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Fünf Fragen an Charlotte Link über ihren neuen Krimi »Die Entscheidung«

Interview

1. In Ihrem neuen Krimi Die Entscheidung verlassen Sie den Schauplatz England, wo die meisten ihrer Krimis spielen, und verlagern die Handlung nach Frankreich – warum?
Ich halte mich oft in Frankreich auf, an der Mittelmeerküste, wo auch das neue Buch spielt. Ich kenne mich gut aus und habe nach fast zwanzig Jahren sehr heimatliche und vertraute Gefühle für diese Gegend. Insofern macht es Sinn, dort immer wieder einmal ein Buch anzusiedeln; Die Entscheidung ist der dritte Roman von mir, der dort spielt. Wobei es mir diesmal wichtig war, nicht die Provence zu schildern, wie wir sie aus Urlaubsprospekten oder von Postkarten kennen, mit strahlend blauem Himmel, ebenso blauem Meer und noch blaueren Lavendelfeldern ...
Die Provence kann auch verregnet und trostlos sein, neblig und ohne Licht, ohne Farben. Sie hat dann eine eher düstere, manchmal bedrückende Ausstrahlung, die kaum noch etwas mit unseren Klischeevorstellungen zu tun hat. Diese Provence zu beschreiben hat mich gereizt.

2. Die Handlung spielt wenige Wochen nach den verheerenden Terror-Anschlägen in Paris im November letzten Jahres – dieser aktuelle Bezug ist eher ungewöhnlich für Ihre Bücher, warum ist es diesmal anders?
Aktuelle Bezüge habe ich auch in früheren Büchern hergestellt, sofern sie auf irgendeine Weise mit der Handlung im Zusammenhang standen oder für sie erheblich waren. Im vorliegenden Fall ging es mir um die atmosphärische Authentizität: Ich war nach den Terroranschlägen in Frankreich, und es herrschte eine veränderte Stimmung. Jeder sprach über das, was geschehen war, ob morgens beim Bäcker oder Nachmittags im Café, das Thema war immer präsent. Schmerz und Wut waren spürbar. Man hätte über das Frankreich dieser Wochen einfach nicht schreiben können, ohne das besondere, fast gespenstische Lebensgefühl dieser Zeit zu schildern.

3. Oft sind es die zwischenmenschlichen, familiären Abgründe, die in ihren Romanen ein Verbrechen auslösen. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine kriminelle Mädchenhändlerorganisation in Ihr neues Buch einzubauen?
Ich sage ja immer, dass ich meinen Themen begegne, dass ich sie auf mich zukommen lasse. Und es war seltsamerweise im letzten Jahr so, dass mir das Thema "Menschenhandel" gleich zweimal kurz hintereinander begegnete. Einmal, als ich wegen eines Tierschutzprojektes in Sofia, Bulgarien, war und mit Einheimischen sprach, die in ihrem Umfeld gerade einen solchen Fall erlebt hatten und sehr aufgeregt und verstört davon berichteten. Kurz darauf hatte ich ein Gespräch mit dem deutschen Theaterregisseur Clemens Bechtel, der eines meiner Bücher für die Theaterbühne umsetzte. Er erzählte von seinem nächsten Projekt, das sich ebenfalls mit dem Problem des Menschenhandels beschäftigte, und berichtete von den aufwühlenden Erkenntnissen seiner Recherchearbeiten. Dadurch wurde ich erneut mit dieser Thematik konfrontiert. Ich fing an, mich innerlich immer mehr damit zu beschäftigen, mich sozusagen fest zu beißen. Und das führte dann zu diesem Buch.

4. Die Protagonisten Ihrer Krimis sind oft Menschen wie Du und ich, Figuren des Alltags, die unvermittelt in ein Verbrechen hineingezogen werden … was reizt Sie an dieser Konstellation?
Mich reizt dieses unvorbereitete Aufeinandertreffen von - zumindest scheinbarer - Normalität und schockierender Ausnahmesituation - denn das ist ja die Begegnung mit einem Verbrechen: Ein unwirkliches, verstörendes, meist traumatisierendes Abweichen von allem, was vertraut und halbwegs berechenbar ist. Ob man es als Opfer erlebt, als Augenzeuge oder als Täter, der unter Umständen nicht von kriminellen Ideen getrieben wurde, sondern in den Sog unglücklicher Verkettungen geriet. Die Fassade, die jeder von uns um sich errichtet, bricht in Momenten solch extremer Herausforderungen entweder zusammen oder erhält zumindest deutliche Risse, und es ist spannend, Menschen zu beschreiben, die des Schutzes ihres normalen Alltags beraubt sind. Und es fasziniert mich, wenn ich im Laufe der Handlung herausfinde, dass es vielleicht aufgrund der Vorgeschichte der Figuren gar kein Zufall war: Dass sie Täter wurden oder Opfer, oder dass sie in irgendeiner Weise Teil des Geschehens sein mussten.

5. Wenn man Ihren neuen Krimi liest, hat man den Eindruck, Sie haben in Ihrer Gangart an Härte zugelegt. Wie schaffen Sie es, jedes Mal wieder an Tempo und Spannung zuzulegen?
Ich habe kein Rezept, und ich folge auch nicht irgendeiner bestimmten Strategie. Mir ist es wichtig, meine Leser zu fesseln, aber ich muss beim Schreiben auch selbst Spannung empfinden, jedesmal das Gefühl haben, etwas Neues zu machen. Immer demselben Muster zu folgen würde mich langweilen, und dann würde die Geschichte am Ende nicht funktionieren. Wenn das bedeutet, dass ich an "Tempo und Spannung zulege" - umso besser! :-)

Die Entscheidung

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