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"Das glücklichste Baby der Welt - Schlafbuch" von Harvey Karp

Auszug aus "Das glücklichste Baby der Welt - Schlafbuch"

Seiten 234-245: »Schlaftraining«

»Schlaftraining«
Nehmen wir an, Sie haben jeden in diesem und dem vorherigen Kapitel empfohlenen Trick angewendet, und nichts funktioniert. Das ist selten, aber es kommt vor. Und es liegt nicht daran, dass Sie schlechte Eltern sind! Es gibt eine Handvoll Babys, die so temperamentvoll
und willensstark sind, dass sie einfach nicht nachgeben.
In diesem Fall empfehlen die meisten Experten ein sogenanntes »Schlaftraining« (was letztlich nur eine beschönigende Bezeichnung für das Schreien lassen ist).
Ich gebe zwar zu, dass es gelegentlich nötig sein kann, ein Baby schreien zu lassen, aber das sollte auf keinen Fall der Hauptansatz sein.

Bevor Sie das sogenannte »Schlaftraining« anwenden, sollten Sie alle in den beiden vorherigen Kapiteln genannten Schritte angewendet haben, um Ihr Baby dazu zu bewegen, besser ein- und durchzuschlafen. Sie sollten sicher sein, dass Ihr Kind nicht
durch emotionale Traumata (Ängste, große Veränderungen im Leben, wie beispielsweise einen Umzug oder eine neue Betreuungsperson, Streit in der Familie und so weiter) belastet ist.
Wenn all das sichergestellt ist, können Sie ein – korrekt angewendetes – »Schlaftraining« erwägen.

Drei Methoden des »Schlaftrainings« für Babys

In den letzten 20 Jahren haben Experten drei Strategien für das Schlaftraining bei Babys mit hartnäckigen Schlafproblemen entwickelt:

●● Kalter Entzug (Extinktion)

●● Immer länger (Abgestufte Extinktion)

●● Hochnehmen/Hinlegen (Ausklingen lassen)

Hier ein kurzer Überblick über die drei Methoden, einschließlich meiner Empfehlungen zur Wahl der richtigen Methode.


Kalter Entzug

Bei dieser Methode legen Sie Ihr Baby ins Bett, sagen »Gute Nacht«, gehen aus dem Zimmer und ignorieren sein Schreien bis zum nächsten Morgen. Experten, die diese Vorgehensweise befürworten, sind der Meinung, dass man Babys schreien lassen muss, um sie nicht zu verwöhnen. Aber es gibt vieles, was gegen diese Methode spricht:

●● Wenn Ihr Baby erbricht oder sich verletzt, merken Sie es erst am nächsten Morgen.

●● Durch Ihr Fernbleiben fühlt sich Ihr Kind verlassen und verunsichert.

●● Ein Kind mit einem sensiblen oder ängstlichen Gemüt oder ein Kind, das mit Stressfaktoren umgehen muss, kann dadurch traumatisiert werden.

●● Manche verstörten, sensiblen Kinder können sich ohne ein wenig liebevolle Zuwendung nicht beruhigen.

●● Es ist ein Ausdruck von tiefer Missachtung, die Hilfeschreie eines geliebten Menschen zu ignorieren.

●● Eltern fühlen sich dabei schrecklich (besorgt, schuldig, frustriert und unfähig). Studien haben gezeigt, dass dieser Ansatz funktionieren kann, aber es kommt mir falsch vor, den ganzen Tag lang das Selbstvertrauen eines Kindes aufzubauen, indem man es lehrt, dass Mama und Papa ihm helfen, um nach Sonnenuntergang alles wieder über den Haufen zu werfen.


Immer länger

Dabei handelt es sich um eine in dem Klassiker Schlaf, Kindlein, Schlaf von Dr. Richard Ferber beschriebene sanftere, abgestuftere Variante des »Schreienlassens«. Wenn Sie diese Methode in Erwägung ziehen, sollten Sie sich zunächst fragen, was für ein Temperament Ihr Kind hat.
Ist es hartnäckig, willensstark und temperamentvoll? Falls ja, müssen Sie darauf gefasst sein, dass es dagegen ankämpfen und eine Stunde oder länger schreien wird.
Ist es schüchtern, sensibel, vorsichtig? Dann braucht es häufigere (wenn auch kurze) Zuwendung, um nicht das Gefühl zu haben, vergessen worden zu sein.
Und wenn es sehr sensibel ist oder in letzter Zeit traumatischen Erfahrungen, Ängsten oder größeren Veränderungen im seinem Leben ausgesetzt war, würde ich von dieser Vorgehensweise abraten und die nachfolgende Methode (Hochnehmen/ Hinlegen) empfehlen. Falls Sie sich für diesen Ansatz entscheiden, tun Sie nach dem vollständigen Zubettgehritual Folgendes:

