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Rezension zu
Dämmerschlaf

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ich bin immer noch fasziniert von diesem Werk

Von: Mareike
14.09.2013

Man begleitet Familie Manford durch den rasenden Alltag einer Upper Class – Familie. Pauline, die Mutter von Nona und Jim, ist so beschäftigt mit esoterischen Gurus, Verjüngungskuren und dem Organisieren von Wohltätigkeitsvereinen (Egal, ob für oder gegen die Abtreibung), dass für die eigenen Lieben nur kurze Termine zwischen zwei unumstößlichen Verpflichtungen Zeit bleibt. Sie scheint nur am Rande mitzuerleben, wie sich ihr Sohn und dessen Frau sich auf eine Krise zubewegen, ihr Ehemann sich zweifelhaften Vergnügungen und ihre Tochter ihren Tagträumen über ihren verheirateten Cousin hingibt. Alle leben in ihren eigenen engen Bahnen und nur selten gibt es kurze, sehr hektische Berührungspunkte zwischen den Familienmitgliedern. Unaufhörlich drehen sich aber die Räder und die Stimmung wird zunehmend bedrohlicher. Man merkt nur langsam an kleinen Veränderungen, dass man unweigerlich auf eine Katastrophe, den großen Knall, zusteuert. Doch die Figuren nähern sich dem Abgrund wie in Trance – im Dämmerschlaf. Gleichzeitig durchzieht das ganze Buch einen unglaublich subtilen Humor, der die Sinnlosigkeit der Handlungen und Termine schonungslos offenbart. So geht man lieber zur “Beinmuskulatur-Kräftigung” als die Treppe zu benutzen. Nein, man verweigert sich der Treppe und der aktiven körperlichen Bewegung lieber komplett – es könnte die teuren Behandlungen beeinträchtigen! Man erfindet lieber Vereine zur Bekämpfung von Familienproblemen in der Dritten Welt, als seiner Tochter fünf Minuten zu zuhören. Diese fünf Minuten, die ja dann keinen Eintrag im Kalender finden würden, wären verschwendete Zeit, in einer streng getakteten Alltag. Der Verweis auf die heutige Zeit ist berechtigt. Nicht selten erwartet man, dass jemand ein iPhone zückt oder sagt: “Schick mir einfach eine Mail.” So unglaublich vertraut ist einem der enge Terminkalender, der Optimierungswahn der Frauen und der soziale Druck nach Perfektion in allen Lebensbereichen. Fazit: Für mich ist Wharton wundervolle Entdeckung aus der Jahrhundertwenden-Literatur. “Dämmerschlaf” ist eines ihrer späten Werke, die den selben hoffnungslos dekadenten Glamour atmen wie Fitzgeralds “Der große Gatsby”, Baums “Menschen im Hotel” oder Parkers “New Yorker Geschichten”. Art Deco, Jazz, Bubiköpfe und verrucht rote Lippen: Ich verliebe mich immer mehr in die Zeit und deren Autoren. Ihr zynischer Blick auf ihre Zeitgenossen finde ich sehr spannend und unterhaltsam. Die Paralellen zu unserer Zeit – gerade in “Dämmerschlaf” sind kaum von der Hand zu weisen. Darum bin ich sehr dankbar, dass ich auf dieses Buch gestoßen bin. Weitere Werke sind bereits auf meiner Wunschliste. Man muss die Zeit und diesen zynischen Stil wirklich mögen. Also ein Buch, dass ich einem eher speziellen Publikum empfehlen würde – dem aber uneingeschränkt.

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