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Rezensionen zu
Die Raben

Tomas Bannerhed

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Im dunklen, schwedischen Moor entspinnt sich eine bedrückende Vater-Sohn-Geschichte, die unweigerlich ein schreckliches Ende finden muss. Im Schweden der 70er Jahre kämpft eine Bauernfamilie um den Erhalt ihres Hofes. Der 14-jährige Protagonist Klas weiß eines ganz sicher: in die Fußstapfen seines Vaters will er nicht treten. Er will sich nicht auf den Feldern krummschuften und Tag für Tag für das Vieh leben. Was er lieber will, weiß er allerdings auch nicht. Als intelligent beschrieben, absolviert er die Schule nebenbei, denn seine eigentliche Leidenschaft gilt der Vogelbeobachtung. Name, Färbung, Gewohnheiten – kein Aspekt der einheimischen Vögel, den er nichts genauestens studierte. Hin und wieder kommt es zu Begegnungen mit Gleichaltrigen von anderen Höfen, an denen – gewaltverherrlichenden Waffennarren, Großstadtmädchen – das Leben im Moor auch nicht spurlos vorüber geht. Die Mutter der Familie unternimmt immer wieder hilflose Versuche, ein normales Familienleben in Gang zu bringen. Ihre Beklemmung, wenn der Vater über seine Visionen, meist „Die Raben“ spricht, ist dabei deutlich spürbar. Beim Leser verstärkt sich die Vorahnung, dass diese Geschichte vermutlich nicht gut ausgehen wird. „Die Raben“ ist ein eigenwilliger Roman, der ungewöhnliche Protagonisten und Orte wählt, um atmosphärisch dicht vom langsamen Fortschreiten einer Katastrophe zu erzählen. Hin und wieder, besonders bei der Beschreibung der winterlich glitzernden Landschaft, kann man die Schönheit des Moors erahnen. Viel häufiger aber sind die Visionen der schlammigen Tiefen, in die hinab gezogen zu werden die Protagonisten so sehr fürchten. Das Moor tritt als Protagonist auf, der einen Großteil der beklemmenden, bedrückenden Atmosphäre schafft, die den ganzen Roman durchzieht. Der Autor kommt ohne Schock-Effekte aus; es dauert auch etwa hundert Seiten, bis man als Leser gut in die Geschichte hinein gefunden hat, bis sich die Atmosphäre so sehr verdichtet hat, dass vermeintlich wenig spannende Naturbeschreibungen eine tiefere Bedeutung bekommen. Dann aber beginnen die Visionen von Raben, auch den Leser zu beunruhigen.

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Ich fand das Buch wunderschön. Es gab nur einen Nachteil, der aber meine persönliche Sache ist. Ich kann es nicht sehen, wenn Nutztiere geschlachtet oder auf eine andere Art und Weise durch Menschenhand gequält und getötet werden. Das Buch ist voll davon. Passt ja auch zum Kontext. Passt zu dem Ort des Geschehens. Der Wirkungskreis findet in der Landschaft Smaland in Südschweden statt. Smaland, umgeben von Bauernhöfen und tiefen Wäldern. Man befindet sich in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Ein interessanter Familienroman, der mich recht nachdenklich gestimmt hat, obwohl es darin vordergründig keine wirklich bösen oder fiesen Menschen gibt … Aber die Figuren, wie sie in ihren inneren Mustern gestrickt sind, fand ich sehr spannend. Der Roman wird in der Ichperspektive des zwölfjährigen Klas dargestellt. Besonders stark beschäftigt haben mich der zwölfjährige Klas und sein Vater Agne. Aber die vielen Nebenfiguren fand ich nicht weniger interessant. Zu jeder gibt es einiges zu sagen, beschränke mich aber hauptsächlich auf die beiden oben erwähnten Figuren. Klas ist ein Heranwachsender, der zu wissen