es noch ein-, zwei-, dreimal lesen, um die Zusammenhänge im Detail zu verstehen und mir alle wirklich wichtigen Dinge zu merken. Trotzdem und obwohl die Lektüre nicht gerade einfach war, möchte ich euch dieses Buch ans Herz legen. Wenn ihr Zeit und Kapazitäten dafür habt, lest es. Denn: „Der gegenwärtige Krieg in der Ukraine ist ohne diese historische Last nicht zu verstehen.“ Aus dem Englischen von Martin Richter. #namethetranslator

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„Roter Hunger. Stalins Krieg gegen die Ukraine“ von Anne Applebaum, aus dem Englischen von Martin Richter, thematisiert den Holodomor, den erzwungenen Hungertod von über drei Mio. Ukrainern in den Jahren 1932 und 1933. Das ukrainische Wort „holod“ bedeutet „Hunger“ und „mor“ ist mit „Mord“ zu übersetzen, also „Mord durch Hunger“. Doch wie kam es dazu? Kurz gesagt war der Holodomor Stalins perfide Strategie gegen die Unabhängigkeit der Ukraine vorzugehen. Er führte eine Zwangskollektivierung der ukrainischen Bauern ein und zwang sie, große Teile ihrer Ernte abzugeben. Schließlich wurde auch ihr Saatgut sowie alle privaten Lebensmittel und Vorräte der Bevölkerung beschlagnahmt. Die Folge war eine erzwungene Hungersnot. Damit die verhungernde Bevölkerung das Land nicht verlassen konnte, wurden die Grenzen geschlossen und mehr als drei Mio. Ukrainer*innen starben einen grausamen Hungertod. Feinde des Stalin-Regimes und Kritiker*innen seiner Politik wurden als „Nazis“ deklariert und mundtot gemacht. Bis Ende der 1980er-Jahre wurde der Holodomor verleugnet. In der Ukraine durfte nicht an den Genozid erinnert werden und öffentliche Äußerungen waren verboten. Heute wird der Holodomor zwar von vielen Staaten als Völkermord anerkannt, Russland lehnt diese Bezeichnung jedoch weiterhin ab. Die Autorin beschreibt auf eindrückliche Weise von diesem grausamen Menschheitsverbrechen. Es ist erschreckend, wie viele Parallelen zur Gegenwart existieren. Diese Erkenntnis hat mich zutiefst erschüttert. Ich hatte einige erhellende Momente, weil mir viele Hintergründe zur Beziehung zwischen Ukraine und Russland etwas klarer geworden sind. Das Buch lässt sich trotz des anspruchsvollen Themas und Umfangs angenehm lesen. Das fast 100 Seiten umfassende Literaturverzeichnis möchte ich ebenfalls positiv hervorheben. „Roter Hunger“ ist ein gewaltiges Buch, das aufklärt und erschüttert.

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Der Holodomor war einer der größten Menschheitsverbrechen des 20. Jahrhunderts. In ihrem bis ins kleinste Detail recherchiertem Sachbuch “Roter Hunger” beschreibt die US-amerikanische Journalisten und Pulitzer-Preisträgerin Anne Applebaum den systematisch erzwungenen Hungertod von mehr als drei Millionen Ukrainerinnen und Ukrainern zwischen 1932 und 1933 und schafft damit Querverweise auf den heutigen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Auf über 500 Seiten (inkl. der Quellenangaben und zahlreichen Abbildungen und Karten) erzählt sie detailliert von dem von den sowjetischen Machthabern herbeigeführten Genozid, dessen Ursachen, Auswirkungen und irrsinnigen Befehlen, die in ihrer Sinnlosigkeit kaum zu überbieten sind. “Roter Hunger” ist definitiv keine leichte Kost, doch mit viel Fingerspitzengefühl schafft es Applebaum, einen einfühlsamen und spannenden Überblick zu geben und damit eine zeitliche Epoche in Erinnerung und Gedenken zu rufen, die vielen gar nicht bewusst ist. Ein wichtiges Buch.

