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Ina Rudolph im Gespräch

Was ging in Ihnen vor, als Sie die schreckliche Nachricht ihrer Erkrankung an Brustkrebs gehört haben?

In den ersten Stunden nach der Diagnose war ich geschockt. Ich war überfordert in dem Wissen, dass es mich „erwischt“ hat und dem Nichtwissen, was das alles bedeutet und was nun auf mich zukommt.

Sie haben als erstes Ihren Vater informiert. Ist er ihr wichtigster Vertrauter?

Mein Vater hat abends zufällig angerufen. Und dass ich ihn als einen Vertrauten ansehe, erkenne ich auch daran, dass ich im Stadium emotionaler Verwirrung ans Telefon gegangen bin.

Wie konnte Ihr Vater Ihnen helfen?

Mein Vater liebt meine Bücher, hat sie alle gelesen und fragte mich eine Frage, die ich im Coaching auch immer stelle: „Kannst Du wirklich sicher wissen, dass alles, was du da jetzt befürchtest, auch so eintreten wird?“ Ich wusste zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal, was ich genau befürchte. Dennoch trat nach der Frage eine tiefe Ruhe ein. Mir war klar, dass ich nicht wissen kann, wie das Leben weitergeht. Keiner von uns kann das wirklich sicher wissen. Dieses Wissen macht mich frei.

Wie ist Ihre Tochter mit der Situation umgegangen?

Meine Tochter war auch erst einmal geschockt, aus meiner Sicht ist sie an der Geschichte aber auch gewachsen. Sie hat für sich selbst entschieden, keine Details wissen zu wollen, damit sie sich die Geschichte nicht unnötig viel in ihre Gedanken holt. Darauf habe ich Rücksicht genommen und sie nur mit dem Nötigsten konfrontiert. Bei der Party, die ich für meine engsten Freunde beim Friseur gemacht habe, wollte sie gern dabei sein. Wir alle haben zugesehen, wie ich eine Glatze bekam.

Wie haben Sie sich Ihre Zuversicht, Ihren Lebensmut bewahrt?

Durch das Überprüfen meiner Gedanken wird mir immer wieder klar, dass niemand weiß, wie lange er am Leben sein wird. Wir haben es nicht wirklich in der Hand, was uns von außen zustößt. Worum es wirklich geht ist, den Moment zu genießen, der da ist. Jetzt.

Was hat Ihnen in dieser Situation Frieden gebracht?

Frieden lag für mich darin, mir zu erlauben, genau hinzuspüren, was ich jetzt brauche und was ich lassen möchte. Mir dann mein bester Freund zu sein und nichts mehr zu tun, was mir nicht gut tut. Das auch vor anderen zu vertreten, öfter mal Nein zu sagen. Das war wie aufräumen und meine Liebe konnte leichter fließen.

Wie haben Sie die Chemo verkraftet?

Die Chemo war harter Tobak für mich. Am Anfang habe ich den Glaubenssatz gefunden: „Die Chemo sollte mich meine Arbeit machen lassen.“ Sie sollte also so milde ablaufen, dass ich mein Leben wie gewohnt weiterführen kann. Im Verlauf der Chemo habe ich festgestellt, dass das Gegenteil dieses Gedankens wahrer ist: „Ich sollte die Chemo ihre Arbeit machen lassen.“ Ich habe die Chemo gewählt und nun lasse ich sie mal machen. In der totalen Hingabe an alles, was in der Zeit aufgetaucht ist, lag sogar eine gewisse Süße.

Haben Sie auch andere Heilmethoden angewandt? Mentale oder spirituelle?

Da ich mit „The Work“ arbeite, habe ich diese Methode auch für mich selbst angewandt und immer wieder meine belastenden Gedanken überprüft. Das hat mir eine unglaubliche Gelassenheit gegeben in dem Heilungsprozess. Zusätzlich habe ich mich für Akkupunktur entschieden und bin bei einer Heilpraktikerin und einer Phytotherapeutin (Pflanzenheilkundlerin) in Behandlung.

