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Rezension zu
"Solange wir leben, müssen wir uns entscheiden."

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Gespräch mit einem Holocaust-Überlebenden

Von: Dr. Stefan Hartmann aus Bamberg
20.10.2016

„Seit ich Jehuda Bacon begegnet bin lebe ich anders, mein Leben ist heller geworden“ – das sagte der bekannte Bestsellerautor und Kölner Chefarzt Manfred Lütz bei seiner zweiten diesjährigen Lesung im Bamberger Medienhaus Hübscher, zu der zahlreiche Interessenten erschienen sind. Im Januar 2016 interviewte Lütz in Jerusalem den Auschwitz-Überlebenden und bekannten israelitischen Künstler Jehuda Bacon und gab nun darüber ein Gesprächsbuch heraus. Der 62-jährige hält dies für sein wichtigstes und ihm am meisten am Herzen liegendes Buch. Sein vorheriges Buch über Glück und Gelingen ließ noch die Frage offen, wie mitten im Leid ohne Zynismus von Glück überhaupt die Rede sein kann. Ein lebendiger und positiv wirkender Zeuge hat darauf nun Antworten gegeben, ohne die negativen Eindrücke irgendwie zu bagatellisieren. Jehuda Bacon wurde 1929 in Mährisch-Ostrau geboren, und 1943 nach Theresienstadt und Auschwitz deportiert. Seine ganze Familie wurde ermordet. Als 15-Jähriger aus dem KZ befreit kam er in das Waisenhaus des tschechischen Pädagogen Premysl Pitter, dessen aufbauende Fürsorge ihm den Glauben an das Gute im Menschen zurückgab. Seit 1946 in Israel begegnete er dort u.a. Marin Buber und ließ sich von ihm prägen. Bacons Kunstwerke hängen heute weltweit in großen Museen, auch in Yad Vashem. Das Würzburger „Museum am Dom“ widmete ihm 2008 eine Ausstellung. Das Gespräch mit Lütz dreht sich neben erschütternden biographischen Erlebnissen vor allem um die in Auschwitz sich aufdrängende Frage nach der Herkunft und dem Wesen des Bösen. Wie Thomas von Aquin und Buber sieht Bacon es in einem Mangel an Sein, letztlich als Nichts. Atheismus löst bei ihm gerade angesichts des geschilderten Grauens eher ein Lächeln aus. Auch in bösen Menschen gibt es einen göttlichen Funken des Guten, der gelegentlich zum Leuchten kommt. Bacon schildert dazu konkrete Beispiele, lehnt jede Rache und pauschale Anklage ab, würde aber einem KZ-Arzt wie Mengele die Frage stellen: „Wie schlafen Sie nachts?“. Gutsein ist nicht an Bildung gebunden, auch das hat er erfahren. Viele Sätze und Schilderungen wären hier noch zu erwähnen. Es ist ein mit sich, mit Gott und mit der Welt versöhntes und geradezu heilsames Auschwitz-Buch, das der wachsam nachfragende Manfred Lütz uns und Jehuda Bacon geschenkt hat. Einige Passagen sind einfach schön, manche sogar von tiefgründigem Humor geprägt. Trotzdem wird nichts beschönigt, die Frage nach dem Bösen und seiner Bekämpfung durch das Gute bleibt in ihrem ganzen Ernst weiter gestellt, denn „solange wir leben, müssen wir uns entscheiden“. Jehuda Bacon ist ein Zeuge des Holocausts, der Deutschen und Israelis viel zu sagen hat.

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