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Sachbücher, egal um welches Thema, lese ich eher „hinter den Kulissen“, nur für mich und seltensten bespreche ich diese hier. „Roter Hunger“ hatte ich allerdings im Bloggerportal entdeckt und angefragt, da diese Thematik, auch durch die jüngsten Vorgänge in der Ukraine, mich sehr neugierig machte. Es passte zu ein paar Romanen, die ich vor kurzem gelesen und gehört habe und ich wollte einfach mehr wissen. Von Gusel Jachina kannte ich schon „Suleika öffnet die Augen„, eine Geschichte über eine tatarische Bäuerin und deren Schicksalsweg mit all den anderen von Stalin Verbannten. Vor kurzen dann „Wolgakinder„, dessen Schilderungen, zum Leben des Lehrers Bach und vor allem die historischen Hintergründe um und aus diesem kleinen Ort an der Wolga, die mich immens faszinierten. So wollte ich mehr wissen, mehr über dieses einst riesige Land Sowjetunion, der deutlich kleineren Ukraine, der Geschichte, die mir damals in der Schule viel zu kurz abgehandelt vorkam und über die Menschen, deren Schicksale irgendwo in der Masse untergingen. Dieses Sachbuch ist eine sehr gelungene Aufklärung über die einstige Abspaltung der Ukraine und deren Folgen für Land und Leute. Schon das Vorwort ist äußerts umfangreich und mit der Einleitung „Die ukrainische Frage“ kommt man diesem Land immer näher. Dem eigentlichen Inhalt um eben diesen Holodomor (ukrainisch Голодомор, wörtliche Übersetzung: Tötung durch Hunger) in den Jahren 1932/33 nähert man sich Seite für Seite, in denen es immer mehr zu erfahren gibt. Die ukrainische Revolution 1917, daran beteiligte Personen und Folgen für das ganze Land werden für ein Sachbuch typisch geschildert. Jahreszahlen, Orte, Begebenheiten, alles findet seinen Weg in das Buch und Anne Applebaum lässt all dies auf einen wirken, die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aspekte. "…aber Lebensmittel sind auch eine Waffe." Seite 49 Getreide, das Grundelement für die Nahrungsversorgung der Menschen. Bei mir ist noch das Wort „Kornspeicher“ hängen geblieben, womit die Masse an Getreidefeldern und der damit verbundenen Fähigkeit Unmengen an Menschen zu versorgen gemeint war. Doch was, wenn es nicht mehr genug gibt, auch weil eben nicht mehr genügend Menschen da sind um die Ernte einzubringen oder es zu Zwangsabgaben kommt, womit der einheimischen Bevölkerung letztendlich nichts mehr bleibt. Der Weg dorthin war nicht schleichend sondern schnell gegangen. Aus dem einstigen Zarenreich war eine Diktatur um Lenin und dem darauffolgenden Stalin geworden. Revolutionen gab es viele. Umsiedlungen und Verbannungen sorgten für Angst und Schrecken. Im Buch erliest man sich immer wieder die Willkür mit denen Politkommissare und deren Handlanger vorgingen. Ignoranz gegenüber dem leidenden Volk und der immer schlimmer werdenden Hungersnot. Die Rede vom „Krieg“ und dem „Feind“ im eigenen Land ist erschreckend zu erlesen, genau wie die Zwänge und Gesetze mit denen alles immer schlimmer wurde. "Wer sich weigerte Getreide zum festgelegten Preis an den Staat zu verkaufen, würde festgenommen und vor Gericht gestellt werden.