scheint, was er möchte. Er ist anders als die anderen Menschen seines Alters. Er beschäftigt sich viel allein, erkundet in seiner Freizeit die Wälder und die vielen darin lebenden Vögel. Zudem ist er ein Vielleser. Auch baut er sich eigene Drachen … Ein multitalentierter Jugendlicher. Für einen Bauernjungen ist vor allem die Leserei recht ungewöhnlich. Lesen wird hier als eine recht passive Eigenschaft gesehen. Klas glänzt auch in der Schule und zählt zu den Besten. Vor allem in Mathematik gelingt es ihm, mit hohen Zahlen frei aus dem Gedächtnis heraus zu operieren … Klas weiß auch schon, dass er in Zukunft nicht in die Fußstapfen seines Vaters treten möchte und glaubt, dass er für etwas Besseres geschaffen sei. Doch wie bringt er dies seinem Vater bei, der andere Pläne mit ihm hat? Der Vater scheint anfangs recht normal zu sein, wobei er auf mich kontaktarm und wie ein Eigenbrötler wirkt ... Emotionale Nähe zu seinen beiden Kindern zeigt er kaum, zu sehr ist er mit seiner eigenen Welt als Landwirt beschäftigt, der später immer mehr krankhafte Züge einnimmt. Klas sehnt sich nach seinem Vater, zeigt es aber nicht. Er wundert sich, dass dieser sich kaum für seine Welt interessiert. Der Vater stellt keine Fragen an seine Kinder, immerzu äußert er Gedanken zu den Härten und den Missständen seines Guts… Er wirkt mit der Zeit recht zwanghaft. Unter den DorfbewohnerInnen ist er dadurch recht unbeliebt. Agne ist mit seinem Hof ein wenig überfordert, das sieht auch Klas, der mit einer einzigen Ausnahme aber alles andere tut, als ihm unter die Arme zu greifen. Agne hütet sich, Hilfe von seinem Sohn zu erbitten. Er kann überhaupt nicht bitten. Wünscht sich aber insgeheim, der Sohn würde von sich aus anpacken. Auch Klas schafft es nicht, mit seinem Vater ins Gespräch zu kommen. Beide leben sie abgeschottet in ihrer eigenen Welt … "Klas behandelt den Vater gedanklich ein wenig abfällig: Woran denkst du, Vater? wollte man fragen. Wenn du da so sitzt? Denkst du an die Arme, die sich im Stall von selbst heben? Das Wetter, das nur Ärger macht? An den Schrott, der Tag und Nacht herumliegt? An alles, was zu Hause erledigt werden muss und niemals fertig wird? Dass es ein Jahr mit dreizehn Monden und ein Schaltjahr ist? Eine ewige Plackerei.Denkst du jetzt daran?An Arbeit und Krankheit. An alles, was dir Steine in den Weg legt. " (2015, 88f) Klas zählt alle Mühen auf, die dem Vater unaufhörlich plagen. "Der Junge verbringt seine Freizeit auch in der Bibliothek, was ungewöhnlich für einen Dorfjungen ist, so auch die Meinung der Bibliothekarin. Dorfmenschen, die zwar alles Mögliche treiben würden, nur keine Bücher lesen und so stellt sie Klas die Frage, ob er wissen würde, was die Menschen dort so alles treiben? Auch sie ignoriert das mühsame Treiben eines Bauern. Bei uns zu Hause hat jedenfalls, solange ich denken kann, keiner jemals ein Buch aufgeschlagen. Außer der Bibel. Wenn Mutter krank ist, liest sie immer das Buch Hiob. Und das Sündenbekenntnis. Obwohl sie das eigentlich auswendig kann." (99) Klas lernt die aus der Großstadt zugezogene Veronica in der Bibliothek kennen, deren Vater Leo ein Intellektueller ist und sich gut mit Büchern auskennt. Er besitzt eine Bibliothek von über 4000 Büchern. Man möchte meinen, er tut nichts Anderes als Bücher zu lesen. Veronica stellt ihrem Vater Klas vor … Leo identifiziert Klas mit dem Steppenwolf von Hermann Hesse … (Die Art und Weise, wie Leo den Steppenwolf interpretiert hat, hat mir