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Rezension zu
Wage zu träumen!

Wage zu träumen!

Von: Steffi
09.01.2021

Papst Franziskus nutzt den Lockdown, um die gesellschaftlichen Entwicklungen ins Auge zu nehmen und Fehler anzusprechen, die die Gesellschaft akzeptiert hat. Fehler, für die man in der erschöpfenden Routine des Alltags keine Zeit hat. Fehler, die man gerade durch die derzeitige Krise korrigieren könnte. Er ruft uns dazu auf, unser Umfeld in den Blick zu nehmen und den Mut aufzubringen, neue Wege zu gehen. Bessere Wege, um die Welt für alle zu verbessern. Denn wer sagt, dass wir in den Zustand vor der Krise zurückmüssen? Wieso erschaffen wir uns nicht eine bessere post-Covid-Welt? Dieses Buch ist alles andere, als leicht zu lesen. Zwar ist es gut geschrieben, sodass ein guter Lesefluss entsteht. Nur ist es inhaltlich teilweise sehr schwierig zu lesen und zu verstehen. Das liegt zum einen daran, das Papst Franziskus sich auf theologisches Fachwissen stütz, das man erst einmal verstehen muss. Gleichzeitig ist es auch emotional eine Achterbahnfahrt. Hin und wieder empfindet man den sogenannten "Weltschmerz", ein emotionaler Schmerz, der durch den Zustand der Welt und der Gesellschaft verursacht wird. In manchen Kapiteln wird man mit so viel Leid und Elend konfrontiert, dass man zwangsweise Pausen einlegen muss, um nicht depressiv zu werden. Aber das zeigt, wie gelungen dieses Buch ist, weil es einen tief im Innern berührt. Einige Stellen sind nicht ganz so gelungen. Papst Franziskus nutzt sein Werk auch, um Kritiker in ihre Schranken zu weisen. Er greift niemanden persönlich an, verurteilt aber vielerorts die Kritik an ihm oder sein Vorgehen oder der Kirche, weil die Kritiker etwas falsch verstanden hätten oder "der böse Geist" aus ihnen sprechen würde. In diesen Momenten entsteht eine gewissen Distanz zwischen dem Leser und dem Buch, die bis zum Ende nicht gänzlich abgebaut werden kann. Dadurch fällt einem das Lesen später schwerer und man hinterfragt seine Aussagen umso mehr. Wirklich faszinierend und ansprechend sind aber seine Ideen, wie man die Welt und die Gesellschaften verändern könnte. Er spricht Dinge an, die man sich tief im Innern wünscht und die gerade in der politischen Diskussion zu kurz kommen. Vor allem aber geht er mit dem Kapitalismus und der Wegwerfgesellschaft hart ins Gericht. Gerade die Haltung, dass Einnahmen oftmals stärker gewichtet werden als Menschenleben bzw. ein menschenwürdiges Leben kritisiert er und gibt auch Anregungen, wie es auch im gesellschaftlichen Ansehen verändert werden kann. An einigen Punkten fragt man sich dann aber schon, warum vielerorts die Kirche nicht so agiert, wie es der Papst vorschlägt und wie er es sich vorstellt. Auf den ersten Blick wirkt es fast schon scheinheilig, aber er entscheidet nicht jeden Schritt, den die Kirche weltweit vor Ort macht. Es wäre wünschenswert, wenn sich nicht nur Politiker, sondern auch Kleriker von seinen Gedanken berühren und auf den Weg schicken lassen würden. Zumal der elitäre Klerikalismus vom Papst ebenfalls verurteilt wird. Besonders im Gedächtnis geblieben ist seine Einstellung zur Rolle der Kirche. Sie solle den Menschen nichts von oben herab vorgeben oder über sie bestimmen. Viel mehr soll sie der Begleiter der Menschen sein, ihnen die Hand reichen und sie auf ihrem Weg stützen. Genau diese Art von Kirche braucht es in der heutige, so schnelllebigen und oftmals einsamen Zeit. Leider ist es noch nicht bis nach unten durchgedrungen.

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