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Rezension zu
Strafe

Die zwölfte Geschichte

Von: Reinhard Stiehl
03.03.2019

Die zwölfte Geschichte. Reinhard Stiehl Es sind 12 Kurzgeschichten, 11 davon wie immer gut erzählt. Kein Wort zu viel. Manche haben eine überraschende Pointe, manche eine andere als die erwartete. Es sind 11 Geschichten aus dem Alltag eines Strafverteidigers. Sie erzählen von Menschen und ihren Schwächen. Das ist ihre besondere Stärke. Wie immer. Doch dann kommt die Zwölfte. Diese eine, die zwölfte Geschichte unterscheidet sich von den anderen schon darin, dass sie in der Ich-Form erzählt ist. Aber sie unterscheidet sich vor allem deshalb, weil sie die beste, die persönlichste im neuen Buch ist. Sie heißt „Der Freund“ und allein wegen dieser Geschichte lohnt sich das ganze Buch. Es heißt „Strafe“. "Vielleicht hast Du recht und es gibt kein Verbrechen und keine Schuld, sagte er, aber es gibt eine Strafe." ER, das ist „Der Freund“, dem Schirach diesen Satz in den Mund legt, der gleichzeitig die beiden Vorgänger von „Strafe“ beim Namen nennt: „Verbrechen“ und „Schuld“. Mit diesen beiden Bänden hat Schirach ein ganzes Genre mit seiner eigenen Sprache verknüpft. „Verbrechen“ und „Schuld“ sind wie „Rubber Soul“ und „Revolver“ von den Beatles. Die beiden besten Alben vor dem berühmtesten. „Strafe“ ist wie die Fortsetzung von „Verbrechen“ und „Schuld“ und klingt wie der dritte Teil einer Trilogie. Ginge es weiter, müssten die nächsten Bücher wohl „Sühne“ und „Vergebung“ heißen. Empfehlenswert wäre das nicht. Nach den ersten beiden, überaus erfolgreichen Kurzgeschichtenbänden versuchte sich Schirach zunächst an zwei Romanen: „Der Fall Collini“ gelang. „Tabu“, der zweite, nicht. Schirach wechselte von der Belletristik auf die Bühne. „Terror“ ist eines der erfolgreichsten Dramen des Gegenwarts-Theaters. Ein Stück Essay. Zwischendurch immer wieder kleine Sonderbände mit kurzen Geschichten: „Carl Thorberg“. Outtakes aus „Verbrechen“ und „Schuld“? Oder neue Einfälle, die zu spät kamen? Auf jeden Fall reichte es lange nicht für einen dritten Band. Wird das Strickmuster zur Masche? Kurzgeschichten sind sein Format, weil seine Plots so gut mit seiner verdichteten Sprache korrespondieren. Eine Erzählkunst, die keiner so beherrscht wie Schirach. Aber „Strafe“ hat nicht mehr die Qualität von „Verbrechen“ und „Schuld“. Oder hat man sich satt gelesen? Bestes Handwerk zwar. Schirach ist ein Meister seines Faches. Allerdings wird man als Leser das Gefühl nicht los, dass sein Strickmuster zur Masche wird. Nur einmal gelingt Schirach wieder so ein ein Satz, der alles in den Schatten stellt. Ein Satz aus der Kurzgeschichte „Nachbarn“. Dort heißt es: "Nach einer halben Stunde geht sie wieder, der tiefe Rückenausschnitt ihres Kleides." Und wäre nicht die letzte Geschichte „Der Freund“, die einmal mehr Hoffnung macht auf einen autobiografischen Roman … DEN autobiografischen Roman … dann wäre dieser neue Kurzgeschichtenband nicht mehr als ein weiterer Bestseller, der mit Sicherheit wieder in 40 Sprachen übersetzt und mehrfach ausgezeichnet wird. Aber „Der Freund“ weist weit über dieses Buch hinaus. Diese Geschichte erzählt, warum Schirach Schriftsteller wurde. Und sie endet mit dem Satz, der wie kein anderer den Autor selbst beschreibt: "Ich dachte, ein neues Leben wäre leichter, aber es wurde nie leichter. (…) die Fremdheit bleibt und die Einsamkeit und alles andere auch."

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