recht gut gefallen. Mich hat das nochmals an den Steppenwolf erinnert, den ich vor langer Zeit auch gelesen hatte.) Und ich fand seine Interpretation sehr treffend. Klas verliebt sich in Veronica und versucht ihr seine Welt in der Natur nahezubringen, wo ich mich erst fragen musste, ob er ihr seine Welt nicht zu sehr aufdrängen würde, ähnlich wie der Vater es mit ihm machte? ... Klas` Treiben in der Natur habe ich auch ein wenig als eine Flucht vor seiner Familie erlebt. Der Vater nimmt zunehmend krankhafte Formen an, triftet immer mehr in eine wahnhafte Welt ab, nimmt starke paranoide Züge an, fühlt sich selbst vom Unwetter verfolgt, das seine Farm zerstören wolle. Die Raben lösen mitunter in ihm auch Verfolgungszwänge aus … Zudem versucht er Ungeziefer auf eine stark krankhafte Form zu bekämpfen. Er sieht sogar Ungeziefer, wo gar keines ist. Nimmt in allem eine stark existentielle Bedrohung wahr. Klas wurde eines Nachts von einem Höllenlärm wach. "(Ich) Schaltete die Nachttischlampe an, stützte mich mit schlafverklebten Augen auf den Ellbogen. Knall auf Knall erschallte und verhallte in einem gleichmäßigen Rhythmus. (…) Widerwillig hob ich das Rollo leicht an und sah meinen Vater wie in rasender Wut auf eine alte, durchgelegte Matratze eindreschen, sah ihn weit ausholen und mit dem Teppichklopfer zuschlagen, als ginge es um Leben und Tod. (…) Die Matratzen auf der Teppichstange und ein ganzer Stapel Flickenteppiche, die darauf warteten, dass sie an die Reihe kamen. Im Schnee lagen Sofakissen und Decken.In einer Wolke aus Staub und Flusen stehen und immer weiter schlagen und schlagen, als hätte ihn jemand dazu gezwungen. Als wäre er von höheren Mächten beseelt oder als hätte ihn jemand in der Gewalt.Das hält doch keiner aus, von Millionen Partikeln umgeben zu sein. Die Milben, die Flöhe und Läuse, sie müssen weg, sie müssen alle weg. Peitschen und schlagen, bis nichts mehr da ist. Was macht es schon, dass dies mitten in der Nacht geschieht, wenn das ganze Haus voller Ungeziefer ist!" (420) Agne wird psychiatrisch zwangseingewiesen, und wird leise zum Gespött anderer DorfbewohnerInnen, worunter vor allem auch Klas´kleinerer Bruder Göran leidet, sieben Jahre alt, der immer mehr in die Kleinkindphase regrediert, und seinen Schnuller zurückverlangt, selbst dann noch, als der Vater wieder nach Hause entlassen wurde. Dieser wundert sich über das Verhalten seines jüngeren Sohnes und zieht falsche Schlüsse: "Vater versenkte die Zeitung, sah Göran erstaunt an, fragte sich, was das wohl für ein Knirps war. Ein großer Junge mit einem Schnuller, der die gesamte erste Klasse noch einmal würde absolvieren müssen, wenn er nicht lernte, in den Schulstunden still zu sitzen. " (381) Der Vater erlitt immer wieder Rückschläge und erwies sich als große Last für die gesamte Familie. Selbst Klas leidet seelisch darunter, fängt an, nachts einzunässen. Geplagt von der Angst, er müsse seinen Vater auf dem Hof ersetzen … Auf den letzten Seiten erfährt man ein wenig über die familiäre Herkunft seines Vaters. Zwölf Geschwister hatte er, und sie alle mussten auf dem Hof mitanpacken. Klas erfährt, dass auch sein Vater intellektuell sehr begabt war, so wie er ein Genie im Rechnen, aber die Schule musste er vorzeitig abbrechen und durfte sie nicht weiter besuchen. Und somit konnte der Vater seine Talente nicht ausleben ... Die Familie war zu arm, um sich eine Schule für die Kinder zu leisten, wo es auf dem Hof viel zu tun gab ... Klas