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Rezension zu
Der Beginn

Leben

Von: Frau Lehmann
11.10.2019

"Ich wartete noch einen Moment, dann zog ich den Wagen auf die Gegenfahrbahn." Terje liegt nach einem Suizidversuch im Krankenhaus, seine Lebenszeit ist nur noch knapp bemessen. Er blickt zurück, immer weiter in Richtung Vergangenheit. Carl Frode Tiller erzählt von einem Leben, in dem es von Anfang an nur wenig Chancen gibt. Terjes Mutter kämpft mit Depressionen und Alkohol, sein Vater verlässt die Familie schon früh. Nicht erkannte und nicht behandelte Depressionen führen wohl auch zu Terjes Selbstmord. Erkennen kann man das aber nur im Nachhinein, im täglichen Überlebenskampf bleibt keine Zeit für solche Schlussfolgerungen. Stück für Stück folgen wir Terje zurück in seiner Lebensbahn, lesen von der gescheiterten Ehe, dem schlechten Verhältnis zu Mutter und Schwester, erfahren von seinen Gewaltausbrüchen als Teenager und den Überforderungen seiner Kindheit. Vieles bleibt für den Leser im Moment des Lesens undurchsichtig, klärt sich bruchstückhaft erst mit dem nächsten Schritt. Mal liegen nur Tage zwischen den einzelnen Momenten, mal sind es Jahre. Immer ist da aber Terje, schwankend zwischen Aggression und maskenhaftem Lächeln. Ein düsteres, realistisches Bild zeichnet Tiller in diesem Roman. Zeigt, dass die Wurzeln für einen Suizid ganz weit in der Vergangenheit liegen können, verschüttet durch den Alltag und Phasen des vermeintlichen Glücks. Mit dem Ende vor Augen, erhalten die einzelnen Szenen eine ganz andere Bedeutung, achtet man auf Anzeichen weitaus mehr als man das hätte tun können, wäre der Roman dem normalen Lebensverlauf gefolgt. Dass das Konzept überhaupt aufgeht, ist Tillers Schreibstil zu verdanken. Immer geradlinig, mit schwarzem Humor, lässt er den Leser nicht komplett in Düsternis versinken. Er bleibt nah an seinem Protagonisten und ihm gelingt dabei das Kunststück, Terjes Handlungsweisen nachvollziehbar zu machen, selbst bei Gewaltausbrüchen. Trotz der Bruchstücke bleibt ein roter Faden erkennbar. Ein ganzes, kompliziertes Leben so lakonisch in Worte zu fassen, das ist nicht jedem gegeben. Daher verwundert es auch nicht zu lesen, dass Tiller zu Norwegens bedeutendsten Gegenwartsautoren gehört.

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