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Rezension zu
Das Schwert der Dämmerung

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Kurzweilige Fantasy in einem unverbrauchten, orientalischen Setting

Von: michaelaschreibt
24.05.2017

Das Schwert der Dämmerung von Saladin Ahmed erschien 2016 im Heyne Verlag und ist mit gut 400 Seiten kein allzu langer Fantasyroman. Auf das Buch bin ich im Laden hauptsächlich wegen des Covers und des doch recht martialisch lautenden Titels aufmerksam geworden – hängen geblieben bin ich dann aber vor allem wegen des erfrischend anderen Settings. Das Schwert der Dämmerung spielt in einer deutlich orientalisch angehauchten Fantasywelt und wartet dementsprechend mit weniger üblichen, fantastischen Kreaturen auf. Allem voran sind da die Ghule, von Menschen geschaffene, bösartige Wesen, die liebend gern menschliche Herzen verspeisen. Je nachdem, aus welchem Material die Ghule geschaffen werden, spricht man von Knochenghulen, Sandghulen, Wasserghulen und so weiter. Die Ghule zu bekämpfen ist Aufgabe des Ghuljägers Adoulla Machslûd, eines etwas übergewichtigen Magiers in den Sechzigern, der seine glorreichsten Tage vermeintlich bereits hinter sich gelassen hat. Da die Bedrohung durch die Ghule in den vergangenen Jahren zurückgegangen ist, ist er mittlerweile der letzte Ghuljäger in „seiner“ Stadt Dhamsawaat, der größten Stadt des Landes Abassen, die gleichzeitig Sitz des Kalifen, des Herrschers über Abassen, ist. Trotz seines Alters kommt Adoulla seiner von Gott gegebenen Verpflichtung der Ghuljagd aber nach, wenn auch unter lautem Jammern und Ächzen. Um seine schwindende Körperkraft auszugleichen, hat er seit einiger Zeit einen Lehrling, Rasîd bas Rasîd („Rasîd, einfach nur Rasîd“), einen jungen Derwisch von 17 Jahren, der zwar nicht magisch begabt ist, jedoch meisterhaft mit dem Schwert umgehen kann. Derwische sind Angehörige eines strenggläubigen Ordens und werden unter dem Großteil der Bevölkerung Abassens als Heilige respektiert. Als Adoulla und Rasîd eines Tages auf Ghulopfer treffen, denen nicht nur das Herz, sondern auch die Seele geraubt wurde, wittern sie sofort eine neue, düstere Bedrohung für Dhamsawaat und ganz Abassen – eine Bedrohung, die weit in die Geschichte des Landes, in die Zeit vor der Herrschaft der Kalifen, zurückgeht. Während sie beginnen, dem Unheil auf die Schliche zu kommen, treffen sie unter anderem auf Samia Banu Laith Badawi, eine von Engeln berührte Angehörige eines Wüstenvolkes, die sich in eine Löwin verwandeln kann und deren restliche Sippe von dem unbekannten, seelenverschlingenden Wesen ausgelöscht wurde, und auf den sogenannten Falkenprinzen, einen Meisterdieb, der als selbsternannter Beschützer der Armen – eine Art Robin Hood – Dhamsawaat und vor allem das Kalifat in Atem hält. Außerdem bittet Adoulla seine langjährigen Freunde, die Alchemistin Litas und den Heiler Dawoud, um Unterstützung bei der Jagd auf die unbekannte Bedrohung. Die Handlung in Das Schwert der Dämmerung verläuft von Anfang bis Ende linear, Nebenschauplätze sucht man vergebens. Auch deswegen lässt sich das Buch flüssig und zügig lesen, mit Ausnahme vielleicht der vielen ungewöhnlichen, teils etwas schwer zu buchstabierenden Namen. Wird die Geschichte zunächst hauptsächlich aus Adoullas Perspektive erzählt, erhält man mit zunehmender Seitenzahl glücklicherweise auch Einblicke in die Sichtweisen der anderen Charaktere. Das ist gut so, denn Adoulla weist manchmal eine arge