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Rezension zu
Die Sparsholt-Affäre

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Sprachlich hervorragender britischer Gesellschaftsroman

Von: Michael Lehmann-Pape
02.05.2019

Oxford 1940. Eliteuniversität im Land im Krieg. Der Upper-Class Nachwuchs lebt sein Leben mit ausgewählter Kleidung, im Literaturclub, in „Verdunkelung“, in Teilen mit dem starken Wunsch nach Heldentum und an die Front kommen zu können, vor allem aber in gepflegter Langeweile, mit Hauspersonal und der ein oder anderen, damals noch, überaus verbotenen Neigung, sich auch erotisch „ins Spiel zu bringen“. „Er hatte das Handtuch wieder um den Hals geschlungen, stemmte die Fäuste in die Seiten, machte die Beine breit. Der offene Schlitz seiner Schlafanzughose erlaubte einen flüchtigen Blick auf sein Geschlechtsteil“. Jener David Sparsholt, der als attraktiver, hervorragend aussehender und muskulöser junger Mann den Mitstudenten das ein oder andere Rätsel aufgibt, vor allem aber nach nur wenigen Augenblicken für nicht wenige ein anregendes Objekt der Begierde darstellen wird. Was sich sein ganzes Leben lang durchziehen wird und zu eben jenem Skandal kulminiert, den Hollinghurst allerdings schlichtweg der Fantasie des Lesers überlassen wird. Denn konkret wird der Roman nicht, was denn genau irgendwann geschehen sein wird. Das ein oder andere Beispiel aber, das all dem zugrunde liegen könnte, kann der Leser sich daher nur historisch erschließen. Denn „Liebe unter Männern“, zumindest „internes erotisches Vergnügen“, das gab es ja durchaus in der strikt nach Klassen getrennten Gesellschaft Britanniens jener Jahre. „Man muss sich schließlich bereithalten“. Ein Motto des David Sparsholt, das dahingehend überaus mehrdeutig im Raum steht. Hollinghurst liegt seinen Roman dabei über eine lange Zeitdauer an, von 1940 bis 2012, geht den Spuren seiner Protagonisten nach, die sich damals in Oxford kennenlernten und gestaltet dies auch durch nachfolgende Generationen hindurch, bis der Tod einer der Hauptpersonen all dem ein natürliches Ende bereitet. Mit im Übrigen auch einer „vererbten“ oder „durchgereichten“ Neigung hin zu „schönen Männern“, wie es auch der Sohn Davids widerfahren wird. Und eben diese Geschichte der homosexuellen Neigungen gegen die die Gesellschaft Englands in aller Härte zu Zeiten vorging, inklusive Haft und Skandal, bildet dabei die Klammer des Romans, der an verschiedene Orte und Erdteile mit klassisch trockenem Humor und feiner Ironie in den Dialogen führt. Das alles in überaus eleganter und genau beobachtender Sprache vorgelegt ergibt eine interessante, tatsächlich klassisch britische Lektüre über die Gesellschaft, die Standesunterschiede, das verklemmte nach außen hin unbeteiligt und nach Innen hin exzessive lustvolle Erleben dieser klassischen Gewächse der oberen Schicht. Mit ebenso feinen, nicht unbedingt pornographisch gestalteten, aber sehr aussagekräftig dargestellten Sex-Szenen als „Lust am Verbotenen“ und hin- und hergerissener Neigung. Was im Gesamten aber auch hier und da ein stückweit unverbunden nebeneinander her erzählt wird und gerade da besonders informativ und anregend zu lesen ist, wo sich die Ebenen der Gesellschaft durchmischen und doch immer fein unterschieden bleiben.

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