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Rezension zu
Der Hochstapler

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

"Der Hochstapler" von David Slattery

Von: Fraggle
31.07.2019

Mein Einstieg in die Lektüre von „Der Hochstapler“ gelang mir wesentlich leichter als der in diesen Text. Der mir bislang unbekannte David Slattery teilt seinen 446-seitigen Roman in nahezu 50 Kapitel von also überschaubarer Länge und lässt uns, die Leser, gleich zu Beginn seinen Protagonisten kennenlernen. Und eben dieser ist ein eigentlich sehr vorsichtiger, risikoscheuer, vorausplanender und sehr höflicher Mann, der sogar Verbalinjurien jeglicher Art sehr dosiert einsetzt, nämlich nur dann, wenn sie ihm wirklich, wirklich angemessen erscheinen, weil deren übermäßige, inflationäre Verwendung die Wirkung derselben nachteilig beeinträchtigen würde. Und kaum wurde der Protagonist derartig charakterisiert, sehen wir ihn auch schon in eine unangenehme Situation tödlichen Ausmaßes stolpern, nämlich als der Held der Geschichte einen gewissen „Wallace“ – auf dessen Betreiben hin – mittels eines gewaltigen Faustschlags vom Balkon zum Boden und vom Leben zum Tode befördert – und das alles nur, weil er sein Gegenüber durch das Ausbleiben eines Schlages nicht kränken wollte. Und außerdem für diesen Fall ein wenig Sorge hatte, selbst verdroschen zu werden … Zu diesem Zeitpunkt kann man noch nicht ahnen, dass das nur der Auftakt für eine Unmenge an mal unangenehmen, mal skurrilen Situationen, mal auch solchen tödlichen Ausmaßes bedeutet. Was folgt ist ein rasanter Plot, der sich einerseits viel mit seinen liebevoll gestalteten Charakteren beschäftigt – dazu später mehr – und andererseits viel mit Philosphie und philosphischen Fragen und solchen, auf die die Philosophie eben keine Antworten hat oder geben kann. Ich mag mir vorstellen, dass die Lektüre für jemanden, dessen philosophische Kenntnisse – im Gegensatz meinen – über die Lektüre von „Sofies Welt“ und Weischedels „Die Philosphische Hintertreppe“ hinausgehen, noch sehr viel mehr Anspielungen versteht und noch mehr Freude am Lesen des Buches hat. Aber auch für die der entsprechenden Wissenschaftsdisziplin unkundigen Leser bietet „Der Hochstapler“ 446 durchaus höchst vergnügliche Seiten. Mitunter verrät einem die Lektüre vielleicht sogar etwas über einen selbst. Ich bin beispielsweise kein besonders großer Anhänger komischer Literatur, weil sie bei mir selten funktioniert. Wenn ich aber an der Stelle, an der eine Professorin unter Mithilfe einer Golfausrüstung und einer Teslaspule um die Ecke gebracht werden soll – den näheren Versuchsaufbau erspare ich euch – in schallendes Gelächter ausbreche, was beim Lesen – Menschen, die mich persönlich kennen, werden das bestätigen – eher selten vorkommt, dann bin ich mir sicher, dass dieser Heiterkeitsausbruch angesichts einer eigentlich nicht komischen Situation viel über meine Persönlichkeit aussagt. Und ich will nicht genauer wissen, was eigentlich … „Ein solcher Plot muss in einem entsprechenden Ton geschrieben sein, sonst wirkt das nicht.“, sagte kürzlich eine ganz zauberhafte Person nach meiner Schilderung der Handlung sinngemäß zu mir. Und ja, das stimmt eindeutig. Glücklicherweise trifft Slattery diesen Ton. Meistens ironisch, mal zynisch, zwischendurch auch lakonisch gehalten ist sein Erzählstil, dem man in keiner Weise etwas vorwerfen kann. Blieben da noch die weiter oben bereits erwähnten Charaktere. Diese als „sympathisch“ zu beschreiben, tue ich mich allerdings schwer. Denn wenn man ehrlich sein will, dann muss man sagen, dass sie alle, durch die Bank, einen ganz, ganz erheblichen Schatten haben. Natürlich ist das Absicht. Aber liebevoll gestaltet sind sie und man kann sie in ihrer Verschrobenheit auch gern haben. Und in manchem schlummern offensichtlich deutlich mehr Fähigkeiten, als gedacht. Wer sich beispielsweise die Nummer mit der Teslaspule und der Golfausrüstung einfallen lässt, muss ein Genie sein … Und dann bliebe da ja noch der eingangs erwähnte „Wallace“, der spannende Fragen aufwirft: Da der Protagonist schon kurz nach Beginn der Handlung seine neue Identität annimmt, erfährt man über seine alte so gut wie nichts. Wie der eigentliche Wallace aber so war und ob die Interpretation des Helds dieser Geschichte der eigentlichen Persönlichkeit des Fensterstürzers nahekommt, kann man nun auch nicht genau sagen, da weder das Arbeitsumfeld an der Uni ihn kennt, noch sein versehentlicher Mörder. Darüber könnte man jetzt lange philosphieren. Das würde aber jetzt zu weit führen. Wer einen sehr ironischen, in Ansätzen bissigen Roman über Philosphie und die Gelegenheit, sein Leben nochmal völlig neu zu beginnen, mit denkwürdigen Charakteren lesen möchte, liegt bei „Der Hochstapler“ richtig. Ich danke dem Bloggerportal und dem btb-Verlag für die freundliche Zusendung des Rezensionsexemplars.

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