erfährt, dass auch sein Vater sich selbst einen Drachen bastelte, den sein Vater, Klas´Großvater, allerdings zerstört hat, da er nichts vom Spielen hielt ... Mein Fazit zu dem Buch? Klas und sein Bruder Göran wachsen in einer recht emotionsarmen Familie auf. Nicht nur, dass die Kinder zu wenig Nähe erfahren, auch zwischen den Eltern finden wenige körperliche und verbale Berührungen statt. Klas stellt das fest und versucht über Veronica herauszufinden, ob sich ihre Eltern mehr berühren, mehr lieben würden? Klas ist für sein Alter ein sehr reflektiertes Kind, aber zu jung, um auf die vielen (schwerfälligen) Fragen eine Antwort zu finden, weshalb auch er seelische Störungen entwickelt. Die Mutter ist ebenso mit der ganzen Situation schier überfordert, obwohl sie es sehr gut mit ihrem Mann und den Kindern meint ... Auch wenn man es nicht wahrhaben möchte, so waren der Vater und der ältere Sohn sich sehr, sehr ähnlich ... Und es ist zu wünschen, dass Klas es schafft, seinen Weg selbst zu bestimmen und ihn auch konsequent zu gehen, damit ihm nicht dasselbe Schicksal ereilt, wie das seines Vaters. In dieser Beziehung wäre es gesund, egoistisch die eigenen Ziele zu verfolgen, auch mit dem Risiko, den landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern zu gefährden. Kinder sind nicht auf der Welt, um die Sorgen der Eltern zu bewältigen … Insgesamt wurden die menschlichen Schwächen aller ProtagonistInnen hier in diesem Buch sehr differenziert und authentisch dargestellt und die Sprache fand ich recht kreativ und fantasievoll gewählt ... Die Rezension scheint ein wenig lang geraten zu sein, aber ich konnte nicht loslassen von den Figuren dieser romanhaften Erzählung. Sie haben mich sehr beschäftigt.

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Von dem Autor Tomas Bannerhed habe ich bislang nichts gelesen. Dies war mein erstes Buch von ihm. Und ich muss sagen, es ist anders als all die Anderen, die ich schon gelesen habe. Der Schreibstil ist flüssig und zieht den Leser direkt mit ins Geschehen. Mit Klas befinde ich mich im Wald, habe Vögel beobachtet, blicke in Nester rein und schaue mir das Verhalten der einzelnen Tiere an ... ja, ich bin mit einem Ornithologen unterwegs, dem die Vögel über alles gehen und der sich so seine eigene Welt geschaffen hat. Vom Biologieunterricht kennt man die heimischen Vögel des Waldes, doch die Vögel, die er alle benannt hat, waren mir nicht bekannt! So kann man auch noch beim Lesen des Buches (und natürlich beim Nachschlagen der einzelnen Vogelarten *g*) etwas dazu lernen! Der Protagonist Klas kommt mir verträumt und doch etwas eigenbrötlerisch daher. Er lebt in seiner eigenen Welt, schottet sich von seiner Familie ab, hat auch nicht wirklich viele Freunde, und fühlt sich nur inmitten der Natur und ihrer Fauna so richtig wohl. Was er überhaupt nicht möchte - aber von seinem Vater hinein gezwungen wird - ist, den Hof weiterzuführen und sich endlich der Landwirtschaft zu widmen. Einzig und allein seine Mutter versucht ihm, in diesem schon so schwierigem Leben etwas Normalität hineinzubringen und ihn tatsächlich wie ein Kind aufwachsen zu lassen. Doch wie soll ein Kind wachsen und gedeihen, wenn es auf der einen Seite Liebe und Normalität erfährt, auf der anderen Seite aber mitbekommt, wie der Vater dem Wahnsinn erliegt und immer mehr in seine tiefen Depressionen abzudriften scheint? Klas gibt sich seinen Schuldgefühlen vollends hin. Zum Einen, da er seinen psychisch