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Rezension zu
Die Launenhaftigkeit der Liebe

Eine charmante Ode an die Kunst & ein genial überspitzter Blick auf die Kuriositäten der Kunstwelt

Von: artWORDising Diana Wieser
05.03.2018

Der Scheich und die Sheikha von Alwabbi haben ein riesiges Luxusmuseum erbaut, ohne ein einziges Kunstwerk darin. Die russischen Zinn- und Kaliummagnaten Wladimir Antipowski und Dimitri Woldakow befinden sich in einem Wettstreit. Mrs. Appledore, eine achtzigjährige Grande Dame der Park Avenue, plant einen letzten Coup. Die französische Regierung will es zurück, doch die britische Regierung will es nicht hergeben. Sie alle finden in London zusammen, um sich bei einer Auktion „Die Launenhaftigkeit der Liebe“ zu sichern. Dieses lange verschollene Gemälde hat die Köchin Annie McDee in einem Trödelladen gefunden – nichts ahnend, dass sie damit in das Abenteuer ihres Lebens gerät. Hannah Rothschild ist ein amüsantes, spannendes Stück Literatur über die Kunst gelungen. Kein Wunder, entstammt sie doch der berühmten jüdischen Bankiersfamilie Rothschild, die auch durch ihre Kunstsammlungen zu Ruhm und Reichtum gelangte. Bei der Leinwand des Begehrens handelt es sich um ein fiktives Werk des französischen Künstlers Antoine Watteau, der zu Beginn des 18. Jahrhunderts den Rokoko-Stil in der Malerei geprägt hat. Das Gemälde, vom Glück und Pein der Liebe handelnd, hatte etliche berühmte Vorbesitzer – Madame de Pompadour, Katharina die Große, Königin Victoria… bis es im Zweiten Weltkrieg verloren ging und letztlich in einem kleinen Londoner Trödelladen gelandet ist. Von dort wandert „Die Launenhaftigkeit der Liebe“ in die Hände der Köchin Annie, die es ihrem neuen Lover schenken will, von dem sie allerdings abserviert wird. Angetrieben durch ihre alkoholkranke Mutter und dem charmanten Künstler Jesse, lässt sie das Gemälde untersuchen und schätzen. Bald drängt sich der Verdacht auf, dass es keine Kopie ist, sondern ein wertvolles Original. Gleichzeitig häufen sich in Annies Umfeld mysteriöse Vorfälle. Der Trödelladen brennt ab, sein Besitzer wird ermordet, Annies Wohnung observiert. Steckt etwa ihre neue Arbeitgeberin, die vermögende Kunsthändlerin Rebecca Winkleman-Spinetti dahinter? Deren Vater, ein Holocaust-Überlebender mit riesigem Kunstimperium, scheint ein besonderes Interesse an dem Bild zu hegen. Aber warum? In ihrem literarischen Debüt schöpft die Autorin aus Episoden ihrer eigenen Familiengeschichte. Die Enteignung durch das NS-Regime ist auch den Rothschilds widerfahren. Noch heute gelten zahlreiche Gemälde als verschollen. Hannah Rothschild, die als erste Frau im Vorstand der National Gallery in London sitzt, glänzt in ihrem Roman mit Geschichts- und Kulturwissen und schafft es, schrullige Figuren wie den homosexuellen Society-Guru Barty zu erschaffen. Die Kunstwelt ist eine Welt für sich, Extravaganz und Eitelkeiten reichen sich die Hand. Daneben beherrscht die Autorin auch die Kunst des Plottens hervorragend: Überraschende Wendungen und eine zart anbahnende Romanze runden die Geschichte stimmungsvoll ab. Stilistisch überrascht Hannah Rothschild mit einer liebenswerten Pointe: Der Sympathieträger des Romans ist das Gemälde an sich! Dieses tritt als Erzählstimme auf, um uns Leser daran zu erinnern, wer hier der eigentliche Star ist. „Die Leichtigkeit der Liebe“ plaudert aus dem Nähkästchen, gibt Anekdoten aus den Boudoirs französischer Edelmätressen wieder und kommentiert das heutige Geschehen mit einer Mischung aus Witz, Hochmut und Menschenkenntnis. Last but not least: Die Autorin hinterfragt die Stellung der Kunst in der Gegenwart. Ist sie unrettbar kommerzialisiert? Geht der wahre Wert eines Gemäldes verloren, wenn es nur zum Zwecke des Prestiges, der Zurschaustellung gekauft wird – ohne seine emotionale Botschaft zu verinnerlichen? Was bestimmt überhaupt den Wert eines Bildes? Die Expertin bringt es verblüffend genau auf den Punkt: „Der Preis eines Kunstwerks richtet sich nach dem Begehren, das es weckt.“ Begehrlichkeiten weckt auch ihr Roman – in erster Linie nach weiterem Lesestoff dieser Art. Unterhaltung, Humor, Spannung und Tiefgang verschmelzen wie federleicht platzierte Pinselstriche harmonisch miteinander. Nicht nur für Kunstliebhaber ein absolutes Muss!

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