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Rezensionen zu
Echopraxia

Peter Watts

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[Eher 2,5 als reine 3, und Vorwarnung: Es wird ein langer Text.] Zunächst einmal: Ich brauchte extrem lange, um in dieses Buch "hineinzukommen". Das könnte daran liegen, dass ich schon lange keine und auch allgemein eher wenig Hard-Science Fiction las, sondern eher solche, die sich mit der Gesellschaft und den Folgen für den Menschen beschäftigt. Die Prämisse in "Echopraxia", Wissenschaft und Glaube würden sich durchmischen, Menschen durch religiöse Ekstase wissenschaftliche Erkenntnisse erlangen, fand ich einerseits dezent absurd, dann aber auch so interessant, dass ich auf dieses Buch wirklich gespannt war. Nicht nur wegen des Techno- und Biobabbels und der verstreuten, unerklärt bleibenden Andeutungen in diese fremde Welt, war es mir eine ganze Weile unklar, wer auf welcher Seite ist bzw. was überhaupt die Seiten sind und wofür sie kämpfen. Das war teilweise sicherlich Absicht des Autor, um die Verwirrung des Protagonisten Daniel Brüks wiederzugeben – aber irgendetwas muss man dem Leser geben, damit er sich nicht 500 Seiten lang uninvolviert und uninformiert fühlt. Brüks wiederum taumelt recht fremdbestimmt durch die Reihen, wobei seine herausragendste Charaktereigenschaft zu sein scheint, gerne zu fluchen. Bis zum Ende wurde er für mich nicht lebendig oder wenigstens interessant. Von seiner bewussten Entscheidung gegen Implantate/Genveränderung/etc. hatte ich mir anfangs viel versprochen. Ich rechnete mit Wettbewerbsnachteil, vielleicht auch sozialer Ausgrenzung und Mobbing. Letztlich spielt das allerdings kaum eine Rolle. "Schabe" genannt zu werden, ist das Schlimmste, was ihm dadurch passiert. Zumal er den Konflikt, in den er zufällig gerät, weder wirklich versteht, noch sich stark darum kümmert. Er steht gefühlt immer drei Meter hinter den anderen und lässt sich herumdirigieren. Uns überlegene, aber nie ganz erklärte Vampire, Zombies [etwas besser erklärt] und Sätze, die mit einem neckenden "Schnittchen" oder noch schlimmer "Professorchen" abgeschlossen werden, machen das Ganze ehrlich gesagt nicht besser. Und obwohl ich gerne mehr Antworten bekommen hätte, kam mir unser nicht-genveränderter, hinter den anderen herhinkender "Simplex"-Protagonist zunehmend nur noch wie ein plot device vor, der dem Leser zu besserem Verständnis helfen sollte: Es ist eigentlich immer der Dumme, der nachfragen muss, der zu den anderen hinzustößt und dem [wie uns] erklärt werden muss, was Sache ist, wo sie sich gerade befinden, wer eigentlich angreift und wo's hingeht, da die anderen ihm alle voraus sind. Ohne seine vermittelnden "Äh… Was bedeutet das?" kämen wir vermutlich auch nicht mit, da sich die Post- und Transhumanen auf einer ganz anderen Ebene befinden. Ich bin selbst kein Autor und weiß nicht, wie ich es gemacht hätte, aber es hätte von hoher Erzählkunst gezeugt, nicht alles durch plumpes Nachfragen, das die "Überlegenen" genervt beantworten, zu vermitteln. Auf Seite 200 war mir die Welt leider immer noch nicht wirklich näher gekommen. Ich erfuhr über dieses Universum vermutlich mehr durch den Klappentext als durch die eigentliche Geschichte. Wer greift an? Wie konnten die das vorher wissen? Warum fliegen sie dahin? Wie funktioniert das Schwarmbewusstsein? - Die Anfangsbefürchtung ["Bin ich nicht intelligent genug, um dieses Buch zu verstehen?"] wandelte sich dann recht schnell zu "Man kann es auch nicht verstehen, wenn es nicht ordentlich erklärt wird", gerade die Erkenntnisse-durch-Ekstase-Geschichte. Erst online las ich davon, dass Watts erster Roman "Blindflug", der im selben Universum spielt, von vielen als notwendig beschrieben wird, um "Echopraxia" zu verstehen, obwohl das auf dem deutschen Buch nirgends so beworben wird. Wenn es als Einzelroman funktionieren soll, muss es anders aufgebaut sein. Erst im Nachwort mit Fußnoten zu wissenschaftlichen Artikeln, werden einige Vorgänge des Romans endlich erklärt – nur leider nicht im Roman. Während des Lesens bleibt man über die meisten Vorgänge im Dunkeln. Etwa ab zwei Dritteln des Buches wurde mir die Welt etwas plastischer, die kurzen Andeutungen über die Zustände auf der Erde [die mich mehr interessierten als diese angebliche "Pilgerreise"] etwas ausgebauter, wenn auch keiner der Charaktere großes Interesse weckte. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dem Buch fehlt es an Rhythmus, an guter Erzählkunst – die Ideen dahinter sind gut [Schwarmintelligenz, Bewusstsein, Wissenschaft, die so fortschrittlich ist, das sie uns wie Magie vorkommt, Intelligenzsteigerung durch tumorartigen Wachstum im Gehirn, Relativismus, Gott als Virus], weswegen meine Bewertung doch noch so hoch ist; die Ausführung war aber nicht meins. Um zum Nachdenken über Genmanipulation und dergleichen anzuregen, ist es wiederum zu gehetzt; wir sind immer auf der Flucht, im Kampf, am Arbeiten. Die Szenen reihen sich ohne große Verbindung einfach aneinander und ich bin froh, online von einer Menge Menschen gelesen zu haben, die auch recht verwirrt waren, nicht erkannten, was eigentlich das Ziel ist und wie die Protagonisten überhaupt auf dieses Ziel kamen, etc. Es ist "gute science", aber "weniger gute fiction", meiner Meinung nach.

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