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Rezension zu
Die Komödie von Charleroi

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Reflexionen über den Ersten Weltkrieg

Von: YukBook
26.05.2016

Die erste und längste Erzählung dieses Buchs beginnt mit einer Reise. Eine Pariser Witwe, die 1914 ihren Sohn in den Krieg geschickt hat, um einen Helden aus ihm zu machen, ist auf dem Weg ins belgische Charleroi. Auf dem Schlachtfeld, wo ihr Sohn fiel, will sie sich fünf Jahre später vor den Honoratioren der Stadt als Grande Dame inszenieren. Schon auf den ersten Seiten beschwört der Autor ein sehr präzises Bild der Madame und ihrer gesellschaftlichen Geltungssucht herauf und spart dabei nicht an sarkastischen Seitenhieben. Auch der Satz „Das Ehepaar erbebte in seinem Fett“ gibt einen guten Vorgeschmack auf die typisch drastischen Charakterisierungen der Figuren. Alle Erzählungen sind geprägt durch Drieus eigene Erfahrungen als Soldat im Ersten Weltkrieg an Orten wie Charleroi, Verdun und den Dardanellen. Die Protagonisten sind oftmals psychisch labil, haben jegliche Orientierung verloren und verhalten sich ambivalent – genauso wie der Autor, seine politischen Ansichten und Werke wahrgenommen wurden. An mehreren Stellen wird dies deutlich: Einerseits scheint für ihn zum Beispiel die Position des Anführers erstrebenswert zu sein, dann wieder stellt er Überlegungen an, zu desertieren. Er richtet sein Augenmerk weniger auf die Schlachten und Kriegsstrategien, sondern vielmehr auf die Soldaten als Individuen und ihre Ängste und Kämpfe an der Front, wenn sie von Angesicht zu Angesicht dem Feind gegenüberstehen. Am besten gefiel mir die Geschichte „Der Hund der heiligen Schrift“, in der der Erzähler in Paris die Premiere eines Kinofilms über Verdun besucht. Er übt harsche Kritik an der eitlen Gesellschaft und macht deutlich, dass auch das gelungenste Kunstwerk eine Enttäuschung für jeden ist, der die „elende Wahrheit“ selbst erlebt hat. Das Buch bietet keine vergnüglichen Lesestunden, gibt dafür aber interessante Einblicke in die Gedankenwelt eines ehemaligen Soldaten und umstrittenen intellektuellen Bourgeois, der sich sehr intensiv mit den Kriegsereignissen und -auswirkungen auseinandergesetzt hat.

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