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SPECIAL zu Isabella Bernstein »Sexy Sixty«

"Frauen wollen auch nur spielen"

Interview mit Isabella Bernstein

Was passiert, wenn eine attraktive Frau von 60-Plus, die sich mit Begeisterung ein unabhängiges Leben als zufriedener Single eingerichtet hat, eine torschlusspanikartige Sehnsucht nach Sex, Fun und stressfreier Verliebtheit überfällt, bevor es wirklich zu spät ist? Isabella Bernstein stürzte sich – nach einiger Überwindung – ins Internet Dating Game: in einen Dschungel voller Neugieriger und Suchender, Draufgänger und Zweifler, Spieler und Spanner, Romantiker und Zyniker, Lügner und Lustmolche ... – und spielte mit!

FRAGE: Wie sind Sie auf die Idee dieses Selbstversuchs gekommen? Und haben Sie diesen von vornherein als Buchprojekt geplant?
Isabella Bernstein: Es ist eigentlich mehr ein Spiel als ein Selbstversuch gewesen. Ich bin extrem neugierig, fand mich ein wenig vereinsamt und reagierte auf meine Freundinnen, die mich unbedingt virtuell verkuppeln wollten. Die Buchidee kam dann später.

Auf dem hoch frequentierten Markt des Online-Dating werden Angebot und Nachfrage genauso unbekümmert und offen verhandelt wie auf einer Reisebörse. Wie haben Sie sich beworben? Haben Sie dabei geschummelt? Und war Ihnen etwas daran peinlich?
Isabella Bernstein: Nee, geschummelt habe ich gar nicht. Im Gegenteil. Es war wichtig, nicht zu lügen (bis auf den Beruf), besonders nicht beim Alter und beim Foto. Da ich extrem flink mit Zunge und Hirn bin, fühlte ich mich absolut sicher in dem Milieu. Die Minute der Peinlichkeit mit der unterschwelligen Frage „Habe ich das nötig?“ ging schnell vorüber.

Wenn Sie die Eigenbewerbungen von partnersuchenden Frauen und Männern vergleichen, gibt es da geschlechtsspezifische Unterschiede?
Isabella Bernstein: Gerade Männer versuchen ziemlich verzweifelt, sich mit Anpassungsfähigkeit einzuschmeicheln. Die Worte „kuscheln“, „romantische Abende“ und „schöne Gespräche“ kamen öfter vor als Sex. Frauen bleiben aber auch ziemlich konventionell und suchen den „verständnisvollen“ Partner. Pep und Originalität im internet sind rarer als alte Männer mit ungefärbten Haaren.

Was für eine Art (Traum-)Mann haben Sie gesucht?
Isabella Bernstein: Ehrlich? Gar keinen, glaube ich. Ich bin viel zu unabhängig und wie meine Freunde behaupten „schwer vermarktbar“. Mir ist Keiner so recht gewachsen. Meine Klappe und mein Selbstbewusstsein sind zu groß und mein Sinn für Anpassung leider nicht vorhanden.

Wie war die Resonanz auf Ihr Angebot? Welche der Reaktionen sind Ihnen am meisten in Erinnerung geblieben? Oder: Welches waren die schönsten, lustigsten, komischsten – und welche war die schrecklichste? Vor welchen Reaktionen haben Sie sich gefürchtet?
Isabella Bernstein: Ich habe hunderte von Anfragen gekriegt. Alle Altersgruppen – von 23 bis 82. Erstaunlich! Es war alles darunter: Peinliche Dichtungsversuche, sexuell explizite Anmachen, hilflose Stotterbriefe, patzige Kritik, schwärmerische Komplimente – und ganz ganz viel schreckliche Grammatik. Gefürchtet habe ich mich nur vor Zeitverschwendung und Langeweile!

Sie haben auch Rückmeldungen von jüngeren Männern erhalten. Fanden Sie das reizvoll? Und ist die nachwachsende Generation der Männer anders in ihrem Flirt- und Beziehungsverhalten?
Isabella Bernstein: Ich habe besonders viele Anmachen von sehr viel jüngeren Männern erhalten. Finde ich ziemlich normal. Muss auch an mir liegen, da ich viele jüngere Lover hatte. Ältere Frauen gelten mit Recht als reif, selbstbewusst, sexy und souverän. Da kann manchmal keine Jüngere mithalten. Ich finde jüngere Männer stressfreier – und sie sind einfacher zu lenken. Ha ha.

Hat sich durch diesen Selbstversuch etwas in Ihrer Sicht auf sich selbst und Ihre Sexualität geändert?
Isabella Bernstein: Nicht wirklich. Ich fand mich altmodisch, schüchtern und teeniehaft – und gleichzeitig mutig und ziemlich verwegen. Genauso wie als junge Frau. Vielleicht verliert man seine sexuelle Persönlichkeit niemals!

Hat sich auch Ihr Blick auf das männliche Gegenüber geändert?
Isabella Bernstein: Neu bestätigt. Wenn man die heißen Kämpfe der jungen Jahre mit ihnen vergisst, sind sie letztendlich nur verunsicherte, ungelenke große Jungs, die nach Liebe und Verständnis lechzen – so wie wir alle.

Gehen Frauen im Alter mit Sexualität anders um als Männer?
Isabella Bernstein: Absolut! Frauen wollen auch nur spielen. Sie treten mutig nach vorne, greifen zu und scheinen zu genießen – Männer sind verunsichert, schielen nach Viagra und bangen um Potenz und Status.

Im Zeitalter des Internets ist das Screenen, Testen und Anbahnen von Kontakten eine schnelle Sache. Geht dadurch Ihrer Meinung nach etwas von der Qualität des Zwischenmenschlichen verloren, oder spart man praktischerweise einfach Zeit?
Isabella Bernstein: Beides. Mir gefällt einerseits, dass man innerhalb von Minuten im Netz zumindest die kompletten Loser löschen kann, ohne die Peinlichkeit, ihnen dabei in die Augen sehen zu müssen. Die unreformierte Romantikerin in mir sehnt sich heimlich nach der schicksalhaften Begegnung mit den albernsten Zeichen: Herzflattern, weiche Knie, Pralinenschachteln, Liebesbriefe, Rosensträuße, in denen Brillantarmbänder hängen ....

Eine aktuelle Zahl sagt, dass sich in den gängigen deutschsprachigen Websites rund eine Million Menschen als Suchende registriert haben, Tendenz steigend – und unter ihnen immer mehr „Best Ager“. Wie kommt das?
Isabella Bernstein: Ganz einfach. Die Schamgrenzen sind niedriger, die Menschen sind einsamer und werden immer älter, es gibt viele geschiedene Frauen, und eine gewisse Anonymität erhöht das Spielvergnügen ...

Die letzte Frage gilt der Bilanz Ihres Projekts: Wie war (ist) es nach Ihrem Selbstversuch um den Antagonismus zwischen Freiheitsdrang und Beziehungshunger bestellt?
Isabella Bernstein: Ich bin die Frau, die Konflikte mit Leidenschaft auslebt. Ich finde das normal und halte die vielschichtigen und gegensätzlichen Empfindungen nicht für lösbar. Nicht mit traditionellen Methoden jedenfalls. Da hilft nur Humor und Akzeptanz der eigenen Verrücktheit. Gefällt mir eigentlich.

Sexy Sixty

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