●● Legen Sie Ihr Baby ins Bett, schalten das weiße Rauschen ein, sagen »Gute Nacht« und verlassen das Zimmer.

●● Wenn Ihr Kind drei Minuten lang geschrien hat, öffnen Sie die Tür wieder. (Lassen Sie das Licht im Flur ausgeschaltet und nur ein Nachtlicht im Kinderzimmer an.)

●● Stecken Sie den Kopf zur Tür hinein (nur ein paar Sekunden lang, um sicherzugehen, dass Ihr Baby sich nicht verletzt oder erbrochen hat), sagen Sie etwas wie »Gute Nacht, mein Schatz, träum was Suses«, und ziehen Sie sich wieder zurück.

Wenn Ihr Baby weiterhin schreit, schauen Sie fünf Minuten später erneut kurz nach ihm. Schreit es weiter, wiederholen Sie den Vorgang nach zehn Minuten – und dann nach 15 Minuten. (Deshalb heißt diese Methode »Immer länger«.)

Vielleicht befürchten Sie, dass Ihr Baby noch mehr weint, wenn es Ihr Gesicht in der Tür sieht. Doch das Ziel dieser Methode besteht darin, Ihrem Kind zu zeigen, dass Sie es lieben und seine Gefühle ernst nehmen, aber die klare Entscheidung getroffen haben, nicht zu ihm ans Bett zu gehen und seiner unvernünftigen Forderung nachzugeben.
Widerstehen Sie der Versuchung, länger zu bleiben. Die meisten Babys (wenngleich nicht alle) weinen noch mehr, wenn man sich ihnen nähert und noch mehr mit ihnen spricht. Denn erstens ist es frustrierend (als ob man einem hungrigen Kind eine Tüte mit Kartoffelchips vor die Nase halten und ihm dann nur einen Chip geben wurde) und zweitens fühlen sie sich an der Nase herumgeführt (man weckt bei ihnen die Hoffnung, dass ihr Schreien zum Erfolg führt, und macht diese dann wieder zunichte, wenn man das Zimmer verlässt).
Stellen Sie sich darauf ein, dass der erste Abend hart wird, und wappnen Sie sich dagegen. Und wenn Ihr Baby mitten in der Nacht aufwacht, müssen Sie den Vorgang wiederholen.
Die zweite Nacht ist meistens genauso schlimm oder sogar noch schlimmer, aber in der dritten Nacht ist es dann schon viel besser. Und ab der vierten Nacht schlafen die meisten Babys schnell ein und bis zum Morgen durch. (Hinweis: Es ist auch möglich, dass Ihr Baby in der dritten oder vierten Nacht wieder darauf zurückfällt, eine Stunde lang zu schreien. Das kann passieren, wenn es krank oder besonders willensstark ist oder Sie kein konsequentes Verhalten zeigen – zu viel reden, zu nahe ans Bettchen gehen oder zu lang bleiben. Wenn das der Fall ist: Geben Sie nicht auf. Halten Sie sich an die obigen Anweisungen und prüfen jeweils nur kurz, ob mit Ihrem Baby alles in Ordnung ist.)
Wenden Sie »Immer länger« nicht für den Mittagsschlaf an. Diese Schlafphasen sind so kurz, dass verstörte Babys manchmal die ganze Zeit schreien und am Ende für den Rest des Tages unruhig sind. Glücklicherweise schlafen Kinder auch tagsüber besser, wenn der Nachtschlaf erst einmal in geordneten Bahnen verläuft. Also wenden Sie einfach weiter Ihren flexiblen Zeitplan für den Tagschlaf an und setzen Sie Schmusegegenstande und weises Rauschen ein.
Hier noch ein paar weitere Empfehlungen:

●● Sie und Ihr Partner müssen an einem Strang ziehen.

