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Rezension zu
Teuflischer Walzer

Düsterer Historienkrimi

Von: NRW Alternativ
01.07.2020

Ein Schmöker, der direkt in das Wien der vorletzten Jahrhundertwende entführt: In einer verlassenen Klavierfabrik wird ein Toter gefunden, auf einem Stuhl sitzend, getötet mit einem Kopfschuss – und mit Säure übergossen. Das klingt ziemlich brutal, zumal vor dem Toten drei Stühle drapiert sind - ist er vor einem selbsternannten Tribunal gerichtet worden? Die Identifizierung und Spurensuche gestaltet sich mühsam. Inspektor Reinhardt ruft darum seinen Freund und Psychoanalytiker Max Liebermann zu Hilfe. Ihre Ermittlungen führen die beiden Männer schließlich in gefährliche Anarchistenkreise. Beim Lesen taucht man ab in eine Gesellschaft, ja in eine ganze Welt, die so schon lange nicht mehr existiert, aber durchaus Parallelen zu heutigen Terroranschlägen und Fanatismus aufweist. Dabei entwirft Frank Tallis ein so detailreiches Bild der Weltmetropole Wien, dass es schwerfällt, den Autor als Engländer und NIcht-Deutschen-Muttersprachler wahrzunehmen. Dabei ist "Teuflischer Walzer" schon der 7. Band des Londoner Autors, der sich mit dem Psychologen Liebermann tief in die Abgründe des 19. Jahrhunderts begibt. Tallis entpuppt sich dabei nicht nur als ausgewiesener Kenner jener faszinierenden Epoche, in der Wien ein Schmelztiegel der Kulturen war, sondern auch als gekonnter Wortakrobat, was vermutlich der gelungenen Übersetzung zu verdanken ist. Einzig die Figurenzeichnung fällt manchmal etwas aus dem Rahmen. Wenn alle auftauchenden Figuren Systemsprenger sind, dann fragt man sich unwillkürlich, ob es das System an sich dann überhaupt noch geben dürfte. Aber vermutlich war Wien um diese Zeit wirklich ein Hort des Wahnsinns und des Fortschritts ... Auch wenn der Kriminalfall, um den es geht, so nie stattgefunden hat, verwebt Tallis seine Fiktion gekonnt mit historischen Tatsachen und Persönlichkeiten. Wer tief eintauchen möchte in die Abgründe und die Umbruchstimmung des ausgehenden 19. Jahrhunderts, dem sei ausdrücklich auch die gesamte Reihe empfohlen. "Teuflischer Walzer" ist nämlich ein solider Krimi, der beste Band der Reihe aber ist er nicht.

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