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Rezension zu
Jesolo

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Stillleben der Spießigkeit

Von: nil_liest
17.12.2020

Jesolo, ein piefiger Familienurlaubsort, der in die Jahre gekommen ist. Szenerie und Stimmung ist von der ersten Seite an klar gesetzt. Der Titel gibt den ersten Klang im Text: Jesolo - nicht mehr nicht weniger. Die Protagonistin Andrea, 35 Jahre alt, ist von der eigenen Lebenswelt und vor allem vom Lebensgefährten maßlos gelangweilt und vermisst die große weite Welt in vielen Hinsichten. Sie empfindet Familie als einzwängendes Korsett und möchte dem alltäglichen entrinnen. Sie wird schwanger und es wird die Geschichte ihrer Schwangerschaft erzählt - und es ist keine Gute. Nebenbei arbeitet sie ihre eigene schwierige Kindheit auf. Wer dieses Buch gelesen hat wird entweder depressiv oder will weder Kinder noch in einem Dorf leben. Hinzu kommt die ermüdende Erzählform, denn der Text ist aus ihrer Sicht an ihren Partner gerichtet. In einer Beziehung erlebt man im besten Fall Geborgenheit, einen Partner mit dem die eigenen Wünsche in Erfüllung gehen, dem man grenzenlos Vertrauen schenken kann, viel Freude miteinander teilt und das Leben genießen kann. Was tut man aber, wenn die erste Verliebtheit abflaut oder gar die ersten Jahre ins Land gegangen sind und man selbst merkt, dass die Vorstellung über die Zukunft des Partners nicht die eigenen sind? Wie weit darf die Zuneigung aus Verbundenheit den eigenen Wünschen und Lebensvorstellungen im Widerspruch stehen? Und was tun wenn man in ein Leben hingeratene ist, was man so gar nicht wollte? Dies ist das Grundgedankenspiel des Romans von Tanja Raich. Aus der Ich-Perspektive beschreibt sie die rationalen wie irrationalen Handlungen und Gedanken, die mit diesem inneren Krieg und der Krise der Leidenden zusammenhängt. Sicher fragte ich mich des Öfteren warum sie den Kerl nicht verlässt und sich neue Perspektiven eröffnet, aber genau das ist ja das Schwere. Der Sprung ins Unbekannte - es gibt viel zu gewinnen, aber eben doch auch viel zu verlieren. Ich finde ihre passive Haltung anstrengend und wenig selbstbestimmt. Ach, und nicht zu viel Italien erwarten trotz Titel und Auftakt. Kann falsche Erwartungen wecken. Wobei Erwartungen sehr wohl ein zentrales Thema des Romans darstellt. Fazit: Der Roman trifft den Kern der Misere, es ist nur die Frage, ob man das Ganze mitdurchleben möchte in Buchform.

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