Hat der Krebs Sie verändert?

Mir ist klarer ins Bewusstsein gerückt, dass die Zeit hier auf der Erde kostbar ist. Ich verschwende keine Zeit mehr mit Dingen, die ich nicht wirklich will. Ich sage den Menschen, die ich liebe, dass ich sie liebe. Ich komme schneller auf den Punkt.

Kann Krankheit auch ein Fingerzeig, eine Chance auf Veränderung sein?

Unbedingt. Von ein paar Heilern habe ich gehört, ich müsste erst die Ursache meiner Krankheit finden, damit diese geheilt werden könne. Ich habe mich mit dieser Idee beschäftigt und festgestellt, dass ich niemals werde sicher sein können, was die Ursache dieser Krankheit wirklich war. Es gibt verschiedene Möglichkeiten und niemand kann mit Sicherheit sagen: Das hier war die Ursache. Vielleicht ist es ja auch ein Zusammenspiel verschiedener Ursachen? Dennoch habe ich die Chance genutzt und in mein Leben geschaut. Was hat sich da vor der Diagnose stressig angefühlt? Ich habe zum Beispiel beschlossen, weniger zu arbeiten. Mir mehr echte Freizeit zu gönnen. Das fühlt sich wunderbar an und dafür bin ich mir dankbar.

Was haben Sie Neues über sich erfahren?

Vor der Chemo habe ich noch nie über einen längeren Zeitraum erlebt, dass mich etwas so niederstrecken kann. Dieses Aufgeben, die Hingabe an den Schmerz – das war eine neue Erfahrung und nun habe auch nicht mehr so viel Angst vor Schmerzen. Ich weiß, ich kann einiges aushalten.

Mussten Sie immer stark sein, um der Krankheit zu begegnen?

Einmal habe ich während der Chemotherapie geweint. Mir war klar, was passiert, wenn die Chemo wieder in mich hineinfließt und wusste, wie es mir dann in den nächsten Tagen gehen wird. Ich habe keine Gründe gefunden, warum ich die Tränen zurückhalten sollte. Weinen kann sehr befreiend sein.

Gibt es Weisheit, die in einem liegt und wie kommt man an diesen Schatz?

Oh ja, ich erfahre immer wieder, dass diese Weisheit in uns allen steckt. Und sie zeigt sich oft erst, wenn ich zur Ruhe komme und der Alltagslärm versiegt. Und der Lärm, den meine Gedanken machen, wenn ich bereit bin, mal alle Ablenkungen wegzulassen. In der Meditation zum Beispiel oder in der Arbeit mit „The Work“.

Was machen Sie heute anders als vor der Krankheit?

Ich bin mir selbst wichtiger. Das Leben selbst ist mir wichtiger. Spüren, atmen, sehen, meine Sinne öffnen, meinen Verstand öffnen. Etwas erreichen zu wollen oder an ein Ziel zu gelangen ist in den Hintergrund gerutscht.

Gab es für Sie ein Schlüsselerlebnis, das Sie zur Kämpferin werden ließ?

Bin ich eine Kämpferin? Ich liebe es, Dinge in die Welt zu bringen und Lösungen zu finden. Und das geht mit Liebe am besten. Und mit unkonventionellen Sichtweisen. Die Arbeit mit The Work hilft ungemein, um bessere Perspektiven zu finden als Enge und Schmerz.

Darf man sich rückhaltlos lieben? Oder ist das egoistisch?

Erst, wenn ich mich selbst lieben kann, kann ich diese Liebe mit anderen teilen. Oder sie zu anderen hinüberströmen lassen. Liebe ich mich selbst, kann ich die Liebe mit großen Kellen verteilen.

Mussten Sie sich ändern, um sich selbst lieben zu können?

Viele Menschen glauben, dass sie so, wie sie sind, nicht liebenswert sind. Dass sie sich erst ändern müssen um Liebe zu verdienen oder sich selbst lieben zu können. So hängt man sich immer eine Möhre vor die Nase. Immer muss ich erst noch etwas tun, bevor Liebe Einzug halten kann. Ich glaube, um sich selbst lieben zu können, braucht es vor allem ein sich annehmen können. Vergiss das Idealbild, dass du dir über die Jahre gebastelt hast und schau, wer du wirklich bist!

