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Rezension zu
Die Erfindung der Flügel

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Bewegend, authenthisch und erschreckend zugleich

Von: Marie
03.10.2015

Die elfjährige Sarah, wohlbehütete Tochter reicher Gutsbesitzer, erhält in Charleston ein ungewöhnliches Geburtstagsgeschenk – die zehnjährige Hetty »Handful«, die ihr als Dienstmädchen zur Seite stehen soll. Dass Sarah dem schwarzen Mädchen allerdings das Lesen beibringt, hatten ihre Eltern nicht erwartet. Und dass sowohl Sarah als auch Hetty sich befreien wollen aus den Zwängen ihrer Zeit, natürlich auch nicht. Doch Sarah ahnt: Auf sie wartet eine besondere Aufgabe im Leben. Obwohl sie eine Frau ist. Handful ihrerseits sehnt sich nach einem Stück Freiheit. Denn sie weiß aus den märchenhaften Geschichten ihrer Mutter: Einst haben alle Menschen Flügel gehabt … "Mein Körper mag ein Sklave sein, aber nicht mein Geist. Bei dir ist es umgekehrt..." [S. 285] Manche Geschichten sind die Farbe in einer Welt aus Schwarz und Weiß. "Die Erfindung der Flügel" ist eine von ihnen. Auf einer wahren Begebenheit beruhend erzählt Sue Monk Kidd eine eindringliche wie leidenschaftliche Geschichte über die Sklaverei und die eingeschränkten Verhältnisse der Frau im 19. Jahrhundert aus der Sicht von Sarah Grimké und Hetty, einem weißen wohlbehüteten Mädchen aus gutem Hause und ihrer Sklavin. Zwischen den beiden webt sich langsam das Band einer ungewöhnlichen Freundschaft, die über Hautfarbe, Stand und Entfernung weit hinausgeht, doch es geht nicht hauptsächlich um diese Freundschaft. Vielmehr ist die ganz leicht in den Hintergrund verwebt, immer präsent, aber nie offensichtlich. Vor allen Dingen geht es um Sarahs Kampf um die Gleichberechtigung der Menschen und Hettys Wunsch nach Freiheit. Mit leisen Tönen und viel Gefühl erzählen beiden Figuren ihre Geschichte, in der es nicht immer so läuft, wie man es sich wünschen würde. Ein besonders prägnantes Merkmal dieses außergewöhnlichen historischen Romans ist die Authentizität und die Atmosphäre, die sich durch das ganze Buch zieht. Zuerst die sehr sklavenfeindliche Stimmung im Süden der Plantagenbesitzer und schließlich Sarahs Reise zu sich selbst, die sie in den Norden und zu den verschiedensten Personen führt. Ohnehin sind die Figuren des Romans allesamt facettenreich und interessant. Da sind einmal die Sklaven, wie Hetty oder Aunt-Sister, Goodis oder Sky und dann sind da die gut betuchten "Weißen", wie Sarahs Mutter - die Missus -, Sarahs Vater, ihre Geschwister und schließlich auch die Männer, die sie kennenlernt und ihr nicht nur einmal das Herz brechen. Protagonistin Sarah ist eine starke Persönlichkeit, auch wenn sie das erst im Laufe der Geschichte richtig zu verstehen weiß. In der Realität ist sie eine der ersten Frauen, die sich für die Frauen- und Sklavenrechte eingesetzt hat. Hetty hingegen ist eine weitesgehend erfundene Figur, die sich aber ebenso sinnvoll in die Geschichte einfügt wie alle anderen Figuren. Sie ist stark, mutig und kämpft um ihre Ideale und Träume. Abwechselnd ist das Buch aus Hettys und Sarahs Sicht geschrieben. "Im Herzen aller unsäglichen Dinge haust ein abscheuliches Schweigen und auch ich hatte mir dieses zu eigen gemacht." [S. 138] Die Geschichte hat dann und wann kleine Längen, auch wenn die einfach zu den eher leiseren Tönen des Buches passen. Die Ereignisse entwickeln sich schließlich nur langsam und verfolgen Hetty und Sarah ihr ganzes Leben lang. Der Einblick, den man in das Leben im 19. Jahrhundert werfen kann ist faszinierend wie schockierend, gerade für die Sklaven, aber auch für die Frau, die vor allen Dingen durch moralische Gesetze eingeschränkt wird und sich - ohne diese einzuhalten - kaum bis gar nicht in der Gesellschaft eingliedern kann. Das Ende des Buches ist nicht nur sehr schön, sondern beinhaltet zudem ein paar Anmerkungen der Autorin, in denen sie auf die geschichtliche Figur der Sarah Grimké und ihrer Schwester Angelina (die auch im Buch eine tragende Rolle spielt) eingeht und diese näher beleuchtet. Wie wahnsinnig interessant und traurig es beispielsweise ist, dass die beiden Frauenrechtlerinnen weitesgehend unbekannt sind, obwohl sie einen so großen Beitrag geleistet haben, da die Geschichtsschreibungen Frauenrollen meistens nicht erwähnen oder streichen. Wie schön, dass "Die Erfindung der Flügel" das geändert hat. Ein Roman, der tief berührt, realistisch erzählt ist, Einblicke in die Rolle der Sklaven und der Frau im 19. Jahrhundert gibt und vor allen Dingen eine facettenreiche Geschichte erzählt, die auf wahren Ereignissen beruht.

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