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Rezensionen zu
Die gezähmte Depression

Holger Reiners

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Von: Dietrich Marquardt aus Frankfurt

24.09.2007

Der Autor des vorliegenden Buches litt etwa 18 Jahre unter starken Depressionen und ist bei Erscheinen des Buches seit etwa 15 Jahren von diesem Leiden geheilt (den Weg schildert er in seinem Buch "Das heimatlose Ich"). Im vorliegenden (Fortsetzungs-)Buch geht es ihm darum aufzuzeigen, wie eine überwundene schwere Depression weiterhin präsent ist und was getan werden kann und muss, um einen Rückfall zu verhindern. Er schildert dabei (über weite Strecken recht allgemein), was aus seiner Sicht und Erfahrung dabei vorrangig ist. Die wenigen konkreten Beispiele sind besonders eindrucksvoll und geben den allgemein formierten Einsichten erst einen greifbaren Ausdruck. Das Erleben einer akuten Depression entzieht sich nahezu der Beschreibung, denn der Betroffene ist im Ernstfall kaum in der Lage zu schreiben, zu beschreiben und selbst das Sprechen fällt ihm schwer. Selbst nach Genesung ist die Schilderung auf Vergleiche angewiesen. Depression wird von Reiners als ein Zustand innerer Lähmung, Lähmung des Willens und des Selbstbewusstseins, auch der Selbstachtung, ja des Ego überhaupt, geschildert. Wie Reiners (hier in der Rückschau) das Erleben einer Depression in Worte fasst, ist eindrucksvoll. Für Reiners kann Depression zwar überwunden werden, sie wird aber in gewisser Weise eben nur "gezähmt" und lauert als "Krake mit ihren Tentakeln" weiterhin auf eine Schwäche des Ego. Reiners bemüht zur Veranschaulichung diese Vergleiche. Doch erst recht die Analogien aus der Medizin wie Depression als "Krebs der Seele" sind mit großer Vorsicht zu betrachten, können sie doch als starke Bilder verwirren und zusätzliche Ängste heraufbeschwören. Wollte man auf medizinische Vergleiche hinaus, wäre bei einer überwundenen Depression eher an eine ebenfalls überwundene, nicht wirklich harmlose Windpocken-Infektion zu denken, bei der die Erreger lebenslang im Körper bleiben und bei entsprechender Schwächung der Immunabwehr zu schweren Neuerkrankungen wie Gürtelrosen führen können. Mir scheint aber jedes Bemühen von Analogien als ein Ausweichen vor den Schwierigkeiten des adäquaten sprachlichen Ausdrucks von depressivem Erleben. Dieser Schwierigkeit stellt sich Reiners aber ganz überwiegend und das mit beachtlichem Erfolg. Der sachliche, relative abstrakte Ausdruck ist einem Sachbuch angemessen. Literarische Bemühungen zur Schilderung, die vielleicht an anderer Stelle unternommen werden, sind gleichfalls erforderlich und gleichwertig. Reiners legt dar, wie leicht nach seinen Beobachtungen eine Schwächung der seelischen Abwehr gegen Depression zu einem Abgleiten in erneute depressive Verstimmungen führen kann. Im großen Puzzle der Literatur über Depression und bei dem immer neuen Versuch die Depression überhaupt adäquat zu schildern ist dieses Buch ein wichtiges, aber auch sehr spezifisches Teilchen. Die Einschätzungen des Autors sind ernst zu nehmen, aber gleichwohl auch zu diskutieren und dürfen nicht absolut gesetzt werden.

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