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Rezension zu
Der Atlas für Neugierige

Fakten zusammentragen und sichtbar machen – Erhellende Karten

Von: thursdaynext
03.05.2020

Der „Atlas für Neugierige“ verspricht: „Kuriose Karten, die Ihre Sicht auf die Welt verändern„. Daher hatte ich mehr humoristische, denn politische Einblicke erwartet, die allerdings manchmal auch Witz in sich bergen. Ian Wright, der Autor des Buches, hat an der Universität Toronto seinen Abschluss in Geschichte, Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Wirtschaft gemacht, um, wie er im Vorwort erzählt, „… zu begreifen, wie die Welt funktioniert …“ Wright hat sich schon als Kind für Karten begeistert, 2012 nachdem er nach London gezogen war, nahm er sich vor, das gesamte unterirdische Londoner U-Bahnnetz oberirdisch zu Fuß abzulaufen. Dazu nutzte er unterstützt von Maps die Tube-Karte des Zeichners Harry Beck von 1931 und genoss die fortwährenden spaziergängerischen Herausforderungen, die sich ergaben. Daraus entwickelte sich sein Blog Randomly London, aus dem letztendlich Brilliant Maps https://brilliantmaps.com/ entstand – mit Karten wie sie im Atlas zu finden sind. Der Originaltitel ist “Brilliant Maps Atlas for curious minds”. Der eingedeutschte Titel hat mich ein wenig in die Irre geführt, da ich kurios auf deutsch mit lustig gleichsetzte und auch wenn einige Karten, je nach Betrachtungsweise durchaus witzig sind, so ist dieser Witz eher sarkastisch als komisch. Die Karten sind meist zur politischen und ökonomischen Einordnung, und hier wirklich hochinteressant. Erschwerend kann es sein, wenn man wie ich zwar Karten liebt und von ihnen fasziniert ist, aber eine derartige geographische Nulpe ist, dass ohne regulären Atlas zum Nachschlagen etliche Karten wenig aussagekräftig bleiben, was nicht dem Autor zuzuschreiben ist, sondern der Leserin, die dennoch leicht erbost war, dass ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der Geographiedummies nicht mit kleinen beschrifteten Ländernamen Rechnung getragen wurde. Aber curious hat, im englischen mehrere Bedeutungen. Neugierig ist eine davon, seltsam, merkwürdig, eigentümlich, sonderbar wunderlich, wissbegierig und schaulustig. Wrights Werk wird sehr vielen von ihnen gerecht. Schaulustig gefällt mir am besten, denn seine Karten und besonders die Ideen, die er in ihnen anschaulich macht, sind wunderbar, fesselnd und wissenserweiternd. Dass Indisch keine Sprache ist, war mir schon klar, aber dass es 22 offizielle! Regionalsprachen gibt hat mich umgehauen. Das Schaubild der „Afrikanischen Kolonien am Vorabend des Ersten Weltkriegs“ ist für politisch Interessierte hochinteressant, auch die „22 Länder die das Vereinte Königreich nicht angegriffen oder besetzt hat“ und viele andere seiner Schaubilder ziehen den Vorhang von den Themenfeldern Geschichte und Politik. Verdeutlichen Zusammenhänge und machen sie sichtbar. Wrights Themen sind spannend und erhellend. Nachdem ich gesehen habe, welche Länder alle in Polen eingefallen sind, wundert mich die gewählte Regierung dort weit weniger. Mein Faible für unnützes Wissen und alberne Fakten wird im kuriosen Atlas ebenfalls gefüttert: Zum Beispiel mit der Karte zu „Am häufigsten vorkommendes Wort der engl. Wikipedia Seite des jeweiligen Landes“ , „Länder, die von Wikingern überfallen oder besetzt wurden“, „Reisezeiten ab London im Jahr 1914“ oder der „Wahrscheinlichkeit von weißen Weihnachten in Europa“. Sicher hilfreich sind, wenn auch momentan zu vernachlässigen, „Steckdosen und Stecker weltweit.“ Wright quetscht aber auch die nordamerikanische Bevölkerung in Europa und Afrika, zeigt „Länder mit staatlichen Religionen“, schaut wo die Todesstrafe noch ausgeübt wird und misst die Durchschnittsgröße von Frauen und Männern in allen Ländern der Erde. „Die schärfsten Geschwindigkeitsbeschränkungen weltweit“, sowie das „Mündigkeitsalter für heterosexuellen Sex“ sind auch in mehrerlei Hinsicht aufschlussreich. Fazit: Ian Wright hat Karten geschaffen, die seltsam, aufschlussreich, welterklärend und deprimierend bis morbide sind. Macht das Stöbern und Blättern Spaß? Definitiv ja, sogar Menschen, die Geographieunterricht in der Schule in geistiger Apnoe verbracht haben. Der: „WOW! Schau dir das mal an Effekt“ ist fast immer vorhanden. Zusammen anschauen macht doppelt Spaß.

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