Wie gehen Sie mit Zurückweisungen um?

Zurückweisungen haben meist nichts mit mir zu tun. Sie sagen mehr über denjenigen aus, der mich „zurückweist“. Der andere kann oder möchte gerade etwas nicht. Oder er sieht etwas Spezielles in mir, was er ablehnt. Vielleicht gibt es so etwas wie „Zurückweisung“ überhaupt nicht. Jeder versucht halt, mit seinem eigenen Leben klarzukommen und tut das, was er in jedem Moment gerade für das Richtige hält.

Sie sind Sie der Typ ‚wer A sagt muss auch B sagen‘, eben dass Sie schaffen müssen, was Sie sich vorgenommen habe?

Oh, das habe ich lange geglaubt. Und wie fühlt es sich an, etwas schaffen zu wollen, was aber gerade nicht geht, oder was ich, auch mit viel Mühe, nicht hinkriege? Es ist einfach aussichtslos und schmerzhaft, wenn ich mich weiter in die Idee verbeiße, ich müsste es doch schaffen können.

Haben Sie den Mut, auch manchmal kompliziert zu sein? Es nicht so zu machen, wie andere es wollen?

Ja, mittlerweile kann ich das. Das war aber ein längerer Weg. Wer will schon die Zicke sein? Wer will schon, dass andere die Augen verdrehen, wenn man sich getraut hat, eine gegenteilige Meinung zu äußern? Für mich war der Schmerz, nicht zu mir zu stehen aber immer größer als die Ablehnung von anderen. Es tut unheimlich gut, den anderen zu gestatten, zu denken, was sie halt denken und bei dem zu bleiben, was für mich stimmt. So bin ich mir mein bester Freund.

Würden Sie alles für eine gute Rolle tun?

Nein, noch nie. Ich möchte Menschen ehrlichen Herzens begegnen können. Offen und aufrichtig. Ich habe keine Lust, sie zu manipulieren, damit ich etwas von ihnen bekomme.

Akzeptieren Sie Ihre Fehler? Und wie begegnen Sie Fehler von anderen?

Können wir uns sicher sein, dass das, was wir als Fehler bezeichnen, wirklich Fehler sind? Oft können wir ein paar Jahre später anders auf das Geschehene blicken und erkennen, dass es durchaus seine Berechtigung hatte. Das heißt ja dann, dass es nicht falsch war. Ich konnte vorher nur noch nicht sehen, dass die gleiche Sache auch Vorteile hatte.

Wie wichtig ist Ihnen ein Lebenspartner und haben Sie feste Vorstellungen von Beziehung und Liebe?

Mir ist Aufrichtigkeit und Offenheit im Umgang mit anderen Menschen sehr wichtig. Wenn ich jemanden liebe, zeige ich mich mit allem, was zu mir gehört und heiße auch alles am anderen willkommen. Ich liebe es, gemeinsam zu wachsen und sich zu unterstützen.

Würden Sie sich für Ihren Partner verbiegen?

Für mich hat verbiegen keinen Sinn. Davon habe ich nichts und mein Partner auch nicht.

Wie gehen Sie mit Liebeskummer um?

Ich kenne zwei gute Möglichkeiten, mit Liebeskummer umzugehen. Die eine ist, all meine Gedanken und Überzeugungen zu finden, die mit dem anderen zusammenhängen. Die mit meiner Vorstellung von Liebe zusammenhängen und die mit „The Work“ zu überprüfen. Meist stellt sich dann heraus, dass dieser Kummer ein Missverständnis ist. Die andere Möglichkeit besteht darin, die Gefühle, die mit diesem Kummer zusammenhängen zu erlauben, durch sie hindurchzugehen. Allerdings ohne meine Gedanken dazu. Das Drama machen immer nur die Gedanken.