kranken Vater mit der schweren Feldarbeit alleine lässt und zum Anderen, da er sich einfach nur aus dieser einen Welt fernhalten möchte und keinesfalls den Hof seines Vaters übernehmen oder gar fortführen möchte. Er gerät in einen familiären Zwiespalt. Doch was tun? Für Klas ist es klar, doch wie kann er das nur seiner Familie - allen voran seinem Vater - vermitteln? Und: wird ihm diese Entscheidung eventuell sogar die Familie kosten? Mit seinen detailgetreuen Beschreibungen der Landschaft von Smaland und ebenfalls der genauen Darstellungen der unterschiedlichen Vogelarten und auch Vogelrufe kommt man sich als Leser manchmal so vor, als ob man mit dem Protagonisten im Wald stehen würde. Mitten im Grün, hinter Dickicht versteckt, beobachtet man die fliegenden Waldbewohner bei ihrem alltäglichen Treiben und lauscht ihren verschiedenartigen Gesängen. Tatsächlich schafft es der Autor dank seiner bildhaften und auch schon fast "tonhaften", sehr poetischen Sprache, die Waldbewohner so genau darzustellen, als ob man sie tatsächlich sehen und auch hören würde! Da ich die einzelnen Vogelarten noch nicht kannte, bin ich sogar dazu übergegangen, während dem Lesen im Internet zu surfen und mir nicht nur Bilder der Vögel anzusehen, sondern auch die verschiedenen Rufe auf Youtube anzuhören. Das hat die Geschichte noch mehr verstärkt und regelrecht untermalt :) Obwohl das Buch keine leichte Kost ist, was die Geschichte rund um die Familie und ihre Probleme und Zwiespälte anbelangt, und für einige auch allein der detaillierten Beschreibungen der Landschaft und der Vögel oder der Vögelgesänge wegen das Durchhalten bis zum Schluss schwer fallen mag, so kann ich das Buch doch empfehlen. In dem Buch wird beschrieben, wie ein Junge aus einer Welt auszubrechen versucht, in die er von seinen Eltern (hier von seinem Vater) hineingedrängt wird, und wie es ihm schlussendlich gelingt.

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Das Buch: Klas ist ein Teenager und lebt mit seinen Eltern auf einer kleinen Farm irgendwo in Schweden. Und dort gibt es außer dem kleinen Dorf nichts weiter. Doch Klas mag diese Ruhe. Und Vögel. Er kennt sie und ihre Klänge. Doch ist das normal? Sein Vater sieht es anders: Klas soll doch nicht faulenzen sondern seinem Vater auf dem Feld helfen. Doch Klas weigert sich. Auch wegen seines Vaters. Denn dieser wird zusehends immer verwirrter. Und das wird zusehends zu einer Belastung für die ganze Familie. Fazit: Es ist ein ruhiges Buch und dreht sich unaufgedrängt um die Frage, ob man selbst verwirrt ist. Oder ab wann man es weiß. Oder man es überhaupt selbst bemerkt. Denn Vordergründig erzählt Klas über sein Leben in der Einsamkeit, das Zusammenleben mit seinen Eltern und seinem Bruder, den Vögeln und der ersten großen Liebe. Doch reicht dies wirklich aus? Was macht das Leben aus? Täglich schinden, nur um sich gerade so ernähren zu können? Oder doch lieber seinen Leidenschaften nachgehen und glücklich werden. All das stellt Klas unbewusst oder eher der Autor ganz bewusst in Frage. Und so baut sich dieses Buch auch auf. Einer sanften und leisen Art und Weise. Klas erzählt von seinem Leben und man leidet mit ihm mit. Man kann ihn und seine Ängste verstehen. Es ist durchgehend eine gewisse Beklommenheit spürbar und lässt den Leser nicht los. Trotzdem wird der Leser das Gefühl nicht los, als würde man etwas verpassen oder nicht richtig greifen können. Man kommt gut in der Geschichte mit, aber die