(21*)" Seite 120 – *21= Iswestija ZK KPPS Die Gliederung des Buches ist sehr übersichtlich. Auf jeder Seite erkennt man wo man sich gerade befindet. Durch die, in der Kopfzeile, benannten Kapitel und jeweiligen Überschriften ist es ein leichtes sich zurecht zu finden. Bei allen im Buch vorkommenden Zitaten, Gesetzesvorlagen, Bestimmungen oder Überliefertem lässt sich anhand einer kleinen Kennnummer im Anhang die Quelle dazu finden. Ich habe sehr oft hin und her geblättert, nachgeschlagen und nachgelesen. Somit ist dieses Sachbuch keines, das mal eben schnell gelesen wird, die Komplexität darinnen ist enorm. Die Autorin behält sich einen sehr nüchternen, sachlichen Ton vor. Es gibt aber Unmengen an Zitaten und Schilderungen von Augenzeugen, die dermaßen unter die Haut gehen. Der Holodomor hat fast 4 Millionen Tote gefordert. Menschen aller Altersstufen, die elendig verhungerten. In ihren Häusern, auf den Straßen und Feldern. Ganze Familien die ausgelöscht wurden und aufgrund mangelnder Kraft der Überlebenden oftmals in Massengräbern landeten. Viele der Schilderungen geben auch wieder, was für Folgen diese Hungersnot, neben dem qualvollen Tot, hatten. Kriminalität um die Beschaffung von Essen, Furcht vor dem Nachbarn, der mitbekommen könnte, dass da noch ein Brot im Haus liegt und ein gegenseitiges Meucheln um ebendieses. Auch ist Kannibalismus ein Thema in dieser schrecklichen Zeit und wird ebenfalls durch die Berichte dargestellt. Ich war mehr als einmal „froh“ das es keine Emotionen im Buch gab, sondern dieser sachliche Ton beibehalten wurde. Dagegen empfand ich es als sehr moralisch ehrenvoll, dass die Autorin immer wieder Namen einfließen lies. Namen der Toten und Opfer, dieser von Menschen hervorgerufenen Katastrophe. Namen die vielleicht längst vergessen sind, vielleicht auch weil niemand mehr da ist um sich zu erinnern, aber durch dieses Buch letztendlich nicht vergessen werden. "Es gibt keine Anzeichen, dass überhaupt irgendetwas unternommen wurde. Die Berichte wurden verfasst und von den Funktionären in Empfang genommen, dann abgeheftet und vergessen." Seite 330 Die Angst vor den Eintreibungsbrigaden und die Gewalt gegenüber denen, die ihre Lebensmittel versteckten um irgendwie zu überleben, ist genauso Bestandteil im Buch, wie die Ignoranz der politisch Verantwortlichen. "Die Hungersnot und ihre Folgen hinterließen schreckliche Spuren. Doch obwohl die Wunden noch da sind, versuchen Millionen Ukrainer…sie zu heilen." Seite 449 Ein so umfangreiches Werk habe ich noch nie gelesen. Unwahrscheinlich informativ und erschreckend zugleich. Es hat mir sehr vieles aus der ukrainischen Geschichte näher gebracht, erklärt und verständlich gemacht. Rezension verfasst von © Kerstin ★★★★★

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Roter Hunger: Stalins Krieg gegen die Ukraine Inhalt: Die umfassende Darstellung eines der größten Menschheitsverbrechen Der gegenwärtige Konflikt um die Ostukraine und die Krim ist ohne diese historische Last nicht zu verstehen - der erzwungene Hungertod von mehr als drei Millionen Ukrainern 1932 und 1933, Holodomor genannt, war eine der größten Katastrophen des 20. Jahrhunderts. Und sie hat Folgen bis heute – Stalins „Krieg gegen die Ukraine“ hat sich tief im kollektiven Bewusstsein der osteuropäischen Völker verankert. Pulitzer-Preisträgerin Anne Applebaum vereint in ihrer Darstellung auf eindrückliche Weise die Perspektive der Täter und jene der Opfer: Sie zeigt Stalins Terrorregime gegen die Ukraine, die Umstände der Vernichtungspolitik - und verleiht zugleich