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Rezension zu
Das Kosmotop

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Wenn einem Friedensstifter der Kragen platzt ...

Von: Barbara Wenzler
04.11.2014

Inhalt In der Zukunft haben sich 29 hochentwickelte unterschiedliche Zivilisationen zu einem gemeinsamen Bund, der Kompetenz, zusammengeschlossen und versuchen den Frieden in der Galaxis durch den Einsatz von sogenannten Pazifikatoren auf diplomatische Weise aufrecht zu erhalten. Unterstützung finden sie durch die einst von den Menschen erschaffenen Maschinenintelligenzen, Koryphäen genannt, die besonderes Wissen und die neueste Technik besitzen, allerdings nicht alle dem organischen Leben wohlgensonnen gegenüberstehen. Die Menschen selbst spielen zahlenmäßig nur noch eine kleine Rolle und existieren nur noch durch regelmäßige Bewusstseinsübertragungen auf neue Klone und leben in abgeschotteten Residenzen. Gefahr droht ihnen durch das Volk der Incera, die einst von den Menschen in einem großen Krieg besiegt wurden und seitdem auf Rache aus sind. Mit diesen zusammengeschlossen hat sich das Volk der Mahé, die sich von der Kompetenz abgespalten haben und eigene Ziele verfolgen. Eines Tages erscheint ein gewaltiges Weltenschiff, das aus riesigen Habitaten und Raumstationen besteht und Proben von allen Zivilisationen der Milchstraße sammelt. Dabei hinterlässt es eine Spur der Verwüstung und weckt gleichzeitig Begehrlichkeiten bei den Völkern der Galaxie. Einer der Pazifikatoren der Kompetenz ist Corwain, er ist ein Mensch und bereits sein 18. Klon. Er wird zur Konfliktbekämpfung auf einen Planeten geschickt und gerät dort in eine Intrige, die seine bisherigen Wertvorstellungen und damit sein ganzes Leben auf den Kopf stellt. Um seine Unschuld zu beweisen und die Bedrohung für die ganze Galaxis abzuwenden, muss er neue Wege gehen – und einer führt genau ins Kosmotop ... Meine Meinung Andreas Brandhorst hat wieder eine spannende und komplexe Geschichte erschaffen, die, wie auch seine anderen Bücher, nicht einfach so nebenher gelesen werden sollte. Es empfiehlt sich auch hier, langsam zu lesen, um die vielen Details, Gedanken und Gespräche aufzunehmen und auf sich wirken zu lassen. Nach und nach hat sich so bei mir alles erschlossen und am Ende führten alle Fäden zusammen. Ich bin immer wieder fasziniert von den Welten, die der Autor schafft und den Bildern und Filmen, die bei den Beschreibungen in meinem Kopf entstehen, so z. B. hier der spektakuläre Raub einer ganzen Stadt. Das sind Bilder, die mir immer noch lange nachhängen und dazu Entfernungen und Geschwindigkeiten, die ich kaum noch greifen kann. Hier in der Geschichte beeindruckt natürlich ganz besonders das Kosmotop, ein riesiges System aus Habitaten, Raumstationen und vielem mehr, das von einer Energiebarriere umschlossen wird und bis zum Ende eine mysteriöse Erscheinung bleibt, von der man nicht weiß, ob sie gute oder böse Absichten hat. Aber Gut und Böse, Richtig und Falsch sowie Wahrheit und Lüge sind in den Büchern des Autors sowieso nie eindeutig definiert, sondern es gibt viele Graustufen. Die Vielschichtigkeit der Figuren gefällt mir sehr gut und bietet viel Raum für Spekulationen. Ich habe bis zum Ende eigentlich keiner Seite wirklich getraut, nur dem Menschen Corwain und seiner Freundin Solace, einem liebevollen Geschöpf halb Frau halb Vogel. Dies war auch vom Autor geschickt gemacht, denn als Leser folgt man emotional diesen beiden am meisten, da man die Geschehnisse und die Informationen überwiegend auch aus deren Perspektive erlebt. Ihre Emotionen, Gedanken und Gespräche waren dem Leser besonders nah. Entsprechend wurde ich auch oft überrascht und erlebte einige unerwartete Wendungen, gleichzeitig konnte ich aber immer besonders gut mit Corwain und Solace mitfühlen und ihre Handlungen verstehen, auch wenn sie manchmal extrem und unerwartet waren. Aber wie würde man sich selbst verhalten, wenn man fallengelassen und das Liebste bedroht wird? Im Gegensatz zu anderen Science-Fiction-Romanen des Autors, die langsamer und noch bildgewaltiger daher kommen, sind hier ein paar Thriller-Elemente eingebaut, die mehr Tempo und Action bringen. Ich persönlich liebe ja die „gemächlicheren“, atmosphärisch noch dichteren Romane besonders, die Mischung aus Science-Fiction und Thriller hat mir aber auch sehr gut gefallen. Und es gibt zwischendurch immer wieder ruhige Szenen, in denen Gespräche und Gedanken zum Nachdenken anregen. Zudem findet sich eine erschreckende Ähnlichkeit zu einigen der momentan in unserer realen Welt stattfindenden Auseinandersetzungen. So unglaublich und fern die beschriebenen Welten in den Romanen meist wirken, so erschreckend gut vorstellbar sind mir oft die Entwicklungen der Menschheit und die beschriebenen Konsequenzen für deren Existenz. Warum sollte es z. B. nicht möglich sein, das Bewusstsein per Datenspeicher immer wieder zu kopieren und in neue Körper einzupflanzen? Irgendwann bestimmt. Nur ob man sich dabei immer sicher sein, kann, dass niemand dieses Bewusstsein manipuliert oder Emotionen steuert? Wenn es mich erst mal zwanzig Mal gegeben hat, bin ich dann noch dieselbe? Diese Frage stellt sich auch Corwain hier im Roman. Es wirkt zudem mittlerweile fast normal auf mich, dass Maschinenintelligenzen mir so real erscheinen und es wirkt auch normal auf mich, wenn ich das Gefühl habe, dass diese Maschinenintelligenzen den besten oder gar einzigen Überblick über das Geschehen haben und die richtigen Pläne, um sich um ein Häufchen Menschen zu kümmern. Irgendwie auch völlig normal für mich, wenn ich dahinter nicht nur Datenströme, sondern auch eigene Interessen vermute ... Für mich haben die Romane von Andreas Brandhorst immer etwas ganz Besonderes. Sie bieten mir ein ganz besonderes Kopfkino, eine besondere Atmosphäre , eine besondere Spannung und einen besonderen Anreiz fürs Nachdenken und Spekulieren.

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