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Rezension zu
Carl Tohrberg

Carl Tohrberg - F. von Schirach

Von: Melanie
29.04.2018

In einem kleinen rund 60-seitigen Büchlein erschienen bereits 2012 die drei Kurzgeschichten Der Bäcker, Seybold und Carl Tohrberg und spätestens jetzt, nachdem im März der Erzählband Strafe erschienen ist, ist der Name des Autors, der eigentlich von Beruf Strafverteidiger ist, beinahe jedem ein Begriff und zumindest von ihm gehört oder gelesen hat man. Gelesen hatte ich bisher noch kein Werk von Ferdinand von Schirach – und jetzt, so im Nachhinein, denke ich mir, ich hätte es wohl schon viel eher tun sollen. (-Denn bereits als ich mit der letzten Seite durch war, hatte ich mir sofort Verbrechen (2009) und Schuld (2010), die ersten beiden Teile seiner Gerichts-Triologie, bestellt.) FullSizeRender Relativ distanziert und trocken wirkt es, wie der Autor in seinen „Drei Stories“ die Schicksale dreier Menschen beschreibt und wie das Leben, die aufgebaute Existenz scheinbar in einem Moment, in einem kurzen Augenblick, unaufhaltsam beginnt, in sich zusammenzufallen: Der Bäcker, einst ein begnadeter Konditor, wurde vor Jahren von seiner Frau betrogen, verliebt sich nun erneut und bäckt die bestmögliche Torte für die Frau seines Herzens. Und dann, ganz plötzlich, in einem Satz, wird deutlich, dass der Autor zuvor ein wesentliches Detail ausgespart hatte, das er erst auf der letzten Seite der Erzählung offenlegt und der gesamten Geschichte einen ganz anderen Unterton verleiht. Oder Herr Seybold: ein Richter, der ein monoton geordnetes Leben führt und der auch mit 65 Jahren nicht aufhören kann, trotz altersbedingter Pensionierung das Gerichtsgebäude aufzusuchen und Akten durchzusehen. Denn so hatte er bisher sein gesamtes Leben verbracht, jeden einzelnen Tag. Und wieder ist es eine kleine Begebenheit, die das Leben des Richters um 180 Grad drehen sollte, wieder kommt erst gegen Ende eine Wahrheit ans Licht, die den Richter in ein vollkommen anderes Licht rücken sollte. Und schließlich Carl Tohrberg, ein Jugendfreund des Erzählers, der früher, als die beiden noch jünger waren, Maler werden wollte. Er war begabt, durchaus, doch seine Mutter hatte für dieses „Glump“ nichts übrig und so schlug er eine Karriere bei einer Versicherungsanstalt ein, heiratet und adoptiert ein Kind. Es sind auch hier die kleinen Details, die bereits auf das Ende hinweisen, die jedoch erst am Ende der Geschichte als ebensolche wahrgenommen werden, denn wieder betrachtet man erst durch den Ausgang der Geschichte das Gelesene unter einem völlig anderem Blickwinkel. Es sind der ungewöhnlich unkonventionelle Stil des Autors, diese nüchtern wirkende kühle Sprache und jener geschickt durchdachte Aufbau, die diese Kurzgeschichten so besonders machen. Obgleich ich mich zu Beginn fragte, was denn nun auch so besonders sein sollte an jenem Bäcker, dessen Leben oberflächlich und aus emotionsloser Distanz umrissen wird, war ich am Ende der Erzählung regelrecht überrumpelt von der außergewöhnlichen Wendung, die ebendiese schließlich noch nahm – im positiven Sinne, versteht sich. Fazit: Schade, dass ich diesen so grandiosen Autor nicht schon früher für mich entdeckt hatte – umso mehr freue ich mich nun jedoch, bald noch mehr von ihm zu lesen!

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