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Rezension zu
Das Fünfzig-Jahr-Schwert

Ein minimalistisches und dennoch episch-bombastisches Meisterwerk sprachlicher Kunst.

Von: Wolfgang Brunner - Buchwelten
10.07.2017

Die Näherin Chintana folgt einer Einladung von Mose Dettledown zu einer Halloween-Party. Dort trifft sie auf Belinda, die ihr einst den Mann ausgespannt hat. Fünf Waisenkinder und deren Sozialbetreuerin sind ebenfalls zu Gast. Und dann beginnt ein geheimnisvoller Geschichtenerzähler von seinem Leben und einem mysteriösen Schwert zu erzählen, dass gefährlicher nicht sein könnte und alle Anwesenden auf erschreckende Weise mit einbezieht. . Der polnische Schriftsteller Mark Z. Danielewsky ist zweifelsohne ein Ausnahmetalent und Kultautor. Egal, ob man seine Bücher mag oder versteht, Fakt ist, dass Danielewsky Sprache beherrscht. Und wie. In jedem seiner Werke bediente sich der Schriftsteller mehr als außergewöhnlicher Ausdrucksformen, um seine Geschichten auf unglaublich intensive Weise zu erzählen. Es ist absolut nicht leicht, Zugang zu Danielewskys Protagonisten und Gedankengängen zu bekommen und nur, wer sich zum einen darauf einlassen kann und zum anderen genügend Geduld aufbringt, die teils wirren, aber dennoch präzisen, Schilderungen zu verstehen, wird mit einem bombastischen Leseerlebnis belohnt, das einem buchstäblich den Atem raubt. Es dauert ein Weilchen, bis man die Struktur seines neuen Buches erfasst. Die verschiedenen Erzähler (Chintana, Belinda, die Waisenkinder …) werden lediglich durch unterschiedlich farbige Anführungszeichen gekennzeichnet und, selbst wenn nur wenige Worte auf einer Seite stehen, muss man höllisch aufpassen, damit man die gesamte Komplexität dieses Romans begreift. Mark Z. Danielewsky fordert seine Leser heraus, bricht mit sämtlichen Konventionen und lässt das Mainstream-Publikum schonungslos verlieren. „Das Fünfzig-Jahr-Schwert“ ist, wie seine beiden Vorgänger „Das Haus“ und „Only Revolution“ ein literarisches Feuerwerk, das sowohl textlich als auch typographisch eine Herausforderung darstellt, die, egal ob man das Buch in seiner Gesamtheit versteht oder nicht, schlichtweg beeindruckt. Wer mit so wenigen Worten ein derart bombastisches, episches Bild im Kopf des Lesers entstehen lassen kann, kann eigentlich nur als Genie bezeichnet werden. Michael Ende hätte seine wahre Freude an diesen tiefgründigen Wortspielereien und der ausgeklügelten Textakrobatik gehabt, war er doch der Meinung, jeder Autor sollte sich intensiv mit Sprache beschäftigen. Mark Z. Danielewsky tut das auf jeden Fall. Text und Bild verbinden sich zu einer verspielten, philosophischen Reise, der man sich nicht entziehen kann. Danielewsky bringt Dinge auf den Punkt, die andere nicht mit seitenlangen Beschreibungen derart exakt hinbekommen. Es ist schon fast unheimlich, wie flüssig sich das Ganze liest, obwohl in und zwischen den Zeilen ganze Geschichten versteckt sind. Das Schöne ist, dass Danielewsky dem Leser nicht nur eine Geschichte, oder Geschichten, vorsetzt, sondern ihn auch noch aktiv mit daran beteiligt. Die Gedanken fahren während des Lesens Karussell, man schweift ab, verliert sich in eigenen Interpretationen und beginnt zu träumen. Ein einziger Satz Danielewskys öffnet Dimensionen. Und so kann man jedem, der dieses Buch sein eigen nennt, empfehlen, das Werk mindestens zweimal zu lesen. Man begreift immer mehr, taucht immer intensiver in die Gedankenwelt des Autors ein und beginnt irgendwann zu verstehen … Danielewsky ist für mich das literarische Pendant zu David Lynch, der mit seinen Filmen ebenfalls so viel zu sagen vermag, obwohl man es nie direkt sieht. Mark Z. Danielewsky orientiert sich an manchen Stellen am großartigen Lewis Caroll oder James Joyce, denn er jongliert mit Worten und erfindet dabei neue Wortverbindungen wie zum Beispiel „akzepatiert“ oder „februarfahl“. „Das Fünfzig-Jahr-Schwert“ ist definitiv kein Buch für zwischendurch. Es ist ein Roman, der sich dem Leser auch nicht unbedingt nach einmaligem Lesen erschließt. Es ist ein Buch, mit dem man zusammen lebt, das einen lange Zeit begleitet, wie es auch „Das Haus“ und „Only Revolution“ tun. Danielewskys Romane sind Kultbücher, die enorm lange nachwirken und zeigen, wie gewaltig Sprache sein kann. Und sie zeigen durch ihre aufwändige und künstlerisch anspruchsvolle Art und Weise, dass das Printbuch noch lange nicht ausgestorben ist. Danielewskys Bücher könnten als ebook niemals solch eine Sogwirkung erzeugen, wie sie das in gebundener, greifbarer Form tun. Danielewsky spielt mit unterschiedlichen Erzählebenen wie kein anderer und zählt für mich neben Samuel R. Delany, J.J. Abrams und Reif Larsen zu einem der innovativsten und progressivsten Schriftstellern aller Zeiten. . Fazit: Ein minimalistisches und dennoch episch-bombastisches Meisterwerk sprachlicher Kunst. © 2017 Wolfgang Brunner für Buchwelten

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