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Rezension zu
"Sie zu lieben, mein Freund, ist eine hohe Kunst."

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Thomas Mann und Agnes Meyer - eine deutsch-amerikanische Brieffreundschaft

Von: Stephanie Jaeckel
17.05.2020

Um es gleich vorwegzunehmen: diese Lektüre hat es in sich. Denn Thomas Mann und Agnes Meyer, der deutsche Schriftsteller und die amerikanische Journalistin, verband eine komplizierte und intellektuelle Freundschaft in schwierigen Zeiten. Thomas Mann lernte Meyer 1937 bei einem Interview in New York kennen. Als er im Februar 1938 endgültig in die USA ins Exil ging, half sie ihm mehr als einmal aus existentiellen Schwierigkeiten. Dass sie Deutsch sprach und schrieb, war ebenfalls förderlich, denn sie unterstützte ihn bei öffentlichen Auftritten und übersetzte für ihn. Thomas Mann profitierte, aber auch Agnes Meyer zog ihren Nutzen aus der Freundschaft: Sie besetzte als profunde Kennerin seines Werkes und seiner Person den Posten der ersten Mann-Kritikerin in den USA, und auch wenn das Buch, das sie über ihn plante, nie fertig wurde, wurde sie als versierte Kennerin über die Landesgrenzen hinweg anerkannt. Ob unter diesen Bedingungen – finanzielle Abhängigkeit (zumindest in der ersten Exilzeit) Manns, schwärmerische Begeisterung Meyers – eine Freundschaft auf Augenhöhe hätte entstehen können, ist fraglich. Tatsächlich distanziert sich Thomas Mann immer wieder von seiner Gönnerin, auch wenn er ihr Interesse, ihre Bildung und natürlich auch ihre Unterstützung schätzt. Doch man merkt, dass er bei aller Offenheit, was seine Arbeit angeht, sowohl die politische als auch die schriftstellerische, stets das Visier heruntergeklappt hält: Persönliche Töne sind kaum zu vernehmen. Entsprechend trocken wirken die Briefe. Dennoch entfalten sie im Laufe der Lektüre ihre ganz eigene Wirkung: Denn besser als jede Dokumentation jener Jahre zeichnen sie das kulturelle und politische Klima der damaligen Zeit nach. Auch, und gerade aus den gegensätzlichen Perspektiven eines Europäers und einer US-Amerikanerin (wenn auch eine Tochter deutscher Einwanderer). In dieser Hinsicht ist ein großer Gewinn, dass der Hörverlag Auszüge aus dem Briefwechsel als Hörbuch veröffentlicht hat. Die Schauspieler Dagmar Manzel und Udo Wachtveitl lesen die Briefe, Jesko von Schwichow gibt in Zwischentexten kurze Zusammenfassungen über die jeweils neusten Ereignisse. Auch wenn die meisten Briefe eher kurz sind, sollte man sich Zeit zum Hören nehmen. Denn die Themen wechseln schnell und es braucht eine Weile, bis man sich in die verschiedenen Nuancen der Botschaften einfuchst. Eine überraschende, weil aktuelle Bemerkung stammt von Agnes Meyer, die für die Nachkriegszeit in Europa eine „ärmere“ und womöglich „bessere“ Welt heraufziehen sieht. Wie sehr wünschen auch jetzt wieder Optimisten, dass diese bessere Welt nach der Corona-Pandemie Wirklichkeit wird… „Sie zu lieben, mein Freund, ist eine hohe Kunst…“ – Thomas Mann, Agnes E. Meyer. Der Briefwechsel. Gelesen von Udo Wachtfeitl und Dagmar Manzel. Der Hörverlag 2017. Ich danke Random-House für das Rezensions-Exemplar.

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