●● Verabschieden Sie sich von der Vorstellung, dass Sie schlechte Eltern seien, wenn Sie Ihr Baby schreien lassen. Wenn Sie ein wunderbares Zubettgehritual angewendet und die richtigen Schlafreize angeboten haben und Ihr Baby immer noch nicht schläft, kann sanftes Schlaftraining alle Beteiligten zufriedener stellen.

●● Fangen Sie mit dem Schlaftraining an einem Wochenende oder vor einem Urlaubstag an, damit Sie sich am nächsten Tag ausruhen können.

●● Wenn Ihr Baby hartnäckig, widerspenstig, unabhängig und willensstark ist, müssen Sie damit rechnen, dass das Schreien am ersten Abend 30 bis 60 Minuten (oder länger) dauert!

●● Wenn Ihr Baby das Zimmer mit einem älteren Geschwisterkind teilt, lassen Sie das ältere Kind bei Ihnen oder im Wohnzimmer schlafen, bis das Training abgeschlossen ist. Und setzen Sie bei dem älteren Kind weißes Rauschen ein, damit es das Schreien nicht hört.

●● Wenn Sie nur ein Schlafzimmer haben, lassen Sie das Baby dort schlafen und schlafen selbst im Wohnzimmer, bis das Training abgeschlossen ist.

●● Warnen Sie die Nachbarn vor, damit sie sich keine Sorgen machen.

●● Da Sie Ihr Baby nicht so oft wickeln werden, cremen Sie seinen Po dick ein, damit es nicht wund wird.

●● Manche Arten von Schmerz sind im Liegen schlimmer. Wenn Sie glauben, dass Ihr Baby Zahnungsschmerzen haben könnte, fragen Sie den Kinderarzt, ob es in Ordnung ist, Ihrem Kind eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen ein leichtes Schmerzmittel zu geben. Hinweis: Wenn Sie nach 30 Minuten Schreien das Gefühl haben, es nicht länger aushalten zu können und zu Ihrem Schatz eilen zu müssen, dann tun Sie das! Folgen Sie immer Ihrem Instinkt. Doch bedenken Sie auch, dass Sie Ihrem Baby durch inkonsequentes Verhalten suggerieren, dass es durch Schreien das bekommt, was es will.


Hochnehmen/Hinlegen – die tränenfreie Lösung

Um diese sanfte Methode korrekt anzuwenden, gehen Sie auf das Weinen des Babys ein und nehmen es, falls nötig, aus dem Bett. Im Verlauf mehrerer Abende reagieren Sie allmählich immer weniger, bis Sie am Ende schweigend in einiger Entfernung vom Kinderbett sitzen, während Ihr Baby einschläft.
Die Methode Hochnehmen/Hinlegen (auch »Ausklingen lassen« genannt) empfehle ich Eltern, die jegliche Tränen zur Schlafenszeit vermeiden wollen. Sie nimmt zwar mehr Zeit in Anspruch (30 bis 60 Minuten pro Abend und insgesamt vier bis 14 Tage), kann aber sehr wirkungsvoll und weniger traumatisch sein. Sie empfiehlt sich besonders bei Babys, die zum fraglichen Zeitpunkt viele Veränderungen erleben oder sehr ängstlich sind.
Und so funktioniert die Methode:

●● Legen Sie Ihr Baby ins Bett (und wecken Sie es kurz auf, falls es schon geschlafen hat).

●● Wenn es weint, nehmen Sie es hoch und trösten Sie es. Bestätigen Sie mit ruhiger Stimme seine Gefühle: »Ich weiß, ich weiß, mein Schatz. Einschlafen ist schwer, hm?«

●● Sobald es sich beruhigt hat, legen Sie es wieder hin.

●● Wenn es weint, nehmen Sie es wieder hoch … und das wiederholen Sie, so oft es nötig ist.

●● Setzen Sie so wenig wie möglich Wiegen, Tätscheln, Reden oder Füttern ein, um seine Abhängigkeit von diesen anspruchsvolleren Reizen zu verringern.

