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Rezension zu
Das weite Herz des Landes

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Eine berührende Vater-Sohn-Geschichte und vieles mehr...

Von: Susanne Probst
28.12.2020

„Das weite Herz des Landes“ erschien 2014 im Original und ist eines der letzten Bücher des kanadischen Autors, der 2017 mit nur 62 Jahren verstorben ist. Richard Wagamese sah sich innerhalb seines Volkes, dem Stamm der Ojibwe, als Geschichtenerzähler und nach der Lektüre dieses Romans weiß man auch warum. Er ist sogar ein begnadeter Geschichtenerzähler, dem man gebannt lauscht und in dessen Geschichte man sich gern fallen lässt. Eldon ist von den Folgen seines langjährigen Alkoholkonsums gezeichnet und sehr krank. Er spürt, dass er bald sterben wird und möchte nach Art seiner Vorfahren auf dem Ojibway-Kriegerweg mit Blick nach Osten bestattet werden. Auf der Reise dorthin begleitet ihn auf seinen Wunsch hin sein 16-jähriger Sohn Frank, der mutterlos bei einem alten Farmer aufgewachsen ist. Diese letzte gemeinsame Reise durch das raue Herzland British Columbias, auf der dem Leser auch die Schwierigkeiten der indigenen Bevölkerung und die beeindruckende Wildnis Kanadas bildhaft vor Augen geführt wird, wird eine ganz besondere Unternehmung für die beiden Männer. Frank erfährt viel Neues und bis dahin Unbekanntes von seinem ihm nahezu fremden Vater und die beiden kommen einander (wieder) näher. Wir erfahren vom nicht gerade einfachen Verhältnis eines Jungen zu seinem alkoholkranken Vater, von leeren Versprechungen und großen Enttäuschungen. Wir erleben mit, wie dieser Junge bzw. junge Mann seinem Vater trotzdem einen Wunsch erfüllt, wodurch er endlich das Geheimnis seiner Wurzeln und Herkunft erfährt. Es ist die erste und letzte gemeinsame Reise von Vater und Sohn, eine Reise zu sich (Frank) selbst und eine Reise in die Vergangenheit … und ich hatte das Gefühl, hautnah dabei zu sein. Der 1955 in Kanada geborene Richard Wagamese ist, wie bereits oben erwähnt, ein begnadeter Geschichtenerzähler, der mich von Anfang an mit seiner Art zu erzählen in seinen Bann zog und mit „Das weite Herz“ einen berührenden, ergreifenden, klugen und literarisch überzeugenden Roman über eine Vater-Sohn-Beziehung geschrieben hat. Auf den ersten Blick scheint es eine recht einfache und melancholische Geschichte zu sein, aber nach einem Blick hinter die Kulissen erkennt man eine Tiefe, die fesselt, ergreift und beeindruckt. Umso mehr, weil es u. a. ums Sterben und „klar Schiff machen“ geht und der Roman einer der letzten vor Richard Wagameses eigenem Tod ist. Für mich ist dieser abenteuerliche, tiefgründige und auch philosophisch angehauchte „Roadmovie“, der an autobiographische Details angelehnt ist, ein faszinierendes Highligt, dessen beide Hauptcharaktere gekonnt, äußerst feinfühlig und in all ihrer Vielschichtigkeit und Komplexität gezeichnet werden. Frank und Eldon werden fassbar und begreifbar, kommen uns nahe und berühren. Richard Wagamese unterhält uns prächtig und niveauvoll, regt zum Mit- und Nachdenken an, schreibt flüssig und erweitert mit seinem Text den Horizont. Wenn man Interesse an differenziert beschriebenen Vater-Sohn-Beziehungen und indigenen Völkern hat und gerne tiefgründig und glaubhaft erzählte Lebensgeschichten, spannende Abenteuerromane und interessante Roadmovies liest, wird man hier sein Lesevergnügen haben. Ich freue mich schon auf „Der gefrorene Himmel“, einen weiteren Roman von Richard Wagamese, der im Frühjahr 2021 im Karl Blessing Verlag erscheinen wird.

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