den hungernden Ukrainern eine Stimme. Ein gewaltiges Buch, erschütternd und erhellend zugleich. Meine Meinung: Anne Applebaum betont in ihrem Buch die politische Dimension der großen Hungerkatastrophe. Dabei betrachtet sie diese nicht isoliert sondern in die russische/sowjetische Geschichte verwoben und erklärt Zusammenhänge aufschlussreich. Die Ukraine lieferte bereits den Zaren Lebensmittel. Ihr Volk galt nicht als eigenständig. Zu Beginn der 1920er Jahre machten Lenin und die Bolschewiki zwar einige Zugeständnisse an das Nationalgefühl der Ukrainer, besonders im Bildungswesen und in der Kultur. Doch in Moskau herrschte stets Misstrauen gegenüber den Ukrainern. Nach den Wirren der Revolutions- und Bürgerkriegszeit stand für die Bolschewiki fest, dass die ukrainischen Bauern aufsässig und politisch unzuverlässig seien, dass die Ukraine ausländischen Feinden als Einfallstor nach Russland diene. Wachsamkeit war daher angeraten und ein energisches Vorgehen gegen jegliche Versuche der Ukrainer, die straffe Kontrolle durch Moskau zu lockern oder gar abzuschütteln. Die Gewaltmaßnahmen und die ausbeuterische Politik des Regimes stürzten die Landwirtschaft in eine schwere Krise. Hunderttausende Bauern wurden deportiert. Den neugegründeten Kolchosen wurden übertrieben hohe Abliefermengen für Getreide und andere Nahrungsmittel auferlegt. Während der schlechten Ernte 1931 fielen Beschaffungsbrigaden über die Bauern her, um die Versorgung in den Industriezentren zu sichern. Sie raubten alles essbare und das Saatgetreide der Bauern, ohne Rücksicht auf Verluste. Im Frühjahr 1933, als die Hungerkatastrophe ihren Höhepunkt erreichte, legte der Diktator in einem Brief an den Schriftsteller Michail Scholochow seine Sicht der Dinge mit brutaler Offenheit dar: Die Bauern der Ukraine hätten einen "Krieg gegen die Sowjetmacht" vom Zaun gebrochen; sie seien an ihrem Elend selbst schuld. Seit Anfang 1932 war abzusehen, dass in der Ukraine und anderen Regionen eine Hungersnot drohte. Die Moskauer Führung tat jedoch nichts, um das Unheil abzuwenden. Weder reduzierte sie die Ablieferquoten der Kolchosen, noch schickte sie Lebensmittel in die Hungergebiete. Über den Hunger wurde öffentlich nicht gesprochen. Das Ausland wurde nicht um Hilfe gebeten (anders als bei der Hungersnot von 1921/22). Schließlich wurde die Ukraine abgeriegelt, um die verzweifelten Bauern an der Abwanderung in andere Regionen zu hindern. Stalin war überzeugt davon, dass sich in der Ukraine Bauern und Intellektuelle gegen den Sowjetstaat verschworen hätten. Deshalb führte er in den Jahren des Hungers eine Kampagne gegen alle Kräfte, die als Wortführer des ukrainischen Nationalismus galten. Applebaum beschreibt die zerrüttete und leidende Gesellschaft eindrucksvoll und schonungslos. Der Leser erhält Einblick in die tiefen Abgründe der damaligen Zeit und ist häufig schockiert. Sie beschreibt die Sicht der Täter und der Opfer gleichermaßen. Sie schafft es erneut Geschichte und wissenschaftlich fundierte Daten in einen sehr angenehmen zu lesenden Sachbuch unterzubringen. Die Hintergründe zum Holodomor erschrecken auch nach vielen Jahren und werfen ein anderes Licht auf die aktuelle politische Situation in der Ukraine. Ein unheimlich tiefgründiges und tatsächlich beeindruckendes Sachbuch.

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