Diese Vorgehensweise erfordert sehr viel Geduld. In den ersten Nächten müssen Sie Ihr Baby vielleicht 50 Mal hochnehmen und wieder ablegen.
Setzen Sie – wie immer für den Tag- und Nachtschlaf – weises Rauschen ein und bieten Sie Ihrem Kind einen Schmusegegenstand an. Planen Sie dieses Training für eine Nacht ein, nach der Sie ausschlafen können. Seien Sie sich auch darüber im Klaren, dass Hochnehmen/ Hinlegen unter folgenden Umstanden nicht besonders gut funktioniert:

●● Sie bieten bei jedem Hochnehmen eine zu große Belohnung an (Reden, Spielen, Stillen).

●● Ihr Baby hat ein hartnäckiges, entschlossenes Temperament und gibt nicht nach. (Dann müssen Sie eventuell auf die Methode »Immer länger« zurückgreifen.)

Bei den Methoden Kalter Entzug und Immer länger legen Sie die Schlafenszeit fest. Doch wenn Sie die Methode Hochnehmen/ Hinlegen anwenden, beginnen Sie mit dem Ritual zur normalen Schlafenszeit Ihres Babys und ziehen es jede zweite Nacht um 15 Minuten vor, bis Sie es da haben, wo Sie wollen.


Schlaftraining, wenn Ihr Baby im selben Zimmer schläft

Es ist möglich, mit einem Baby, das im selben Zimmer wie Sie schläft, ein Schlaftraining durchzuführen – aber es ist schwierig.
Wenn Ihr Baby Sie sehen kann, wird es natürlich immer wieder versuchen, Sie dazu zu bewegen, es hoch zu nehmen. Deshalb empfehle ich, dass Sie und Ihr Partner nach Möglichkeit im Wohnzimmer schlafen und Ihr Kind im Schlafzimmer lassen. Oder wenden Sie die Methode Hochnehmen/Hinlegen an. Doch wenn Sie keine andere Wahl haben, hier ein paar Tipps für das Schlaftraining im selben Zimmer:

●● Hängen Sie ein Laken auf, damit Ihr Baby Sie nicht sehen kann.

●● Bemühen Sie sich, Ihrem Kind einen Schmusegegenstand schmackhaft zu machen.


Wenn Ihr Baby während des Schlaftrainings erbricht?

Manche Babys weinen so heftig, dass sich ihre Magenmuskulatur verkrampft und versehentlich den gesamten Mageninhalt ausstößt.
Natürlich fühlt man sich schuldig, wenn das passiert. Und wir wollen unsere Babys sofort sauber machen und trösten, bevor wir sie wieder hinlegen.
Aber die Sache ist problematisch, denn wenn Sie zu viel innige Zuwendung geben, nachdem Ihr Baby erbrochen hat, lernt es möglicherweise, dass Erbrechen eine gute Methode ist, um zu bekommen, was es will.
Was sollten Sie also tun, wenn Ihr Baby während des Schlaftrainings erbricht?
Machen Sie es sauber, möglichst ohne viel zu reden oder mit ihm zu kuscheln. Prüfen Sie, ob es krank ist, wechseln Sie sein Bettlaken und seinen Schlafanzug und legen Sie es wieder hin. Dann sagen Sie »Gute Nacht« und beginnen das Ritual von neuem.
Wenn Sie mehr als das tun, besteht das Risiko, dass aus dem Erbrechen eine Gewohnheit wird.

●● Setzen Sie weißes Rauschen ein, damit Ihr Baby Sie nicht atmen, reden oder schnarchen hört (und sein Weinen für Sie weniger schwer zu ertragen ist).

●● Fangen Sie mit dem Schlaftraining tagsüber an. Auf diese Weise reagiert Ihr Kind dann wahrscheinlich schneller, wenn Sie das neue System auch abends anwenden.


Alles wieder von vorn: Babys nach einem Rückfall helfen

Erschrecken Sie nicht, wenn Sie mit dem Schlaftraining wieder von vorn anfangen müssen, nachdem Ihr Baby schon zwei Monate gut geschlafen hatte. Babys können aus den verschiedensten Gründen wieder in alte Schlafmuster zurückfallen: Krankheit, Reisen (andere Zeitzonen), beängstigende Erfahrungen oder größere Veränderungen im Leben.
Glücklicherweise kann sich diese Art von Rückschlag innerhalb weniger Tage von selbst korrigieren. Wenn dies aber nicht der Fall ist, kehren Sie zu den einzelnen Trainingsschritten zurück. Es wird von Mal zu Mal einfacher.