Nina Wähä
© Kajsa Göransson

Nina Wähä wurde 1979 in Stockholm geboren. Sie war Schauspielerin und Leadsängerin der Indieband Lacrosse, bevor sie sich dem Schreiben zuwandte. 2007 debütierte sie mit dem Roman S som i syster (S wie in Schwester), drei Jahre später erschien Titta inte bakåt! (Schau nicht zurück!). Beide Romane wurden von der schwedischen Presse gefeiert. Nina Wähä lebt heute mit ihrer Familie in Stockholm.

Ihr Roman spielt in Tornedalen im Norden Finnlands. Warum haben Sie sich gerade für diesen Schauplatz entschieden?

Ich wollte schon immer einmal über diesen für mich so bedeutenden Ort zu schreiben. Ich bin in Stockholm geboren und aufgewachsen, habe in meiner Kindheit aber oft die Sommerferien im Norden verbracht. Meine Familie mütterlicherseits stammt von da, weshalb ich mich den Leuten dort sehr verbunden fühle. Sie meistern die Schwierigkeiten des Lebens mit viel (und manchmal sehr schwarzem) Humor. Diese Gegend und ihre Bewohner (und damit auch eine bestimmte Gesellschaftsschicht) kommen in der schwedischen Gegenwartsliteratur so gut wie nicht vor. Ich fand, es ist meine Pflicht (so hochtrabend das auch klingen mag) über diesen Ort und die Menschen zu schreiben, die in der gegenwärtigen Literatur so gut wie gar nicht behandelt werden, aber nichtsdestotrotz existieren und somit auch das Recht haben, durch literarische Werke unsterblich gemacht zu werden.

Woher kam die Inspiration für die Figuren der Familie Toimi?

Ich wollte über das harte Leben im Norden schreiben, wo die Mentalität der Menschen von ihrer Umwelt geprägt ist. Und über ein weiteres Element, das für mich untrennbar mit dem Tornedalen verbunden ist: die Großfamilien, die in der schwedischen Literatur kaum vorkommen. Doch es gibt sie! Meine Mutter hat eine Menge Geschwister, mein Großvater genauso. Ich finde den „Mikrokosmos“ Großfamilie sehr faszinierend: Bündnisse werden geschmiedet und fallen wieder auseinander, was zu bedeutenden logistischen Problemen führen kann (die aber mit Humor bewältigt werden). Eigentlich ging es mir aber um die Tatsache, dass jeder Mensch eine eigene Version seiner Kindheit hat, ob er nun mit einem oder zwölf Geschwistern aufgewachsen ist. Seine eigene Wahrheit, wenn man so will.

Gibt es Figuren, die Ähnlichkeit mit Ihnen haben?

Alle meine Figuren tragen Züge von mir selbst oder von Menschen, die ich kenne, wie meine Familie oder eine Frau im Supermarkt. Ich lege grobe Charakterskizzen an, und wenn ich Glück habe, erwachen diese Skizzen zum Leben und erzählen mir Geheimisse, von denen ich vorher keine Ahnung hatte. Trotzdem steckt in jeder Figur auch ein Teil von mir. Sogar in Pentti 😊

Welcher Figur fühlen Sie sich am stärksten verbunden?

Mit den Teenagern der Familie, weil ich mich gut in Teenager einfühlen kann. Es ist eine ganz besondere, emotionale Phase mit vielen unterschiedlichen Gefühlen, was die Zukunft angeht: von unmöglich bis sehr wohl möglich.

Hat Ihre Familie eine ähnliche Geschichte?

Aber sicher! Meine Mutter erzählt zwar allen, dass „nicht alles in dem Buch der Wahrheit entspricht“ 😊 Aber ich würde schon sagen, dass meine Familie eine Inspiration für das Buch war, indem ich mir einige Anekdoten ausgeborgt habe. Die eigentliche Geschichte dagegen ist reine Fiktion.

Warum schreiben Sie aus der Perspektive des auktorialen Erzählers?

Der Roman nahm seinen Anfang als Kurzgeschichtensammlung. Irgendwann fiel mir auf, dass ich eigentlich eine einzige Geschichte über eine Großfamilie schrieb. Um diese Geschichte so zu erzählen, dass sie auch verständlich war, musste ich eine Orientierungshilfe liefern. Jemanden, der dem Leser erklärt, auf wen oder was er wann achten muss.
Merkwürdigerweise scheinen eine Menge verschiedener (alter?) Männer in mir zu wohnen (in Schweden heißen solche Typen „gubbar“). Für diesen Roman habe ich einen alten Russen von der Leine gelassen. Er hat genug Selbstvertrauen, um die Geschichte interessant zu erzählen, und genug Humor, sodass man auch dann noch hoffen und lachen kann, wenn es tragisch wird.

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