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Rezension zu
Das Haus der verschwundenen Kinder

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Schaurig und skurril - der perfekte Lesestoff für kleine Albträume!

Von: Leselurch
02.03.2015

Worum geht's? Victoria, Schulbeste und Vorzeigetochter, fühlt sich in ihrer Heimatstadt Belleville pudelwohl. Dort ist alles so perfekt und geregelt, wie sie es mag. Nur ihr Freund Lawrence passt nicht in Victorias tadelloses Leben. Lawrence liebt Musik (so eine Zeitverschwendung!) und träumt gerne vor sich her (so ein Unsinn!), doch Victoria hat es sich selbst zur Aufgabe gemacht, aus ihm einen gesellschaftstauglichen jungen Mann zu machen. Als Lawrence eines Tages verschwindet und nicht einmal seine Eltern ihn zu vermissen scheinen, wird Victoria stutzig. Plötzlich wird ihr bewusst, dass alle Kinder Bellevilles, die nicht eifrig und wohlerzogen sind, in Mrs Cavendishs Heim gebracht werden. Wer von dort zurückkehrt, ist eine Verkörperung von Artigkeit. Aber die meisten Kinder kehren niemals zurück. Victoria ist sich sicher: In dem abgelegenen Haus geht es nicht mit rechten Dingen zu. Sie begibt sich auf die Suche nach Hinweisen und ist felsenfest davon überzeugt, Lawrence zurückzuholen – ohne zu ahnen, welch schauriger Wahrheit sie damit immer näher kommt... Meine Meinung: Mit ihrem Debüt „Das Haus der verschwundenen Kinder“ hat mich Claire Legrand auf den ersten Blick neugierig gemacht. Das bezaubernde Cover und der geheimnisvolle Klappentext haben mich sofort davon überzeugt, mich ohne weitere Umwege in das beschauliche Städtchen Belleville begeben zu müssen, in dem alles und jeder perfekt zu sein scheint. Denn wer nicht perfekt und regelkonform ist, so wie Lawrence, verschwindet auf seltsame Weise und niemand scheint sich darum zu sorgen. Gemeinsam mit Protagonistin Victoria, einer wissbegierigen und strebsamen Vorzeigetochter, die der Sache als einzige auf den Grund gehen will, stürzt man sich in ein schauriges Abenteuer voller düsterer Geheimnisse. Die Geschichte hat mich ab der ersten Seite gepackt. Ich war sofort verliebt in den Stil, das Setting und die tollen Illustrationen, die der Handlung tatkräftig zur Seite stehen und die mysteriöse Stimmung unterstützen. Leider hielt meine anfängliche Begeisterung in ihrer Stärke nicht so lange an, wie ich es mir vorgestellt hatte. Kaum ist Lawrence verschwunden und der Plot um die rätselhafte Suche nach Victorias Freund in Gang gesetzt, hält sich die Geschichte viel zu lange an Vermutungen, Theorien und geschmiedeten Plänen auf. Bis Victoria ihren Überlegungen endlich Taten folgen lässt, dauerte es für mich – angespannt und neugierig, wie ich war – viel zu lange. Doch das Durchhalten hat sich voll und ganz gelohnt: Übersteht man die langatmige Planungsphase Victorias, wird es einem mit Spannung pur gedankt! Victoria ist eine Protagonistin, die es einem zu Beginn nicht einfach macht. Denn im Grunde ist Victoria ein Charakter, der einem in jedem anderen Buch bis zur letzten Seite unsympathisch bleiben würde: Sie ist die Beste ihrer Schule und trägt diesen Fakt hochnäsig wie keine zweite durch ihr Städtchen. Sie ist penibel und kleinlich und duldet nichts, was gegen die Regeln verstößt. Und als wäre das noch nicht nervig genug, ist sie auch noch furchtbar stolz darauf, den zurückhaltenden Lawrence zu ihrem „ganz persönlichen Projekt“ gemacht zu haben, um ihn zu einem gesellschaftstauglichen jungen Mann umzuerziehen. So viel Überheblichkeit, Selbstverliebtheit und Arroganz, wie Victoria sie verströmt, ist für einen Protagonisten eigentlich ein absolutes