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Rezension zu
Vielleicht wird morgen alles besser

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Die barfüßigen Seelen

Von: Erika Mager
11.09.2018

Anime Scalze — aus dem Italienischen von Christiane Burkhardt “Ich weiß noch genau, wie ich an dem Morgen, als ich auf dem Parkplatz des Einkaufszentrums aus dem Lieferwagen stieg und das Gewehr vom Rücksitz nahm, flüchtig zum Wald hinüberschaute und die Sonne wie einen blauen Fleck über der Landschaft aufgehen sah. Es war Oktober, und ich war fünfzehn. Luca schaute in dieselbe Richtung und sagte: »ich bin müde.«” (S.7) “Vielleicht wird morgen alles besser” ist ein ganz besonderes “Coming-of-Age”-Buch; ich bin mir nicht sicher, ob ich es nicht eher im Jugendbuchbereich einordnen würde. Haben wir in Ammanitis “Anna” (Meine Besprechung dazu) eine düstere Zukunftsvision ganz ohne Erwachsene, finden wir hier bei Fabio Geda Kinder, die in einer Welt voller Erwachsener ohne Halt und Führung ganz allein den Sinn des Lebens finden wollen und müssen.  Der italienische Titel “Anime scalze” – “Barfüßige Seelen” hilft mir bei der Beurteilung des Buchs weiter. Geda beschreibt minutiös wie Kinder und Jugendliche, die sich die Welt selbst erklären müssen, denken und handeln.  Nach dem einleitenden sehr kurzen Kapitel aus dem der obige erste Satz zitiert ist, glaubt man in eine brutale Geschichte hineingeraten zu sein, in der skrupelose Jugendliche mit Waffen Amok laufen.  Aber gleich im zweiten Kapitel wird die Perspektive verschoben und wir schauen mit Ercole, dem Ich-Erzähler, zurück. Es sind mittlerweile vier Jahre vergangen und wir gehen mit den Erinnerungen Ercoles bis ganz an den Anfang der Geschichte zurück. “Zunächst einmal bin ich geboren worden.” (S.9)  Zum Inhalt Der schmächtige Ercole, dessen Name ihm einige Nummern zu groß zu sein scheint, verliert innerhalb einer Woche beide Großeltern und seine Mutter. da war er gerade sechs Jahre alt. Ihm bleiben sein Vater und seine fünf Jahre ältere Schwester Asia. Seine größte Angst sind die Monster, von denen er glaubt, sie steckten in den Wänden. “Wandmonster lutschen einen aus wie ein Bonbon. Sie lutschen einen so lange aus, bis man tot ist.” (S. 16)  Die kleine Familie lebt in äußerst prekären Verhältnissen, vor allem weil der Vater ein ziemlicher Nichtsnutz ist, zwielichtige Geschäfte betreibt und am liebsten “das Leben genießt”. Ercole und Asia halten zusammen und vor allem nach außen das Bild eines intakten Familienlebens aufrecht, damit das Jugendamt nicht misstrauisch wird.  Das geht eine erstaunlich lange Zeit gut, bis der Tag kommt, an dem Asia beschließt, sich von der kleinen Familie zu lösen. Sie hat mittlerweile Arbeit und einen Freund, mit dem sie zusammenleben möchte. Ercole ist vierzehn und in allem noch sehr unerfahren – vor allem in Liebesdingen. Eines Tages trifft er auf Viola, ein Mädchen aus besserem Hause. Es entwickelt sich eine rührende Romanze, die fast in die Brüche geht als Ercole nicht glauben kann, dass Viola ausgerechnet ihn liebt, wo er doch aus einem ganz anderen Milieu kommt. Zuhause läuft es immer schlechter. Ercoles Vater muss fliegt bei einem seiner krummen Geschäfte aus, Ercole schlägt vor Eifersucht Violas Bruder zusammen, den er für einen Freund hielt. Asia erzählt Ercole, dass seine Mutter immer mal wieder Postkarten geschickt hatte. Das bringt ihn auf die Idee nach ihr zu suchen. Und hier endet nun die Vorgeschichte und das eigentliche Road-Movie beginnt, bei dem Ercole auf seine Mutter und seinen Halbbruder Luca trifft. “Die Rolle des großen Bruders brachte eine ganz neue Verantwortung mit sich, und das war aufregend. Luca stellte mir jede menge Fragen, auf die ich keine Antwort hatte, und da fiel mir ein, dass wir alle in Bezug auf irgendjemanden erwachsen sind, …” (S.172) Und so klingt es im Original: “Nell’essere un fratello maggiore c’era una responsabilità nuova; era elettrizzante. Luca faceva un sacco di domande cui non sapevo rispondere, e mi è venuto da pensare che siamo tutti adulti rispetto a qualcun altro…” Ein Dank geht damit an die gute Übersetzung von Christiane Burkhardt. Mein ganz persönlicher Eindruck Abenteuerlich und wunderschön erzählt ist die Suche Ercoles nach seiner Mutter, logisch die Gedankengänge eines noch nicht mit allen Wassern gewaschenen Jugendlichen. Wie Naivität langsam in Erkennen und Erwachsenwerden übergehen, kann man in Gedas Roman wunderbar nachvollziehen.  Am Ende ist Ercole doch noch in seinen großen Namen hineingewachsen und kommt zu der Erkenntnis, … “… dass die Erwachsenen manchmal verwirrt sind. Wir bilden uns ein, dass sie immer wissen, was das Beste ist, aber das stimmt nicht. Manchmal muss man ihnen einen gehörigen Stoß versetzen…” (S.256) ———————————–

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