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Rezensionen zu
Die Liebenden im Chamäleon Club

Francine Prose

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Es ist eine ganz besondere Lebensgeschichte, die Francine Prose in diesem biographischen Roman in ihrer Entwicklung, in ihrem „Besonders-Sein“, aber auch „Abgesondert-Sein“, von allen Seiten her und aus verschiedenen Perspektiven heraus beleuchtet. Lou Villars, basierend auf der realen Violette Morris, war ein verschlossenes Mädchen. Aufgewachsen in einem Klosterinternat nach einem „Zwischenfall“ mit ihrem Bruder in der Familie. Kräftig gebaut, aber wie kräftig und wie generell dieses Mädchen ihren Körper für alle möglichen sportlichen Richtungen einsetzten konnte, das sollte sich erst durch Zufall in der Klosterschule zeigen. Zwischenmenschliche Kontakte, Freundinnen gar, das war der Heranwachsenden fremd. Aber unter Anleitung eines leicht merkwürdigen Sportenthusiasten mit großer Experimentierfreude (er erfand das erste Ergometer) wächst Lou über ich hinaus. Laufen, Diskuswerfen, Gewichte stemmen, später dann auch Boxen (wie ein Mann und oft gegen Männer), Autorennen, alles was schnell ist, hart ist, den Kopf so gut wie ausschaltet. Und für das sie, zu ihrer Zeit, ihren Köper in einer Art und Weise angleicht, die gleichermaßen faszinierende wie abstoßende Reaktionen hervorrief. „Wenn sie bereit sind, wirklich hart zu arbeiten, können meine Schwester und ich Ihnen helfen, die Schwerkraft zu überwinden, ohne den Boden verlassen zu müssen. Sind Sie bereit, hart zu arbeiten?“. Und ob. Während der junge Fotograf Gabor Tsenyi zur gleichen Zeit überhaupt erst mal versucht, seinen Weg zu finden. Im Paris der 20er Jahre. Bekannt mit dem zynischen, begabten, egomanischen Schriftsteller Lionel Maine, ebenfalls noch am Anfang, auf der Suche, immer irgendwie damit beschäftigt, mit dem wenigen Geld, dass beide für ihre Arbeiten erhalten, das Bestmögliche an Spaß und Amüsement zu leben. Und das ist nicht schwer im Paris jener Jahre, in den Clubs, in der offen erotisch aufgeheizten Atmosphäre, am Montmartre, im „Club Chamäleon“, wo die Herren Kleider und die Frauen Smoking tragen, wo die lesbische Liebe sich offen zeigt, wie überhaupt Paris die Stadt der freien Liebe zu jener Zeit ist und weiter werden wird. Zunächst. Eine Zeit, eine Atmosphäre, ein Paris, das Francine Prose so lebendig, bunt, präzise zu beschreiben versteht, Personen, denen sie mit leichter Hand tiefen Grund verschafft, die dem Leser ebenso schnell und nachhaltig nahekommen, wie die verruchte Stimmung, die Klänge der Bands, das ganze Lebensgefühl dieser Bohemian, das die Nacht zum Tage macht und die Freiheit zum Ideal. Eine Haltung, Möglichkeiten, die Lou Villars Schritt für Schritt auch für sich erschließen wird. Inzwischen sportlich bekannt, die olympischen Spiele 1936 winken am Horizont (auch wenn ob der Vielfalt der Talente noch nicht klar ist, in welcher Disziplin nun genau Lou daran teilnehmen soll). Hitler persönlich wird auf die kräftige, eisenharte Frau aufmerksam. Und diese auf eine deutsche Rennfahrerin, mit der die Liebe erstmalig in Leben Lou Villars treten wird. Mit nicht unbedingt harmonischem „Heimatfilm-Ausklang“. Wie dann die Stimmung sich verändert, der Krieg am Horizont heraufzieht, erkämpfte Freiheiten sich auflösen, das ist die eine Linie, die Prose durch die Augen ihrer schon jung so verlebt wirkenden Protagonisten wunderbar melancholisch ins Buch hineinbringt. Wie auch die Liebe ihre Wege geht, Herzen gebrochen werden, andere zusammenfinden. Und wie aus der jungen, merkwürdigen, anfangs noch unbedarft-körperlichen Lou eine Geächtete werden wird, eine Kollaborateurin mit schmählichem Ende, dass ist allemal als zeitgeschichtlich atmosphärisch dichter Roman und persönliches Drama spannend zu lesen. Wobei der wunderbare und bildkräftige Stil Proses in bester Weise dafür sorgt, dass der Leser wie in einem Sog sich wiederfindet. Eine überaus empfehlenswerte Lektüre über Schicksale und eine verlorene Zeit der „wilden“ Freiheit.

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