Heimwärts

Kate Morton

Adelaide Hills, Australien, 1959: Eine Familie picknickt gemütlich an einem Bach. Als etwas später ein Mann aus dem Nachbarort zufällig dort vorbeikommt, stößt er auf ein erschütterndes Todesszenario. Die Polizei beginnt zu ermitteln, doch der Fall bleibt ein einziges Mysterium.

Fast sechzig Jahre später wird die Journalistin Jess aus England zurück nach Australien gerufen. Ihre Großmutter Nora liegt nach einem Unfall im Sterben. Geschwächt und verwirrt, murmelt Nora Unverständliches vor sich hin. Der Sinn erschließt sich Jess erst, als sie eine überraschende Verbindung zu den tragischen Geschehnissen in den Adelaide Hills herstellt – und zu ihrer eigenen Familiengeschichte.

»Eine mitreißende und zugleich ganz fein erzählte Geschichte über Mutterschaft und Zugehörigkeit, Verlust und Sehnsucht« Mail on Sunday (26. April 2023)

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Bestsellerautorin Kate Morton spricht über ihr neues Buch "Heimwärts"

Interview: 6 Fragen an Kate Morton

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Heimwärts wird zum Teil aus der Perspektive von Jess erzählt, einer in London lebenden Journalistin, die in ihr Heimatland Australien zurückkehrt und dort im Lauf der Geschichte Familiengeheimnisse enthüllt. Im Buch wird ein sehr lebendiges Bild von Australien gezeichnet, und Jess macht am Ende ihren Frieden mit der Heimkehr. Was hat Sie dazu veranlasst, in Ihrem neuen Roman über Australien zu schreiben? Weshalb war Ihnen das Thema des Heimkommens wichtig?

Anfang 2020 schrieb ich eigentlich an einem ganz anderen Buch. Doch dann schlug die Pandemie zu, und meine Familie und ich kehrten von London nach Australien zurück – nur für kurze Zeit, wie wir dachten. Als die Wochen (und Monate) vergingen, die ich nahe meiner weitverzweigten Familie und in der Landschaft meiner Kindheit verbrachte, stellte ich mir oft die Frage, was Heimkommen eigentlich bedeutet. Ich landete immer wieder bei T. S. Eliots Satz über „den stillen Mittelpunkt der bewegten Welt“. Die Vergangenheit, die Gegenwart und der Punkt, an dem die beiden aufeinandertreffen, ist ein immer wiederkehrendes Thema in meinen Romanen; auch der Schauplatz ist von größter Bedeutung. Als sich die globalen Ereignisse immer mehr überschlugen, wurde mir klar, dass ich mein Manuskript zur Seite legen und stattdessen über den Ort schreiben musste, an dem ich mich befand, hier und jetzt. Und über die Menschen, die zu allen Zeiten die (manchmal trügerische) Sicherheit und Geborgenheit suchen, die wir „Daheim“ nennen.

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Das Herzstück des Romans ist ein Kriminalfall aus dem Jahr 1959, zu dem es bis in die heutige Zeit zahllose offene Fragen gibt. Die Leser*innen steigen nicht nur tief in die beiden Zeitebenen ein – die Geschehnisse von 1959 und in der Gegenwart Jess’ Suche nach Antworten darauf –, sondern auch in einen True-Crime-Roman, der in das Buch eingeflochten ist. Wie war es für Sie, nicht nur auf verschiedenen Zeitebenen zu schreiben, sondern dazu auch noch dieses „Buch im Buch“ zu kreieren?

Das Verhältnis zwischen Vergangenheit und Gegenwart ist zentral für mein Verständnis von der Welt – und auch von Menschen. Bis zu einem gewissen Grad sind wir alle jetzige Interpretationen unserer Vorgeschichte. All meine Bücher enthalten verschiedene Zeitebenen, aber in Heimwärts wird einer der vergangenen Zeitstränge als historisches Buch eingebettet: als True-Crime-Roman, der 1961 veröffentlicht wurde. Ich habe es geliebt, Daniel Millers Buch Als würden sie schlafen zu schreiben. Es war eine echte Herausforderung, eine ganz neue Erzählstimme zu finden und auch durchzuhalten. Und es hat mir Spaß gemacht, dieses Rätselelement hineinzubringen, dass er zwar in bestem Glauben die Wahrheit niederschreibt, wie sie sich ihm darbietet, diese aber Informationen widerspricht, die wir – und Jess – in der Gegenwart entdecken. Die zwiespältige Natur von Wahrheit und die Veränderbarkeit von Geschichten sind Kernthemen von Heimwärts.

