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Rezensionen zu
Zeit

Rüdiger Safranski

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Zeit der Langeweile Zeit des Anfangens Zeit der Sorge Vergesellschaftete Zeit Bewirtschaftete Zeit Lebenszeit und Weltzeit Weltraumzeit Eigenzeit Spiel mit der Zeit Erfüllte Zeit und Ewigkeit Safranski spricht die unterschiedlichsten Themen an, die mal mehr, mal weniger offensichtlich mit der Zeit und ihren Facetten zu tun haben. Darunter ist manches, über das man sich vielleicht selber schon Gedanken gemacht hat, aber auch vieles, für das man sich erst einmal frei machen muss von festgefahrenen Vorstellungen - von dem, was man bisher schlicht als so unumstößlich und unveränderlich angesehen hat, dass es das Nachdenken nicht zu lohnen schien. Zitat aus dem Kapitel 'Zeit der Langeweile': "In dem Maße, wie die Ereignisse ausdünnen, wird die Zeit auffällig. Es ist, als käme sie aus ihrem Versteck, denn für unsere gewöhnliche Wahrnehmung ist sie hinter den Ereignissen verborgen und wird nie so direkt und aufdringlich erlebt. Ein Riss also im Vorhang, und dahinter gähnt die Zeit." Der Autor lädt ein, um die Ecke zu denken, einen anderen Blickwinkel einzunehmen, den Gedanken über die Zeit ganz bewusst Zeit einzuräumen. Man sollte sich vom Klappentext aber nicht verleiten lassen, ein seicht-erbauliches Büchlein für den Kaffeetisch zu erwarten: es erfordert aktives Mitdenken, denn allzu einfach macht es einem dieses Werk nicht. Obwohl ich sonst eine rasche Leserin bin, habe ich ein paar Wochen dafür gebraucht; für mich ist es kein Buch, durch das man nebenher durchhetzen kann. Sätze wie den folgenden musste ich mehrfach lesen und in Gedanken in ihre Einzelteile zerpflücken, um wirklich zu verstehen, was sie aussagen: Zitat aus dem Kapitel 'Lebenszeit und Weltzeit': "Ähnlich hat Edmund Husserl das Erlebnis von Gegenwärtigkeit phänomenologisch als ein Zugleich von Protention und Retention analysiert: Nur deshalb fällt uns die Zeit nicht in Zeitpunkte auseinander und nur deshalb können wir sie als sukzessives Kontinuum erleben, weil im jeweiligen Moment das soeben Vergangene noch präsent ist (Retention) und man zugleich erwartend angezogen wird vom Künftigen (Protention)." Aber die Mühe lohnt sich meines Erachtens, denn Safranski nimmt einen mit auf eine sehr umfassende Reise, die das Thema "Zeit" in all ihren Aspekten abdeckt. In ruhigem Tonfall und anspruchsvoller, dennoch oft heiterer und unterhaltsamer Sprache teilt er seine Gedanken und Überlegungen mit, durchwebt sie aber stets mit Querverweisen, Zitaten und Quellenangaben. Er lässt sie alle zu Wort kommen: Dichter und Schriftsteller, Philosophen, Wissenschaftler, Psychologen - sprich, Denker und große Geister jeglicher Couleur, seien es nun Kafka, Heidegger, Einstein, Demokrit oder sogar literarische Figuren wie Hamlet. Gelegentlich fand ich die Häufung anderer Quellen ermüdend. Zwar sind sie hilfreich, wenn man sich zu einem Thema weitergehend informieren will, aber ich hatte manchmal den Eindruck, dass Safranksi eigene Worte unter dem Berg von Zitaten begraben wurden, dann hätte ich lieber mehr über seine ganz persönliche Meinung erfahren. Selten verliert er sich auch ein wenig in Allgemeinplätzen, die dem sonstigen Niveau nicht gerecht werden. Frank Arnold ist meines Erachtens eine gute Wahl für die Hörbuchumsetzung: seine Stimme klingt konzentriert und präzise, aber dennoch lebendig, mit einem sehr angenehmen Sprachrhythmus, dem man gut folgen kann, ohne dass es ermüdend wird oder man den Faden verliert. Das Hörbuch ist als Download sowohl in einer gekürzten wie einer ungekürzten Version erhältlich, als Audio-CD nur in der gekürzten, die die Essenz des Buches aber ebenfalls gut wiedergibt. Fazit: "Zeit" ist kein Selbsthilfebuch; es gibt keine praktischen Tipps zur Entschleunigung des Alltags oder Ähnliches. Es ist eine philosophische Rundreise durch das Wesen der Zeit und all ihre Aspekte (von der Langeweile bis zur Unfähigkeit, sich den eigenen Tod vorzustellen), und als Reiseführer fungieren nicht nur Safranski selber, sondern auch eine Vielzahl an großen Denkern, die er ausführlich und mit Quellenangaben zitiert. In meinen Augen ist es kein einfaches Buch, sondern eines, bei dem man sich anstrengen muss, um allen Gedankengängen zu folgen und sich seine eigenen Gedanken dazu zu machen. Ein gewisses Grundinteresse an Philosophie, Literatur und Wissenschaft sollte man mitbringen!

