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Rezension zu
Der Trotzkopf

Zeitlos mitreißend: Trotzkopf Ilse fliegen noch immer alle Herzen zu

Von: Karin P.
26.12.2020

Meine erste Begegnung mit dem „Trotzkopf“ war 1983: Damals war ich acht Jahre alt – und Anja Schüte verkörperte trotzköpfige Ilse Macket in einer mehrteiligen Fernsehserie. Die Geschichte hatte alles, was mich damals als schüchternes Grundschulmädchen begeisterte: eine charismatische, selbstbewusste Hauptfigur, die sich viel mehr traute als ich; ein Mädchen-Pensionat, für mich gleichbedeutend mit einem Internat (und man weiß aus diversen Kinder- und Jugendbüchern ja, welch spannende Dinge in Internaten passieren); und jede Menge Teenager-Mädchen in schicken Kleidern mir vielen Rüschen, gelockten Haaren und ganz aufgeregt vor erster Verliebtheit. Einige Jahre später habe ich dann die zugrundeliegenden Romane von Emmy von Rhoden gelesen – fasziniert von der eleganten, altmodischen Sprache und mit wesentlich mehr Verständnis für die eigentliche Coming-of-Age-Geschichte. Schließlich ist Ilse Macket in dem Roman zwar ein bereits 15-jähriges Mädchen, aber am Anfang mehr ein kindlicher Wildfang, der erst im Laufe der Geschichte zu einer jungen Dame heranreift. Sie lernt im Mädchen-Pensionat ihr Temperament zu zügeln, aber sie schließt auch Freundschaften fürs Leben und merkt, dass es manchmal notwendig ist, Kompromisse einzugehen. Heute, als erwachsene Frau, hat sich mein Blick auf den „Trotzkopf“ zwar wieder verändert – aber ich kann es nicht verhindert, auch im aktuellen Hörbuch „Der Trotzkopf“, gelesen von Heike Makatsch, erschienen bei cbj audio, sehe ich Anja Schüte vor mir, wie sie versucht, ihren Sturkopf durchzusetzen. Eigentlich habe ich mich das aktuelle Hörbuch vor allem deswegen angehört, um zu testen, wie viel Faszination die Geschichte in der heutigen Zeit ausüben kann. Können meine Nichten (empfohlen ist das Hörbuch ab zehn Jahre) noch was mit Ilse Macket anfangen? Ich glaube, es gibt zwei Aspekte, die Teenager am „Trotzkopf“ garantiert auch heute noch begeistern: Das ist zum einen die Hauptfigur Ilse. Sie hat zeitlos lebhafte Charakterzüge, in denen sich auch heute noch viele Mädchen wiederfinden können. Sie ist ein verzogenes Papa-Kind, stur, selbstbewusst und wild. Aber gleichzeitig ist sie liebenswert, herzlich, offen und mitfühlend. Zum anderen entfaltet die wunderbar nostalgische Sprache, in der der Roman Ende des 19. Jahrhunderts verfasst wurde, einen ganz eigenen Zauber. Die Sprache macht die aktuelle Hörbuchfassung aber vielleicht nicht für jeden Teenager zugänglich – etwas Gespür und Liebe zu dieser altmodischen Ausdrucksweise benötigen die Zuhörer und Zuhörerinnen sicherlich, um sich in die Geschichte vertiefen zu können. Auch das sehr antiquierte Frauenbild wird vielleicht nicht jedes Mädchen ansprechen – Ilse selbst jedoch ist mit ihrer temperamentvollen, natürlichen und herzlichen Art auch im 21. Jahrhundert ein ansprechender Charakter. Zwar lernt sie, was in der Gesellschaft von ihr verlangt wird, verleugnet aber gleichzeitig ihre Eigenschaften, ihre Persönlichkeit nicht. Auf fünf CDs und mit fast sechs Stunden Spielzeit gewährt die Hörbuchfassung einen wunderbaren Zugang zur Geschichte des „Trotzkopf“. Heike Makatsch liest den Klassiker lebendig und humorvoll. Sie erweckt mit britischem Akzent die sympathische Zimmergenossin und Freundin Nelly zum Leben und vermag die Strenge der Pensionatsleiterin Fräulein Raimar und das Verständnis ihrer Lehrerin Fräulein Güssow zu vermitteln. Leider scheitert sie am Akzent der kleinen Lili, die aus Österreich neu ins Pensionat kommt, und der Heike Makatsch eine schlimme pseudo-bayerische Sprechweise verleiht. Ich bin mir sicher, dass sich viele erwachsene Frauen, die den Roman von Emmy von Rhoden oder die Fernsehserie aus den 1980er-Jahren gesehen haben, sich auch heute von dem Hörbuch verzaubern lassen können. Jugendliche, die einen gewissen Sinn für Sprache mitbringen, können sich auch heute leicht mit der temperamentvollen Ilse identifizieren und werden dabei bestens unterhalten.

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