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Interview mit Carla Berling zu »Tunnelspiel« (Heyne)

Interview mit Carla Berling zu »Tunnelspiel« (Heyne)

Carla Berling
© Random House/Philippe Ramakers
„Tunnelspiel“ ist der dritte Teil rund um die Lokalreporterin, die sich auch gerne in Kriminalfälle einmischt. Wie hat sich Ira Wittekind seit dem ersten Band „Sonntags Tod“ entwickelt? Gibt es hier Parallelen zu Ihrem eigenen Leben? Denn die Figur ist sehr an Ihre eigene Vergangenheit angelehnt.

Ira ist dieselbe geblieben – sie sucht immer noch die Geschichte hinter der Schlagzeile, will wissen, warum es hinter den weißen Gardinen und blank geputzten Scheiben oft so haarsträubende Geschehnisse gibt. Den Fällen liegen meistens Versatzstücke echter Verbrechen zugrunde, die „mische“ und kombiniere ich aber so, dass man die Spur zu den realen Fällen keinesfalls zurückverfolgen kann.

Parallelen zu meinem Leben gibt es nur in beruflicher Sicht: Ich war jahrelang als Reporterin in der Provinz unterwegs – und Ira arbeitet, fragt so und regt sich so auf, wie ich es tun würde. Doch, Moment: Andy, der hat vom Wesen her schon große Ähnlichkeit mit meinem Mann. Er kann auch genauso gut kochen.

In Ihren Krimis gibt es eine Handvoll Protagonisten, die den roten Faden durch die Reihe bilden: Ira Wittekind selbst natürlich, Iras Freund Andy Weyer, Kommissar Brück und Redaktionsleiter Horstmann. Wie haben Sie diese entworfen bzw. überlegen Sie sich bei jedem neuen Band, wie es mit den einzelnen Figuren weitergehen soll oder sind ihre „Lebensläufe“ bereits auf mehrere Bücher im Voraus geplant und wie gehen Sie dabei vor?

Sie haben Tante Sophie und Tante Friedchen vergessen! Ich bekomme oft Post von Lesern, die sich Sorgen machen, dass die beiden Alten irgendwann nicht mehr dabei sind. Großes ostwestfälisches Versprechen an dieser Stelle: Die gehen nicht tot!

Das Stammpersonal der Reihe hatte ich für den ersten Band komplett entworfen – aber jetzt lasse ich es frei agieren bzw. reagieren. Die unveränderlichen Merkmale wie Aussehen, Beruf, die Art zu denken und zu reden, habe ich in „Personalakten“ notiert, alles Weitere geschieht beim Schreiben. Die Krimihandlung, also das Verbrechen, steht allerdings zu Beginn des Entwurfes fest, meistens fange ich mit der Auffindesituation der Leiche an. Die ist in „Tunnelspiel“, zugegeben, sehr sehr speziell.

Man hört immer wieder von Autoren, dass ihre Protagonisten Teil ihres realen Lebens werden. Als wären es Freunde. Wie ist das bei Ihnen, wie empfinden Sie die Beziehung zu Ira, Andy, Kommissar Brück und Herrn Horstmann?

Da ist was dran. Ich hab schon Gespräche mit meinem Mann gehabt, in denen er für eine Szene etwas vorschlug und ich sagte: „Das würde Andy niemals tun!“ Den Horstmann zum Beispiel, den mag ich nicht so gerne, der ist mir zu aufbrausend. Aber die alten Tanten, die liebe ich wie meine eigenen.
Bisher haben viele der Mordfälle, über die Ira Wittekind stolpert, ihren Ursprung weit in der Vergangenheit. Ist das eines ihrer besonderen Stilmittel, neben dem einmaligen ostwestfälischen Charme?

Ich habe in meiner Zeit als Reporterin viel gesehen, auf das ich in einer Meldung oder einer Reportage nicht habe reagieren können. Es gibt einige „Leichen in meinem Keller,“ die mich seit Jahrzehnten beschäftigen. Ein Todesfall in „Tunnelspiel“ zum Beispiel ereignete sich so ähnlich in den 60er Jahren. Ich hatte als Kind große Angst vor der Brücke, die dabei eine Rolle spielt. Und was den ostwestfälischen Charme angeht – naja. Den gibt es, auch wenn man ihn nicht immer sofort bemerkt. Echt getz.

Wie unterscheidet sich „Tunnelspiel“ von den bisherigen Wittekind-Bänden? Wie ist die Idee dazu entstanden? Diesmal ist ja sogar ein Verleger das Opfer.

Ich hoffe natürlich, dass „Tunnelspiel“ für die Leser genauso spannend, unterhaltsam und ab und zu humorvoll ist wie die anderen Bände und sich insofern nicht unterscheidet. Das Opfer war ein fieser Typ, einer, der uns sicher allen schon mal begegnet ist. Das besondere an der Konstellation in dieser Story ist sicher, dass es jede Menge Verdächtige gibt, die den Mann zutiefst gehasst haben. Aber es gibt einfach niemanden, der diesen bizarren Tod hätte inszenieren können. Dass ich ihn einen Verleger sein lasse, liegt daran, dass ich mich in der Branche auskenne. In „Sonntags Tod“ spielt ein Hotel eine Rolle, in „Königstöchter“ ein Kaufhaus, in „Tunnelspiel“ ist es ein Verlag – in diesen Branchen habe ich gearbeitet und weiß, wie sie funktionieren.

In Ihren Krimis spielen immer Ortschaften in Ostwestfalen eine Rolle. Wie entscheiden Sie, an welchem Ort in Ihren Geschichten was geschehen soll?

Ich möchte die ganze Gegend vorstellen, weil ich sie und diesen besonderen Menschenschlag liebe. Dort habe ich 42 Jahre gelebt, Ostwestfalen ist meine Heimat, da sind meine Wurzeln. Und ob es nun Bad Oeynhausen ist wie in „Sonntags Tod“, Minden in „Königstöchter“, Herford als Spielort für „Tunnelspiel“ oder ab und zu Bielefeld – ich kenne mich überall aus, fühle mich zu Hause. Ich suche die Orte also aus purem Eigennutz aus, um dort recherchieren zu können.

Muss man Ostwestfale sein, um Ihre Krimis zu lieben?

Nein! Das wär auch blöd, denn so viele Ostwestfalen gibt es ja gar nicht. Die Reihe könnte in jeder deutschen Provinz spielen.

Nachdem es jetzt vier Bände der Ira-Wittekind-Reihe gibt, können Sie schon verraten, auf wie viele weitere Ermittlungen von Ira Wittekind sich die Leser noch freuen dürfen.

Band fünf ist bereits fertig und wird demnächst bei Heyne erscheinen. Das ist eine ganz besondere Geschichte, denn so ein Mord wie in diesem Buch ist mir überhaupt noch nicht untergekommen. Vielleicht kann ich so viel verraten: Es geht um Mütter, um ihre Unzulänglichkeiten, deren Ursachen und um eine Tragödie, die sich über Generationen daraus entwickelt hat.

Und am Ende gibt es eine ganz wunderbare Überraschung. Nein, Ira ist nicht schwanger – in dem Buch ist sie Ende fünfzig.

Band sechs habe ich bereits entworfen, in meiner Fantasie ist für Ira also kein Ende in Sicht.

Tunnelspiel

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