Warum ist finanzielle Unabhängigkeit für Frauen so wichtig?
Helma Sick / Renate Fritz: Eine Beziehung auf Augenhöhe gibt es nicht, wenn die Partnerin finanziell abhängig ist. Es ist außerdem eine enorme Entlastung für Männer, wenn für das Familieneinkommen BEIDE verantwortlich sind. In Zeiten von Arbeitslosigkeit und schwerer Krankheit ist das geradezu existenziell notwendig.
Dazu kommt: In Großstädten wird jede zweite Ehe geschieden, flächendeckend ist es jede dritte Ehe. Auch das reformierte Unterhaltsrecht fordert mehr Eigenverantwortung: Beide Partner sollten berufstätig sein und dafür sorgen, im Falle einer Scheidung nicht mittellos dazustehen. Nachehelichen Unterhalt gibt es in der Regel nur noch, wenn Kinder unter drei Jahren zu versorgen sind.
Warum müssen Sie heute noch darauf hinweisen, dass ein Mann keine Altersvorsorge ist?
Helma Sick / Renate Fritz: Weil seit einigen Jahren wieder ein Rückschritt zu verzeichnen ist. Es gibt wieder vermehrt junge, gut ausgebildete Frauen, die nach einem erfolgreichen Berufsstart aus der Elternzeit nur teilweise oder gar nicht in den Beruf zurückkehren. Mit den bekannten Folgen: Sie haben kein eigenes Einkommen, können kein Vermögen bilden, zahlen nicht in die gesetzliche Rente ein. Sie sind und bleiben also abhängig von ihrem Partner. Scheitert die Ehe, kann ihnen Altersarmut drohen.
Frauen übernehmen oft die Care-Arbeit, ohne die finanziellen Folgen zu berücksichtigen. Was empfehlen Sie jungen Frauen, die sich ganz bewusst für Teilzeit entscheiden?
Helma Sick / Renate Fritz: Frauen können alles machen, wenn Ihnen die Folgen bewusst sind und sie entsprechend vorsorgen. Teilzeit ist vorübergehend sinnvoll, solange die Kinder noch klein sind. Wird diese dann aber ausgedehnt, bis die Kinder 16 oder 17 Jahre sind, oder wird sie gar nicht mehr zurückgenommen, dann geht das massiv zulasten der Rente. Eine Frau, die heute noch so ein traditionelles Ehemodell wählt, sollte sich unbedingt über einen Ehevertrag absichern. In so einem Vertrag muss zum Beispiel geregelt sein, wie lange sie Unterhalt bekommt, falls die Ehe nicht hält. Und es muss festgelegt werden, wie die Altersversorgung gesichert wird. Sie hat ja kaum Rentenansprüche erworben.
Und was empfehlen Sie Frauen, die erst in der Lebensmitte anfangen über Absicherung im Alter nachzudenken?
Helma Sick / Renate Fritz: Besser spät als nie! In jedem Lebensalter kann man die spätere Rente noch aufbessern. Allerdings muss dann deutlich mehr Geld investiert werden als in jungen Jahren, weil ja nicht mehr so viel Zeit bis zum Ruhestand ist. Interessant ist es, wenn ein größerer Betrag zur Verfügung steht, der investiert werden kann – zum Beispiel aus einer Erbschaft, Scheidung oder Abfindung. Wird dieser in eine private Rentenversicherung investiert, kann damit eine zusätzliche monatliche Rente erreicht werden, die lebenslang gezahlt wird. Außerdem sind natürlich Fonds immer interessant, die es in so vielen Varianten gibt, dass so gut wie jeder Wunsch erfüllt werden kann.
In den sozialen Medien entsteht manchmal der Eindruck, dass es kinderleicht ist, Geld beispielsweise in Aktien anzulegen. Gerade ETFs sind sehr beliebt. Was sagen Sie dazu?
Helma Sick / Renate Fritz: Bei unspezifischen Anlagetipps muss man vorsichtig sein und, wie bei allem, was im Netz kursiert, auf die Quelle achten. Oft haben die Tippgeber noch nie eine echte Kundin aus Fleisch und Blut persönlich beraten.
Eine Geldanlage sollte ja immer mehrere Aspekte bedienen: Die Anlage sollte die beabsichtigte Anlagedauer und die Risikotragfähigkeit widerspiegeln und gut zu pflegen und zu handhaben sein, hauptsächlich aber vom Inhalt her zur Anlegerin passen.
Es ist sehr simpel in ETFs anzulegen, aber nur weil was leicht ist, muss es noch lange nicht das richtige Produkt sein. Nicht jede Anlegerin will unspezifisch einfach einen Index kaufen, oder kommt mit den oft enormen Schwankungen von ETFs zurecht.
Bei Aktien warne ich ebenso: Privatanlegerinnen haben meist nicht die Zeit, ein breit gestreutes Aktienportfolio im Auge zu behalten, oft fehlt auch das Geld, mit Einzelaktien eine ausreichende Streuung zu erreichen. Also Vorsicht!
Es gibt viele, sehr gute gemanagte Fonds, bei denen ein Team die Titelauswahl, die Gewichtung der einzelnen Titel (Einzelaktien oder -anleihen) und die laufende Justierung nach einem bestimmten Anlageziel vornimmt. Hier findet jede Anlegerin das Passende. Durch das aktive und engmaschige Management der Fonds ist das Geld der Anlegerinnen gerade in unruhigen Märkten mit aktiv gemanagten Fonds meist besser investiert als in einfachen ETFs.