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zumindest keine für den Menschen spürbare – soviel war auch schon Aristoteles klar. Auch wenn heutige Menschen im Alltag immer wieder dem Irrtum erliegen, ihre Uhr diktiere die Zeit, bleibt Zeit ein kaum zu greifendes Phänomen. Rüdiger Safranksi hat sich in seinem aktuellen 2015 erschienenen Buch der Zeit gewidmet. Augenzwinkernd – und im Hinblick auf seine zahlreichen Philosophen- und Künstlerporträts – nennt er es eine “Biografie”, die er in 10 Kapitel teilt, zum Glück, denn sonst würde man vielleicht im ausufernden Wissen des Autors untergehen. Ich habe die Audiofassung des Buches gehört, Frank Arnold liest und liest und liest. Gut fünf Stunden brauchen er und ich, um durch die Abhandlung zu kommen. Und wem wir auf dieser Tour alles begegnen! Ein Who-is-who bekannter Denker und Dichter, von denen einige, wie Blaise Pascal warnend den Finger heben und uns vor unserer Zerstreuungssucht warnen, andere unsere Verantwortung gegenüber der eigenen Lebenszeit und der aller Generationen zu Bedenken gibt wie Kant. Die Romantiker zeigen sich fasziniert von der Langeweile, Heidegger analysiert das so lästige Phänomen, Freud warnt vor dem Verdrängen von Vergangenem, Safranksi vor der psychologischen Aufarbeitung desselben, Proust zelebriert dagegen die Erinnerung. Wir selbst stehen in der Strömung der Zeit, wir entwickeln und verändern uns in ihr und behaupten uns – wenn alles gut geht – als ein und dieselbe Person. “Let’s go through this thing called live” rief uns Prince im letzten Jahrtausend zu, und es stimmt: in uns nimmt die Zeit Gestalt an. Sie wird zu Leben. Mich hat im diesem Zusammenhang der Selbstbewahrung durch die erlebten Zeiten besonders der soziale Aspekt, nun ja, überrascht, denn nur durch die Annahme, dass ich dieselbe bleiben werde, lassen mich soziale Verbindlichkeiten, aber auch Verträge oder andere Verabredungen eingehen. Nachdem sich die ersten Kapitel mit der Langeweile (hier zeigt sich die Zeit am erbarmungslosesten) befassen, der Zeit des Anfangens (und mit ihr der Erschließung neuer Welten) und der Zeit der (Selbst-)Sorge, durch die ein Individuum die Spannung zwischen Vergangenem und Zukünftigen am eigenen Körper begreift, wechselt Safranksi im 4. Kapitel die Perspektive: Nicht mehr die eigene Wahrnehmung steht im Vordergrund, sondern die – wie er es nennt – vergesellschaftete – Zeit, die “bewirtschaftete” Zeit, die naturwissenschaftlichen Thesen zur Zeit oder auch die Literatur (und insbesondere der Roman) als großes, universales Zeitenspiel der zivilisierten Menschheit. Kritisch beschreibt er den “rasenden Stillstand” unserer globalisierten Welt, jedoch nicht, um sich auf Tipps für die persönliche Zeiteinteilung zu beschränken. Indem er das ganze Panorama des Zeitgeschehens aufzeigt, öffnet er unsere Empfänglichkeit für verschiedene Zeiterfahrungen. So vergessen wir in der Hektik des Alltags gerne, dass alles seine eigene Zeit hat. Und dass wir, wenn wir klug sind, den Dingen (oder auch uns selbst ) einmal Zeit lassen, selbst vor dem unbarmherzigen Diktum, dass Zeit Geld ist. Ewigkeit, und wer Musik hört, hat diese Erfahrung vielleicht selbst schon einmal gemacht, ist keine endlose Zeit, sondern etwas ganz anderes als Zeit: die Erfülltheit im Augenblick. Der politische – und für die nächste Zukunft sicher entscheidende – Aspekt der Zeit liegt genau in dieser aufgezeigten Ungleichzeitigkeit von Zeit. Denn wo die Finanzwelt in Sekundenschnelle agiert, muss die Demokratie im Prozess der Diskussion und des Einvernehmens zu Ergebnissen kommen. Synchronisationsprobleme entstehen da zwangsläufig, TTIP ist in dieser Hinsicht ein wichtiger Wegweiser: Wird sich die Politik aus den Fängen der Ökonomie befreien können und ihre Zeit zum Maßstab machen, und könnte sich daraus auch das Selbstverständnis eines Grundeinkommens ergeben, das der Eigenzeit eines jeden Individuums Rechnung trägt? Besonders gut gefallen mir seine Beobachtungen zur Literatur, insbesondere zum Roman, den er als “Platzhalter unser transzendentalen Bedürfnisse” und als einzig bislang funktionierende “Zeitmaschine” beschreibt. Zeit, so eine weitere, mich überraschende Erkenntnis, würden wir nicht wahrnehmen, wenn wir unsterblich wären. Denn dann ginge sie uns nichts an. Dass das Zyklusdenken freundlicher ist als die Vorstellung einer linearen Zeitschiene, habe ich selbst schon herausgefunden. Mit Safranksis Bestätigung will ich mich auch weiterhin am Kreis orientieren. Dass ich, obwohl Frank Arnold stets frisch und klug liest, gelegentlich eingeschlafen bin, möchte ich nicht verschweigen. Vielleicht sind es die vielen Zitaten, die manche Zeilen füllen, indem das eine aus dem anderen schlüpft, Metaphern bildet, knackige Bilder, um dann im fabulierungsfrohen Rauschen zu verschwinden. Vielleicht ist es manchmal einfach ein bisschen viel – kürzere Kapitel mit anderer Diktion hätten vielleicht das Lesen bzw. Hören in verschiedene Rhythmen versetzt und damit selbst aus, in oder neben die Zeit gehoben. Aber das sind Kleinigkeiten, denn am Ende lässt sich ein Buch in Abschnitten lesen und ein Hörbuch wieder und wieder in den CD-Player einlegen. Leben und Lesen im Kreis. Das wusste schließlich auch schon Proust. Rüdiger Safranski: Zeit. Was sie mit uns macht und was wir aus ihr machen. Gelesen von Frank Arnold. Random House Audio 2015.

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