Spannungsmomente verfliegen schnell wieder in die Trostlosigkeit des Protagonisten. Und so verliert sich der Leser schnell in dieser Trostlosigkeit und im Buch. Man möchte wissen, wie es mit Klas und seinem Vater weitergeht. Aber diese Trostlosigkeit raubt einen den Verstand. Na? Bemerkt? Auch als Leser wird man schnell auf die Reise in die Welt der Verwirrten mitgenommen. Stilistisch ist dieses Buch sauber und sehr poetisch geschrieben. Opulent wird die Landschaft und vor allem die Vögel beschrieben. Und nimmt den Leser auf eine Fahrt zu sich selbst mit. Denn ohne Frage: man stellt sich selbst die Fragen: Bin ich irre? Ab wann ist man dies? Bin ich noch normal? Was ist normal? Und so lässt das Buch am Ende den Leser doch fragend zurück. Die Story um Klas ist hier nur Mittel zum Zweck. Aber trotzdem schön und wunderbar erzählt. Ohne viel Aufregung. Zusammenfassend ist dieses stille Buch eine Studie über das Verwirrtsein und dessen Folgen für die ganze Familie. Doch dies passiert auf eine tolle Art und Weise und ganz unaufdringlich. Empfehlenswert ist dieses Buch für Leser, die sich gerne mit der Psychologie des Menschen auseinandersetzen und auch für alle Träumer.

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In Die Raben erzählt Tomas Bannerhed über das Leben einer Bauernfamilie in Småland in den 1970-er Jahren: Im Mittelpunkt steht der zu Beginn des Buchs 12-jährige Klas, der wie ein Gefangener seines eigenen Lebens wirkt. Seine sehr guten Schulnoten interessieren seinen Vater Tom Agne Georgsson ebensowenig wie sein großes Interesse an der Natur, insbesondere an Vögeln. Und Klas weiß fast alles über die Vögel in seiner Heimat: Er kennt ihre Gewohnheiten, ihre Rufe und die Routen der Zugvögel. So oft es geht, streift er mit dem Fernglas in der Hand durch die Umgebung und beobachtet die Tiere. Für seinen Vater ist das nur eine Form der Drückebergerei, um der schweren Feldarbeit aus dem Weg zu gehen. Klas schwankt immer wieder in seiner Haltung gegenüber seinem Vater. Der vom Leben gezeichnete Mann hat nie etwas anderes als das einfache Leben und die Landarbeit kennengelernt und stellt sich vor, dass sein älterer Sohn Klas den Hof übernehmen soll, wenn er alt genug dazu ist. Doch der kleine Familienbetrieb steht wirtschaftlich bereits am Abgrund. Die Schuld gibt der Vater regelmäßig dem Wetter. Aber sein Sohn hat kein Interesse daran, das entbehrungsreiche Leben seines Urgroßvaters, Großvaters und Vaters zu führen - auf diese bäuerliche Ahnenreihe weist ihn Agne gern hin, doch er erreicht damit das Gegenteil dessen, was er beabsichtigt. Die Mutter ist es, die den Familienfrieden mit aller Kraft aufrecht erhält. Sie ist nicht zufrieden mit ihrem eintönigen Leben, das von der Haus- und der Feldarbeit bestimmt wird und in dem es fast keinen Platz für Freiheiten und Heiterkeit gibt. Sie ist der ruhende Pol nicht nur für Klas und Agne, sondern auch für Klas' jüngeren Bruder Göran. Die Mutter nimmt auch wahr, dass sich ihr Mann immer mehr überfordert fühlt und versucht ständig, ihn zu beruhigen. Doch der gleitet immer mehr in den Wahnsinn ab und entwickelt sich zu einer Gefahr nicht nur für sich, sondern auch für seine Familie. Klas empfindet das Verhalten seines Vaters immer stärker als Bedrohung und beginnt, sich wieder nachts einzunässen. Als er erfährt, dass bereits der Großvater psychisch krank gewesen ist und sich umgebracht hat, beginnt er auch bei sich, nach Anzeichen von Wahnsinn zu suchen.

