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Rezensionen zu
Dschiheads

Wolfgang Jeschke

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€ 7,99 [D] inkl. MwSt. | € 8,30 [A] | CHF 11,90* (* empf. VK-Preis)

Anfang des 24. Jahrhunderts, zwei Professoren, spezialisiert auf Exobiologie und nichtmenschliche Zivilisationen, und eine KI, die in einem speziellen, hochgezüchteten Berner Sennenhund steckt, werden von einer Universität nach Paradise geschickt. Paradise ist vom Klima her ein sehr extremer Planet, der eine Rotation von 40 Erdstunden hat. Scheint die Sonne, kann es auch mal um die 95 Grad Celsius haben, so dass die Flüsse kochen. Die Biologen wurden von dem dort stationierten Flottenkommandanten angerufen, da es Anzeichen für intelligentes Leben gibt. Paradise wurde vor 100 Jahren von einer Sekte, den Dschiheads, besiedelt, die vor der Gemeinschaft der Menschen flüchteten. Seitdem erforscht wurde, dass Glauben heilbar und leidiglich eine Schädellippen-Anomalie ist, wird jeder fanatische Ansatz von religiösem Tun im Keim durch eine Operation erstickt. Danach ist man geheilt. Die Dschiheads, eine letzte religiöse radikale Sekte – ein Zusammenschluss aller Religionen – ist nach Paradise emigriert, um dem operativen ‘Entglauben’ zu entgehen. Da der Planet sehr unwirtlich ist und sie größtenteils unter sich operieren, lässt man sie in Ruhe. Nur ein Flottenposten ist dort stationiert, der sich zur Hälfte aus Dschiheads rekrutiert. “Ein harter Kern von Gläubigen, … man taufte sie spöttisch ‘Dschiheads’ –, wurde vor die Wahl gestellt, unter psychiatrischer Kontrolle in geschlossenen Anstalten zu leben oder nach Hot Edge auszuwandern. Ein paar Hundert zogen den ‘Zweiten Exodus’, wie sie es nannten, vor und übernahmen stolz den Namen ‘Dschiheads’. Die Behörden nannten sie ironisch die Selektierten, die Ausgesonderten beziehungsweise Auserwählten, aber sie selbst betrachteten die Bezeichnung als eine Art Ehrentitel, als Gütesiegel. Sie sahen sich als die vom Alleinigen und Einzigen Gott Auserwählten für den Heiligen Krieg. Und was wir hier vor uns haben, ist ihr schäbiger Rest – ein heruntergekommenes Häuflein benebelter, starrsinniger Fanatiker dort drüben über dem Fluss.” Ailif Avrams und Maurya Fitzpatrick, die Wissenschaftler, kommen von New Belfast – ebenfalls ein Emigrationsplanet. “Und den Planeten (New Belfast) tauften sie in Erinnerung an die Heimat. Aber der Keim des Übels reiste mit.” Der Keim des Übels ist bei Wolfgang Jeschkes Roman die Religion. Teilweise recht hasserfüllt beschreibt er die Zustände in dem Dorf der Dschiheads aus der Sicht von Suk, einem Jungen, der miterleben muss, wie sich die Gemeinschaft gegen seinen Freund, den taubstummen Anzo, und dessen Mutter richtet, nur weil sie anders sind. In abwechselnden Kapiteln wird die Welt von Suk oder aus der Sicht der Wissenschaftler berichtet. Doch die Voraussetzungen für einen Kontakt zu den Dschiheads ist recht ungünstig. Ailif Avrams mit seiner schwarzen Haut und seinen Moving Tatoos wird als von Dämonen besessen bezeichnet, Maurya Fitzpatrick ist die unreine Hure und Jonathan Swift gar das unnatürliche, gotteslästerliche Chimärenwesen. Trotzdem kommen die eingeflogenen Wissenschaftler bald einer Art Verschwörung auf den Grund, bei der auch die Flotte nicht unbeteiligt ist. Jeschke merkt man seine Wut gegen die Religion an, er tappt aber das ein oder andere Mal doch etwas zu sehr in die Klischeefalle. Suk beobachtet, wie der Großarchon manche Gläubige auffordert, vor ihm hinzuknien, beim Lüften des Rockes kommt dann mehr als das Knie zum Vorschein, so wie es so mancher katholische Chorknabe wohl erlebt hatte. Auch der Name Dschihead (Dschihad) erinnert zu sehr an den heiligen arabischen Krieg. Gegen die klischeehaften Schilderungen der Gläubigen und auch die manchmal etwas hölzern, belehrenden Dialoge der beiden Exobiologen stehen die wunderbaren, stimmungsvollen Darstellungen der Natur des Planeten, die Flora und Fauna strotzt vor vielen Ideen und auch manche nebenbei eingestreuten technischen Kleinigkeiten, wie die Schädelplatten mit denen untereinander kommuniziert wird, bzw. die Moving Tatoos von Ailif sind nette Einzelheiten in dem Roman. Doch rührt Jeschke diese Zutaten nur halbherzig zusammen, ab der Hälfte des Buches hat man das Gefühl, er möchte seinen Roman schnellstmöglich beenden und so werden hastig ein paar angefangene Fäden der Geschichte zusammengebunden. So manches Mal trifft er aber durchaus witzig den richtigen Ton. Insgesamt ein etwas unschlüssiger Roman mit tollen Ansätzen aber einer fahrig ausgeführten Geschichte, mit dem er 2014 immerhin den Kurd-Laßwitz-Preis für den besten in deutscher Sprache veröffentlichten Roman erhalten hat. “Ja mein Junge, Gott ist auf unserer Seite. Es ist das Licht Gottes sagt seine Heiligkeit. Er hat es uns in die Hand gegeben, um seinen Willen zu erfüllen. Wir werden siegen und alle gottlosen Ungeheuer dieser Welt auslöschen.” Amen!

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