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Rezension zu
Die Weisheit alter Hunde

Was wir von alten Hunden lernen können

Von: Edith N.
09.09.2019

Wolfsforscherin Elli H. Radinger hat ihre Forschungsarbeiten in den USA einstweilen ausgesetzt, weil sie ihre alte Labradorhündin Shira weder mitnehmen kann noch so lange in der Obhut von Verwandten zurücklassen möchte. Shira ist jetzt 12. Da ist für einen großen Hund schon recht betagt. Die Autorin weiß, was auf sie zukommt. Sie hat ihr Leben schon mit anderen Hunden geteilt und sie im hohen Alter beim Sterben begleitet. Diesen letzten Liebesdienst will sie auch Shira erweisen und die verbleibende Zeit mit ihr genießen. „Hunde sind eine Bereicherung. Je älter sie werden, desto kostbarer ist die Zeit, wie wir mit ihnen verbringen dürfen“, schreibt sie (Seite 16). Dass der Umgang alter Hunde mit dem Ende des Lebens den Menschen zum Nachdenken darüber bringt, was wirklich wichtig ist, ist nicht weiter verwunderlich. Das Leben wird ruhiger mit einem alten Hund – und der Aktionsradius wird kleiner. Man kann eben keine langen Ausflüge und weiten Reisen mehr unternehmen, weil sich diverse gesundheitliche Einschränkungen einstellen. Die Autorin, die alleine lebt, hat auch schon geregelt, wer für ihr Tier sorgen wird, falls sie es aus gesundheitlichen Gründen einmal nicht mehr tun kann. Das gehört dazu, wenn man seinem Haustier in jeder Lebenslage ein verlässlicher Partner sein will. Eine Erkenntnis, die einem ein Hund über das Leben vermittelt, ist, dass man nicht perfekt sein muss, um geliebt zu werden. Dem Tier ist es egal, ob der Mensch attraktiv und erfolgreich ist oder nicht und ob er in der Hund-Mensch-Beziehung immer alles richtig gemacht oder sich lediglich eifrig bemüht hat. Das beruhigt. Wir sind ja alle fehlbar und Hunde sind zum Glück nicht nachtragend. „Okay, du hattest gestern keine Lust auf die Gassirunde? Macht nichts. Lass uns JETZT gehen. Das bisschen Regen ist doch lustig“, (Seite 97). Das würde nach Meinung der Autorin wohl ihre Hündin Shira sagen. An dieser Einstellung können wir Menschen uns ein Beispiel nehmen. Und wenn wir die Menschen, mit denen wir zu tun haben, mit derselben ungeteilten Aufmerksamkeit bedenken wie Hunde das tun, wäre auch schon viel gewonnen. (D)ein Hund schaut dich an und du hast das Gefühl, du seist unheimlich wichtig. Er macht den Eindruck, als würde er dir fasziniert zuhören, selbst wenn du nur B l ö d s i n n erzählst. ;-) Und von wegen, ein alter Hund lernt keine neuen Tricks mehr! Hunde haben keine Angst vor Neuem. „Pfeif aufs Alter, bleib neugierig, beweg dich, probiere ohne Angst was Neues aus und hab Spaß am Leben“, (Seite 141) Das würde Shira wohl den Zweibeinern raten, wenn sie sprechen könnte. Und das wären nicht die schlechtesten Tipps … Geduld können, ja müssen wir von alten Hunden lernen, weil bei ihnen eben alles nicht mehr so schnell geht, wie wir uns das vielleicht wünschen. Und weil ihre Hündin gehörlos ist, lernt Elli Radinger, mit Körpersprache zu arbeiten und sich klarer auszudrücken. Vielleicht können wir uns auch die Ansicht unserer Hunde zu eigen machen, dass Dinge nicht wichtig sind. Oder, wie die schwedische Autorin Margareta Magnusson sagt: „Je weniger Zeug man hat, desto mehr Zeit bleibt fürs Leben.“ (Seite 180) Hunde zeigen uns auch, dass der gegenwärtige Moment der Wichtigste ist. Das Gestern und das Morgen können wir nicht ändern. Aber wir können den Augenblick bewusst wahrnehmen und genießen und dankbar sein für das, was wir haben. Hunde nehmen hin, was nicht zu ändern ist. Und Menschen fällt es dagegen schwer, nicht auf alles und jedes aus dem Umfeld zu reagieren. Dass wir das nicht tun müssen und dass niemand außer uns selbst dafür verantwortlich ist, wie wir uns fühlen, diese Gedanken sind uns fremd. Viele von uns werden erstmals im Rahmen einer Therapie mit dieser Vorstellung konfrontiert. Hunde wissen das von Haus aus. Sie brauchen kein Gelassenheitsgebet. „Das Geschenk, das uns alte Hunde immer wieder machen, ist, uns zu zeigen, dass heute ein guter Tag ist um zu leben. Und nicht, um sich Sorgen zu machen, wie es wohl morgen aussehen mag.“ (Seite 235) Sehr berührend ist das Kapitel vom Loslassen (ALLES HAT SEINE ZEIT, Seite 251 ff), in dem die Autorin den Abschied von ihrer Hündin Lady schildert. „Loslassen“, schreibt sie, „ist ein Akt der Liebe. Es beruht auf der der tiefen inneren Erkenntnis, dass das Leben seinen Lauf nimmt und sich nichts festhalten lässt.“ (Seite 258) Diese Lektion lernt auch der Nicht-Hundehalter zwangsläufig mit zunehmender Lebenserfahrung. Mit etwas Glück ist uns allen die Erkenntnis beschieden, dass Trauer zwar ein anhaltender Prozess ist und uns verändert, wir aber trotzdem weiterleben und wieder lachen und lieben werden. Nur ganz am Rande ist das Buch ein Ratgeber für den richtigen Umgang mit betagten Hunden. Es geht in der Hauptsache um den Menschen … wie er wachsen und reifen kann, wenn er durch seine Haustiere mit den Themen Altern, Tod und Trauer konfrontiert wird. Und das zu vermitteln ist der Autorin auf eine sehr persönliche, anekdotenreiche und warmherzige Weise gut gelungen.

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