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Småland in den 70er Jahren: Vögel sind Klas‘ Leidenschaft, er ist ein Vogelbeobachter. Ihr Flug ist für ihn wie eine Verheißung von Freiheit, tage- und nächtelang hält er nach ihnen Ausschau, lauscht ihren Rufen. Klas liebt die Vögel, weil er so wenigstens für kurze Zeit der schweren Feldarbeit und seinem schwierigen, zunehmend irrer werdenden Vater entfliehen kann. Klas soll später einmal den Hof übernehmen. Aber seine Träume sehen anders aus. Er sucht die Einsamkeit der Wälder und begeistert sich für die Eleganz von Raben. Spricht das für seinen eigenenen Irrsinn? Ich hatte das Buch schon vor einiger Zeit als Rezensionsexemplar über das bloggerportal bekommen, dann angefangen, es wieder weggelegt, wieder angefangen - und irgendwie hatte ich nie die Muse, weiterzulesen. Das Buch ist, das kann man nicht anders sagen, sprachgewaltig - und gerade seit Oktober war ich einfach nicht in der Lage, wirklich konzentriert an einem Buch zu lesen, sondern permanent abgelenkt. Die Zeit im Krankenhaus konnte ich dann nutzen, um endlich mal das Buch über Seite 20 hinaus zu lesen und ich wurde nicht enttäuscht. Es ist eine sehr eigenwillige Geschichte, in der vor allem die Sprache sehr extrem auf den Leser wirkt. Man sieht förmlich die öden Landschaften vor sich, denen Klas entgehen will, man spürt die Verzweiflung am langsamen Wahnsinn seines Vaters in jeder einzelnen Zeile. Das hat es mir aber auch sehr schwer gemacht, wenn ich ehrlich sein soll, denn ich zumindest muss sehr konzentriert bei solch sprachgewaltigen Büchern lesen und verliere oft ein wenig die Lust, weiterzulesen, wenn die Geschichte nicht hochgradig spannend ist. Und genau das war es dann, was bei diesem Buch den Ausschlag gegeben hat, dass ich nicht völlig begeistert war - mir war es zu viel Erzählen und zu wenig Handlung, zu viel literarischer Hochgenuss, der eltztlich wenig Geschichte voranträgt, um am Ball zu bleiben und das Buch zu einem totalen Highlight meines Lesejahres werden zu lassen.

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Mit “Die Raben” von Tomas Bannerhed habe ich mich ein wenig länger und vor allem intensiver beschäftigt. Das Buch erschien mir wie ein abstraktes Gemälde, das man Stunde um Stunde betrachtet, nur um noch mehr Facetten, Interpretationsmöglichkeiten und Bedeutungen zu entdecken. So musste ich mich sozusagen erstmal mit der Bildsprache vertraut machen. Und es hat bis über die Mitte des Buches hinaus gedauert, bis ich sie verstanden hatte… Mit über 400 Seiten ist es ein recht viele Seiten starkes Buch. Und jede dieser Seiten erzählt eine komplexe Geschichte, verfügt über eine reiche Bilderwelt und vielschichtige Charaktere. Da muss man sich einfach intensiver mit auseinanderzusetzen. Die Geschichte wird aus der Sicht des zwölfjährigen Klas erzählt. Er lebt mit seinen Eltern und seinem jüngeren Bruder auf einem Bauernhof in Småland. Sein Vater schuftet schon sein ganzes Leben auf dem Hof, so wie sein Großvater vor ihm. Von seinem Sohn erwartet er, dass er ebenso mit anpackt. Doch Klas interessiert sich viel mehr für Vögel und streift alleine durch die Wälder. Verantwortung möchte er nicht übernehmen, er ängstigt sich regelrecht davor. Ebenso große Angst hat er von seinem Vater, der im Laufe der Geschichte immer verrückter wird. Tomas Bannerhed beschreibt dieses karge, harte Leben aus der Sicht des jungen Klas. Die Welt der Erwachsenen sieht der Leser also aus dem Blickwinkel eines Kindes, so dass diese teilweise