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Rezension zu
Glückskinder

Beginnende Hoffnung

Von: Klaudia K. aus Emden
23.02.2021

Der emotional zu tiefst ergreifende Roman "Glückskinder " von Teresa Simon ist eine sehr wertvolle und spannende Rekonstruktion einer für die Bevölkerung enorm belastenden Zeit im Nachkriegsdeutschland. Die Handlung setzt im Jahr 1945 ein. Griet überlebte die grausame Zwangsarbeit im KZ mit ihrem selbst gewählten Mantra "Ich bin Griet. Van Mook. Ich werde leben." In ihren schweren Zeiten half die monotone Wiederholung dieses Mantras Griet dabei nicht zu vergessen wer sie JETZT ist. Als der Krieg beendet ist und alle wieder in ihre alte Heimat dürfen, möchte Griet dennoch nicht mehr in die Niederlande zurück. Mit viel Glück gelingt es ihr durch die Hilfe des amerikanischen Captain Walker eine Arbeit als Küchenhilfe im Offizierskasino in München zu bekommen. Walker sorgt auch dafür, dass sie ein Zimmer bei Frau Genoveva Neureuther erhält. In dieser Wohnung wohnen allerdings schon sechs weitere Personen: Antonia genannt Toni, ihre kleine Schwester Bibi, Mutter, Tante Vev, sowie Tante Anne mit Sohn Benno. Diese Gemeinschaft versucht mit viel Liebe und gegenseitigem Verständnis füreinander durch die schwere Nachkriegszeit zu kommen. Als die Amerikaner in Deutschland einmarschieren erleben die Menschen in den befreiten Regionen bereits etwas wie einen beginnenden Frieden. Dennoch ist diese chaotische Zeit durch die Lebensmittelknappheit und den aufblühenden Schwarzmarkt geprägt.Dort bekommt man tatsächlich alles für Zigaretten oder andere wertvolle Tauschwaren. Griet und Toni können sich am Anfang nicht besonders gut leiden. Griet arbeitet viel und versucht sich möglichst "unsichtbar" zu machen. Erst als die kleine Bibi erkrankt und Griet die letzte Hoffnung auf Rettung ist, ändert sich das Verhältnis der Familie zu  Griet. Toni lernt Louis, einen echten Spitzbuben, kennen. Er scheint keine Vergangenheit zu haben und wickelt Toni mit viel Charme regelrecht um den Finger. Griet hat eine Vergangenheit. Sie weiß, dass sie sich dieser Vergangenheit stellen muss, wenn sie tatsächlich glücklich werden möchte. Doch der dafür notwendige Weg ist nicht leicht und birgt erhebliche Gefahren in sich. In der Nachkriegszeit sieht es überall in Deutschland verheerend aus. In den Städten sind ganze Straßenzüge zu regelrechten Wüsten zerbombt. Menschen haben keine Unterkunft mehr und sind damit obdachlos. Die ohnehin spärlichen Nahrungsmittel werden mehr als knapp geliefert. Es gibt kaum Mehl oder Kaffee. Nur der überall bekannte "Muckefuck" ist im wahrsten Sinne des Wortes in aller Munde. Besonders interessant ist es, wie die Protagonisten mit den sie beherrschenden Emotionen fertig werden und wie die Romanfiguren es schaffen aus der schwierigen Lage heraus doch wieder langsam und allmählich wieder lernen zu leben. Nach den lebensgefährlichen Kriegsjahren erwuchs ein gieriger Lebenshunger, mit dem sich die Menschen aus den grausamen Kriegserfahrungen herauswinden wollen und die damit verbundene Vergangenheit hinter sich lassend vergessen möchten. Toni ist intelligent und pfiffig. Sie fackelt nicht lange, um ihre Chance zu ergreifen und "die Sache anzugehen". Ihre Energie und ihr Talent versorgt die Familie mit Nahrungsmitteln - auch in einer äußerst schwierigen Zeit. Griet ist sehr ehrlich und enorm hilfsbereit. Als keiner sich um die arme kranke Leni im Lager kümmert ist sie ihre Stütze und füttert sie. Nur ihrer Entschlossenheit und Courage ist es zu verdanken, dass ein Arzt zur Leni kommt. Der exzellenten Recherchearbeit von Autorin Teresa Simon ist es zu verdanken, dass die dunkle Zeit des Schwarzmarkthandels lebensecht vor dem geistigen Auge des Lesers wieder aufersteht. Fasziniert erfährt man, welche heute unfassbaren Zustände nach dem Krieg herrschten und wie der willkürliche Kampf um Lebensmittel tobte. Einen herzlichen Dank an den Heyne Verlag für den außerordentlich interessanten und wertvollen Roman

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