No-Go! Trotzdem hat es Victoria nach dem unglücklichen Start in Windeseile geschafft, mich für sich zu gewinnen. Ja, Victoria ist stets sehr von sich überzeugt und bleibt bis zur letzten Seite eine Besserwisserin, aber zugleich ist sie auch eine sehr starke und mutige Persönlichkeit. Victoria lässt sich von nichts und niemandem unterkriegen, beweist jede Menge Willenskraft und Tapferkeit und zeigt im Laufe der Geschichte auch mehrmals, dass sie in Wahrheit ein großes Herz besitzt. Im Gegensatz zu den meisten anderen Kinderbuch-Protagonisten, die erst lernen müssen, sich selbst und ihre Stärken zu schätzen, weiß Victoria von Anfang an sehr gut, wo ihre Stärken liegen. Sie dagegen lernt mit der Zeit, sich nicht nur durch ihre Leistungen zu definieren, und sich nicht nur auf ihr kluges Köpfchen, sondern auch auf ihr Herz zu besinnen. Je weiter die Geschichte voranschreitet, desto skurriler und schauriger werden die Geschehnisse und Wahrheiten, die Victoria aufdeckt. Dass es in Mrs Cavendishs Waisenhaus nicht mit rechten Dingen zugeht, ist einem als Leser schon bewusst, bevor man das Buch überhaupt aufschlägt! Doch selbst die ersten schaurigen Vermutungen und Eindrücke, die man während des Lesens erhält, kommen nicht an das heran, was sich im Inneren des Hauses wirklich abspielt. Claire Legrand hat sich für ihren Roman ganz bizarre und groteske Sachen und Wesen erdacht, die mir mehr als nur ein paar Male eine eiskalte Gänsehaut beschert haben. Die Autorin konnte mich mit den grausigen Ideen absolut überzeugen. Dennoch kann ich keine uneingeschränkte Leseempfehlung aussprechen: In „Das Haus der verschwundenen Kinder“ steckt jede Menge Stoff für gruselige Albträume! Zarte Gemüter sollten es sich lieber zweimal überlegen, ob sie sich dem Horror wirklich aussetzen wollen. Im kompletten Gegensatz zu den schaurigen Ereignissen steht der Schreibstil der Autorin. Claire Legrand schreibt so leicht und märchenhaft, dass sich „Das Haus der verschwundenen Kinder“ tatsächlich wie ein modernes Märchen liest. Sie zaubert Bilder in den eigenen Kopf, die einen mitten in die Geschichte zwischen den Buchdeckeln versetzen, und zieht so stark in ihren Bann, dass man gar nicht mehr mit dem Lesen aufhören mag. Beinahe scheint es, als hätte Mrs Cavendish einen über die Seiten hinaus in ihre Fänge gezogen, aus denen es ohne Victorias Hilfe kein Entrinnen mehr gibt. Bis zur letzten Seite erweist sich die Geschichte als atmosphärischer Pageturner, den man nach einem gelungenen Epilog nicht ohne gruselige Hintergedanken zurück in sein Regal stellt. Fazit: „Das Haus der verschwundenen Kinder“ von Claire Legrand ist ein Debüt, das mich absolut überrascht hat – im schaurig-schönen Sinne! Die Geschichte der eifrigen Victoria, die sich auf die Suche nach ihrem verschwundenen Freund (oder eher „Projekt“) macht, steckt voller düsterer Geheimnisse, die mir so manchen eiskalten Schauer über den Rücken gejagt haben. Die Protagonistin macht es einem mit ihrer speziellen, arroganten Art zunächst nicht einfach und auch die Geschichte flaut nach einem aufregenden Start erst einmal wieder ab, doch das Durchhalten lohnt sich: Ab der zweiten Hälfte wird es grausig, erschütternd und spannend! Die gruseligen Elemente der Autorin haben mich so sehr in ihren Bann gezogen, dass ich all die vorangegangenen langatmigen Kapitel beinahe völlig verdrängt hätte. Seltsam, skurril, schockierend – für mich ein genialer Lesespaß! Aber Achtung: Diese Geschichte ist nichts für schwache Nerven! Für „Das Haus der verschwundenen Kinder“ vergebe ich 4 Lurche.

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