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Rezension zu
Die Erbin

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Grisham kehrt zum Anfang zurück

Von: MKrauß
06.02.2016

Einst fing für den amerikanischen Anwalt und Thriller-Autor John Grisham alles mit einer Pleite an. Sein Roman „Die Jury“ verkaufte sich schlecht. Das änderte sich jedoch bald. Nun kehrt Grisham zu seinen Wurzeln zurück. Er erzählt in „Die Erbin“ vom Kampf der Schwarzen gegen die Weißen im Clanton, dem Handlungsort von „Die Jury“. Erneut geht es um Alles oder Nichts vor einer Jury. Als der schwer kranke Seth Hubbard seinem Leben selbst ein Ende setzt und sich an einem Baum aufhängt, ist die Bestürzung im beschaulichen Clanton groß. Seiner Familie geht es dagegen recht schnell um die Testamentseröffnung. Hubbard war schließlich ein reicher Mann. Doch er war auch ein Einzelgänger. Versorgt von einer Haushälterin, hatte er kaum Kontakt zu seiner Familie. Schon bald lässt Grisham jedoch die Bombe platzen und gewährt seinen Lesern einen Vorsprung gegenüber den Protagonisten: Hubbard hat seine Kinder enterbt. Sein Vermögen von 24 Millionen Dollar soll zu 90 Prozent an seine Haushälterin gehen. Doch Lettie Lang wäre damit die reichste Schwarze in Ford County. Die Kinder fechten das Testament an und der Kampf vor Gericht und der Jury beginnt. Auf der Seite des Testaments steht dabei der Anwalt Jack Brigance, der Jahre zuvor bereits den Schwarzen Carl Lee Hailey vor Gericht erfolgreich vertreten hat. So sehr John Grishams „Die Erbin“ von den Erinnerungen an die alten Figuren aus „Die Jury“ lebt, so sehr sorgen eben diese Brücken in die Vergangenheit für die ein oder andere Länge in dem Roman: teilweise wirken Szenen überflüssig und nur dem Nostalgie-Gefühl geschuldet. Etwa wenn es um Jack Brigance Kampf gegen seine Versicherung geht, ist kein Zusammenhang zum aktuellen Fall erkennbar. Vielmehr fühlt sich Grisham gedrängt erneut davon zu erzählen, dass während des Hailey-Prozesses das Haus des Anwalts angezündet wurde. Dennoch ist es dann wiederum eben diese Nostalgie, die den Leser in den Bann zieht. Grisham hat über die Jahre eine bildhafte Erzählweise entwickelt, bei der durch die Charakterisierung der Personen und der Interaktion seiner Protagonisten eine Spannung entsteht, die den Roman trägt. So sind es letztlich dann die Überraschungsmomente vor Gericht, die das Besondere des Romans ausmachen und „das Trauma der amerikanischen Südstaaten“, wie es Literaturkritiker Denis Scheck formulierte, lebendig wirken lassen. Der Schlüssel des Prozesses – und dies kann, ohne etwas vorwegzunehmen, gesagt werden – liegt in der Erzählung von Hubbards Bruder Ancil. Er kann allem einen Sinn geben, doch Ancil scheint spurlos verschwunden zu sein. „Die Erbin“ ist ein Grisham-Thriller, der zwar nicht überrascht, dennoch aber auf einem hohen Niveau die Kunst des Autors unterstreicht. John Grisham gelingt es erneut trotz der trockenen Atmosphäre von Anwälten, Geschworenen und Gerichtssälen spannende Geschichten zu schreiben. Geschichten, die in Wunden der amerikanischen Gesellschaft bohren.

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