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Familie und Familiengeheimnisse sind wiederkehrende Themen Ihrer Bücher, und Heimwärts beschäftigt sich darüber hinaus noch mit Mutterschaft und wie sie nachfolgende Generationen beeinflusst. Was hat Sie dazu veranlasst, in diesem Roman darüber zu schreiben? Und weshalb ist Ihnen die Thematik Familie so wichtig?

Ich bin schon genauso lange Mutter wie ich Schriftstellerin bin; außerdem bin ich eine Tochter und eine von drei Schwestern. Meine ganze Erfahrung der Welt ist geprägt durch diese Identitäten und Beziehungen, und ich denke nicht, dass ich je von einer Geschichte inspiriert sein könnte, in der Familie keine zentrale Rolle spielt. Zum einen sind die Figuren so grundlegend wichtig für meine Erzählung, und jeder Charakter ist in gewissem Maße von der eigenen Familie geformt. Zum anderen zeigen sich Familien immer wieder als ideale kleine Theater, um darin die großen Themen der menschlichen Existenz durchzuspielen: Liebe, Neid, Stolz, Betrug, Wahrheit und Lüge …

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Heimwärts spielt in England und Australien und reicht in verschiedene geschichtliche Zeitabschnitte der beiden Länder zurück. Wie hoch war der Rechercheaufwand für Sie, vor allem hinsichtlich der historischen Zeitebenen?

Eine große Freude beim Schreiben von Heimwärts war, das Buch an den Schauplätzen spielen zu lassen, die ich mein Zuhause nenne: Jess‘ Nachbarschaft in Nordlondon, die Städtchen, Gärten und Koppeln der Adelaide Hills und Pollys verwittertes Holzhäuschen in den Hügeln des Brisbaner Stadtteils Paddington. Die historischen Schauplätze haben klassischeren Rechercheaufwand erfordert: Ich wollte, dass das Städtchen Tambilla und seine Einwohner glaubhaft erscheinen, und habe viel Zeit mit eigenen Recherchen und Lektüre über die ersten lutherischen Siedler in Südaustralien und die Gründung verschiedener Orte in den Adelaide Hills verbracht. Ich habe auch ungeklärte Verbrechen um die Mitte des 20. Jahrhunderts studiert – darunter den berüchtigten Todesfall des sogenannten „Somerton-Mannes“ –, mir alle zeitgenössischen Zeitungsartikel dazu besorgt, die ich auftreiben konnte, und die Ermittlungen anhand der Presseberichterstattung nachvollzogen. Diese Recherche hat sehr dabei geholfen, die Polizeiarbeit von damals zu verstehen. Darüber hinaus habe ich so auch ein Gespür für die Sprache und Erzählkonventionen dieser Zeit entwickeln können, die sehr hilfreich beim Verfassen von Daniel Millers True-Crime-Buch waren.

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Heimwärts ist nicht nur ein großartiger historischer Roman, sondern hat auch ein Krimi-Element. Wie haben Sie es geschafft, eine derartige Spannung ins genau recherchierte historische Setting zu bekommen? Gibt es irgendwelche Bücher oder Filme, die Sie hier inspiriert haben?


Ich schreibe am liebsten Romane, die einen starken Erzählsog entwickeln, aber zugleich die Figuren und Schauplätze tief ergründen. In Australien gibt es eine erzählerische Tradition um das Motiv des verlorenen Kindes. Im neunzehnten Jahrhundert war das ein Weg, koloniale Ängste vor einer unbekannten und gnadenlosen Landschaft auszuloten. Diese Geschichten haben einen unheimlichen Unterton, ein Gefühl, dass „dort draußen“ eine unbekannte, für Menschen nicht sichtbare Gefahr lauert. Ich habe versucht, etwas von dieser Atmosphäre in meinem Prolog anzudeuten. Im weiteren Sinne beziehen sich die Figuren in Heimwärts auf viele Bücher und Erzähltraditionen: von Thomas Turners Schwärmen für Folklore und „Buschgedichte“ zu den englischen Klassikern, die Percy bevorzugt, und später auch Jess – Bücher, die ein lange vergangene Zeit wie ein Zuhause erscheinen lassen, weil sie Landschaften der Fantasie im Geist des Lesers, der Leserin formen.

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Wie hat sich Ihre Herangehensweise ans Schreiben oder Ihr Schreibprozess während der Pandemie verändert?

Ich musste gegen Ablenkungen ankämpfen – wie jeder von uns, denke ich. Fokussiert zu bleiben ist schon unter Idealbedingungen schwierig, aber während einer Phase andauernden Wandels und der Unsicherheit, in der man so viel verstehen und verdauen musste, war es ganz besonders herausfordernd.

Alle Bücher von Kate Morton im Überblick