überdimensional bedrohlich und unbegreiflich wirkt. Die Stimmung ist düster, schwül und stickig. Gleichzeitig erlaubt diese Perspektive aber auch feine Beobachtungen der Natur, wenn Klas in seine Vogelwelt versunken ist. Hier tut sich eine faszinierende Welt vor dem Leser auf, auch wenn man sich – wie ich – eher weniger für Vögel interessiert. Interessant ist insbesondere die Beziehung zwischen Klas und seinem Vater. Sie ist von Klas starker Abneigung gezeichnet, Arbeit auf dem Hof zu übernehmen – und wiederum der Wut des Vaters darüber. Klas Ängste sind stark und werden in Träumen und Fantasien ausgelebt, die sich immer wieder mit der Realität vermischen. Zwischen den beiden steht seit jeher die Mutter. Sie versucht zu vermitteln und allen gerecht zu werden. Für das sensible Miteinander der Familie hat Bannerhed die richtigen Worte gefunden. Jedes ist klug gesetzt und verfehlt seine Wirkung nicht. Überhaupt bin ich ziemlich begeistert von dem Sprachgebrauch. Die Kreativität, die Bilder, die wunderschönen Beschreibungen der Natur – das alles hielt mich auf den ersten 200 Seiten “bei der Stange”. Denn wie gesagt, der Anfang war schwierig und etwas träge. Doch wer weiter liest, wird mit ausgefeilten Beobachtungen und einer dann plötzlich äußerst spannenden Geschichte belohnt.

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Im dunklen, schwedischen Moor entspinnt sich eine bedrückende Vater-Sohn-Geschichte, die unweigerlich ein schreckliches Ende finden muss. Im Schweden der 70er Jahre kämpft eine Bauernfamilie um den Erhalt ihres Hofes. Der 14-jährige Protagonist Klas weiß eines ganz sicher: in die Fußstapfen seines Vaters will er nicht treten. Er will sich nicht auf den Feldern krummschuften und Tag für Tag für das Vieh leben. Was er lieber will, weiß er allerdings auch nicht. Als intelligent beschrieben, absolviert er die Schule nebenbei, denn seine eigentliche Leidenschaft gilt der Vogelbeobachtung. Name, Färbung, Gewohnheiten – kein Aspekt der einheimischen Vögel, den er nichts genauestens studierte. Hin und wieder kommt es zu Begegnungen mit Gleichaltrigen von anderen Höfen, an denen – gewaltverherrlichenden Waffennarren, Großstadtmädchen – das Leben im Moor auch nicht spurlos vorüber geht. Die Mutter der Familie unternimmt immer wieder hilflose Versuche, ein normales Familienleben in Gang zu bringen. Ihre Beklemmung, wenn der Vater über seine Visionen, meist „Die Raben“ spricht, ist dabei deutlich spürbar. Beim Leser verstärkt sich die Vorahnung, dass diese Geschichte vermutlich nicht gut ausgehen wird. „Die Raben“ ist ein eigenwilliger Roman, der ungewöhnliche Protagonisten und Orte wählt, um atmosphärisch dicht vom langsamen Fortschreiten einer Katastrophe zu erzählen. Hin und wieder, besonders bei der Beschreibung der winterlich glitzernden Landschaft, kann man die Schönheit des Moors erahnen. Viel häufiger aber sind die Visionen der schlammigen Tiefen, in die hinab gezogen zu werden die Protagonisten so sehr fürchten. Das Moor tritt als Protagonist auf, der einen Großteil der beklemmenden, bedrückenden Atmosphäre schafft, die den ganzen Roman durchzieht. Der Autor kommt ohne Schock-Effekte aus; es dauert auch etwa hundert Seiten, bis man als Leser gut in die Geschichte hinein gefunden hat, bis sich die Atmosphäre so sehr verdichtet hat, dass vermeintlich wenig spannende Naturbeschreibungen eine tiefere Bedeutung bekommen. Dann aber beginnen die Visionen von Raben, auch den Leser zu beunruhigen.

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