Neigung zum Grantlhubertum auf. An einigen Stellen kam es mir jedoch so vor, dass die Erzählperspektive zu einer der Personen gewechselt hat, die inhaltlich gerade mehr in der Beobachterrolle war, sodass das Geschehen eher von außen betrachtet wurde, anstatt wirklich auf die Motivation und die Gefühle des Handelnden einzugehen. Es scheint mir fast so, dass es sich dabei um eine Art Vermeidungsstrategie handelt. Ob sie Absicht des Autors war oder vielleicht nur Zufall, kann ich natürlich nicht beurteilen, allerdings hat dieses Phänomen bewirkt, dass mein Bezug zu den Charakteren nie so richtig eng wurde. Die Charaktere sind überhaupt einer der größten Schwachpunkte des Buchs. Es ist zwar eine durchaus bunte Truppe, die Saladin Ahmed da zusammengestellt hat, aber an einigen Stellen hätte es gerne mehr sein dürfen. Mehr Information zu Samia und ihrer Verwandlungsgabe, mehr zu Rasîds Vergangenheit und aktuellem Innenleben (allein der Kampf mit seinen Gefühlen für Samia, ein Umstand, der sich auch lange Zeit nicht so richtig weiterentwickelt, ist mir zu wenig) und natürlich mehr zum Falkenprinzen. Gerade diese Figur bleibt für mich bis zum Schluss sehr blass. Obwohl die Geschichte gerade zum Ende hin nochmal ein deutliches Plus an Spannung aufweist, inklusive einiger angenehm überraschender Wendungen, wirkt das Buch auf den letzten paar Seiten doch sehr vollgestopft. Dies mag zwar zum hektischen Charakter der Handlung an dieser Stelle passen, doch hat es mich beim Lesen – oder eher nach dem Lesen – etwas unbefriedigt zurückgelassen. Man meistert den gemächlichen Anfang, den teils langatmigen Zwischenteil, in dem viele Kleinigkeiten wirklich sehr ausführlich ausgebreitet werden, und dann – ZACK-BUMM! – passiert alles auf einmal und das Buch ist aus. Hier wäre, so glaube ich, mehr herauszuholen gewesen. Was dagegen richtig überzeugend für mich war, ist die Darstellung des Glaubens der Bevölkerung von Abassen. Zwar wird sich sehr oft auf Gott, den Allerbarmherzigsten, berufen, auf seine Vorsehung und seine Funktion als Lenker der Geschicke der Menschen, und somit eine wirkliche Entscheidungsfreiheit der Personen im Buch durchaus infrage gestellt, aber ich habe diese Überzeugung den Charakteren durchaus abgenommen. Im Übrigen fluchen sie auch fast genau so oft auf den Namen Gottes, wie sie ihn preisen, besonders Adoulla kann dabei sehr kreativ werden. Als positiv habe ich persönlich auch empfunden, dass auf allzu ausführliche und ausschweifende Beschreibungen der Welt, in der die Handlung von Das Schwert der Dämmerung stattfindet, verzichtet wurde. Für mich ist so etwas meist eher ermüdend. Anstatt der Weltkarte, die sich im Buch befindet, hätte ich sogar lieber eine Stadtkarte von Dhamsawaat zur Hand gehabt, um hier die Architektur besser zu durchblicken, denn das Geschehen spielt sich hauptsächlich in dieser Stadt ab. Zum Schluss bleibt mir nur zu sagen: Wer ein kurzweiliges Fantasybuch in einem unverbrauchten Setting lesen möchte, das durchaus gelungene Ansätze mit geschickt eingestreuten Begebenheiten aus 1001 Nacht, die so manchem Leser vage bekannt vorkommen dürften, aufweist, und dabei mit den genannten Schwächen der Umsetzung leben kann, möge einen Blick in Das Schwert der Dämmerung von Saladin Ahmed werfen! Auch wenn es als Band 1 einer Trilogie deklariert ist, kann es ohne Abstriche als eigenständiges Buch gelesen werden. Fortsetzungen gibt es zur Zeit noch keine.

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