In der Kindheit machen wir prägende Erfahrungen. Können wir diese auch hinter uns lassen?

Unsere Erfahrungen (und die damit verbundenen Gefühle) hängen ja auch davon ab, wie ich das, was geschehen ist, bewerte. Von meinen Interpretationen und Meinungen darüber. Diese Interpretationen sind beweglich. In meiner Arbeit mit den Klienten erlebe ich immer wieder, dass sie Erlebnisse aus der Kindheit in einem anderen Licht sehen können. Dass sie in ihrem Schmerz Informationen getilgt haben oder einfach nicht über ihre Meinung hinausschauen konnten. The Work hilft uns dabei, den Blickwinkel zu erweitern.

Wie lösen wir uns von Wünschen anderer –von elterlichen, von freundschaftlichen, von gesellschaftlichen - und finden zu unseren eigenen Wünschen?

Eine gute Möglichkeit besteht darin, den Schmerz zuzulassen, der entsteht, wenn ich mich immer wieder nach anderen richte. Wenn ich mich selbst vernachlässige. Wenn ich diesen Schmerz mal nicht mit Fernsehen, Shoppen, Sex, Alkohol oder anderen Drogen betäube. Wenn ich mir erlaube, diesen Schmerz zu spüren, kann ich deutlich wahrnehmen, dass diese Handlungsweise weder gut für mich, noch für die anderen ist.

Welche Lebensweisheit geben Sie an Ihre Tochter weiter?

Sei du selbst. Alle anderen sind schon vergeben!

Haben Sie einen großen Wunsch, ein für Sie persönlich besonderes Ziel für die Zukunft?

Ich möchte im Einklang leben. Nicht auf Kosten von anderen Menschen oder Tieren leben. Ich möchte mein Herz offenhalten und das Leben hereinlassen. All das sind keine richtigen Ziele, die es zu erreichen gilt. Eher Wege, die mir und anderen guttun und dadurch sinnvoll sind.

Was steckt hinter der Methode ‚The Work‘?

Die Begründerin von ‚The Work‘ ist Byron Katie. Die Methode besagt, dass nahezu jedes belastende Gefühl wie Angst, Ärger, Wut oder Enttäuschung seine Ursache in unserem Denken hat. Diese stressigen Glaubenssätze können wir hinterfragen, bis sie sich auflösen. Und mit den stressigen Gedanken verschwinden auch die stressigen Gefühle.

Sie sind nicht nur Schauspielerin, sondern auch Selbstverwirklichungs-Coach. Was genau bedeutet das?

Ich helfe anderen Menschen, zu sich selbst zu kommen, ihren Weg durchs Leben zu finden, das Leben zu genießen. Der meiste Stress ist selbstgemacht, muss also nicht sein. Ärger, Wut, Enttäuschung und Frust kommen aus Überzeugungen, an denen wir festhalten. Diese Überzeugungen haben wir von Eltern, Großeltern, Erziehern, Lehrern oder aus den Medien übernommen. Diese Überzeugungen überprüfen wir, bis der Klient seine eigene Wahrheit gefunden hat. Die eigene Wahrheit fühlt sich immer richtig an.

Wie sind Sie zum Coaching gekommen? Und wie coachen Sie sich selbst?

Im Alter von dreißig hatte ich eine Krise und habe einige Selbsthilfemethoden ausprobiert. „The Work“ hat mir so sehr geholfen, dass ich es selbst immer wieder angewendet habe, dann Freunden vorgeschlagen, wenn sie ein Problem hatten. So hat es von allein immer weitere Kreise gezogen. Nun arbeite ich schon siebzehn Jahre mit mir und anderen.

Kann jeder zu einem Coach in seinem eigenen Leben werden?

Jeder kann lernen, seine Gedanken zu überprüfen. Auf meiner Webseite findet sich eine genaue Anleitung, für alle, die es gleich einmal ausprobieren möchten. In meinen Büchern finden sich auch Anleitungen und wer möchte, kann auch ins Seminar kommen, um es zu lernen.

Ich will mich ja selbst lieben,

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