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Die Katz-Westin-Serie von Carl-Johan Vallgren

Zum Inhalt

Stockholm 1970

Ein warmer Freitag im Juni.
Ein Vater ist mit seinen beiden Söhnen auf dem Weg zur U-Bahn – der ältere Junge ist sieben Jahre alt, der jüngere liegt noch im Kinderwagen. In seiner Eile will der Vater mit dem Aufzug fahren, der Siebenjährige besteht jedoch darauf, die Treppe zu nehmen. Eine hilfsbereite Frau kommt hinzu und bietet an, den Jungen die Treppe hinaufzubegleiten und am Bahnsteig auf den Vater zu warten. Im Aufzug macht sich der Vater Vorwürfe, weil er seinen Sohn einer völlig Fremden anvertraut hat. Als der Lift anhält, stürmt er auf den verlassenen Bahnsteig. Keine Spur von seinem Sohn oder der Frau. Er kann nur noch einer davonfahrenden U-Bahn hinterhersehen.

Stockholm 2012

Danny Katz ist Inhaber eines kleinen Übersetzungsbüros. Eines Tages erhält er einen Anruf von Angela Klingberg, der Frau von Joel, einem Freund aus alten Tagen. Angela erzählt ihm, dass Joel spurlos verschwunden ist. Katz soll herausfinden, was mit ihm passiert ist. Angeblich war Katz die Person, der Joel am meisten vertraut hat – was Katz überrascht, da er Joel seit der Dolmetscherschule nicht mehr gesehen hat. Die Polizei hat den Fall aufgegeben, weil kein Beweis gefunden wurde, dass es sich bei Joels Verschwinden um ein Verbrechen handelt. Klingberg scheint aus freien Stücken untergetaucht zu sein. Katz weigert sich zunächst, doch er kann es sich schon aus finanziellen Gründen nicht leisten, ihr Angebot abzulehnen. Angela zeigt ihm zwei mysteriöse Stoffstücke, die ein unbekannter Absender ihrem Mann kurz vor seinem Verschwinden zugeschickt hat.

Katz’ Nachforschungen führen zur Familiengeschichte der reichen und mächtigen Klingbergs. In einer versteckten Datei auf Joels Computer findet Katz Fotografien, die in den Fünfzigerjahren in der Karibik aufgenommen wurden und eine geheimnisvolle dunkelhäutige Frau zeigen: Marie Benoit.

Danny Katz selbst hat eine bewegte Vergangenheit: Mit vierzehn verliert er seine Eltern und kommt in ein Waisenhaus. Er tut sich mit anderen kriminellen Vorstadtjugendlichen zusammen, begeht Verbrechen und nimmt Drogen. Zudem hat er ein aufbrausendes Temperament und neigt zu plötzlichen Wutausbrüchen und zur Gewalt. Mit sechzehn kommt er nach einem Vorfall in eine Jugendvollzugsanstalt, wo er seine kriminelle Vergangenheit hinter sich zu lassen versucht. Im Gefängnis entdeckt er sein Talent für Sprachen und Computertechnik. Er geht als Dolmetscher zum Militär, wo er auch Joel Klingberg kennenlernt, den Spross eines einflussreichen weltweit agierenden Familienimperiums. Doch über der Familie liegt ein Schatten – Joels älterer Bruder wurde als kleiner Junge entführt und nie gefunden. Als Joel vierzehn Jahre alt war, nahmen sich seine Eltern auf spektakuläre Weise das Leben.

Nach seinem Abschluss arbeitet Katz in verschiedenen europäischen Botschaften für den schwedischen Geheimdienst. Als sein Vertrag nach Ende des Kalten Krieges nicht verlängert wird, besorgt ihm sein alter Mentor Rickard Julin einen Job in Berlin, wo Katz erneut drogensüchtig und obdachlos wird. Erneut hilft ihm Julin, wieder auf die Füße zu kommen und sich als Übersetzer zu verdingen.

Bei seinen Recherchen stößt Katz auf einen mysteriösen Mann, der am Tag von Joels Verschwinden in einem Parkhaus mit Klingbergs Auto gesehen wurde. Katz fragt sich, ob Joels Verschwinden in Zusammenhang mit der Entführung seines Bruders vor vielen Jahren steht. Wurde der Selbstmord seiner Eltern überhaupt eingehend untersucht? Katz befürchtet, dass Joel etwas Schreckliches zugestoßen sein könnte.

Angela schlägt vor, sich in ihrer Wohnung zu treffen, um die Ermittlungen zu besprechen. Doch als Katz dort eintrifft, steht die Tür sperrangelweit offen, in der Wohnung findet er die Leiche der erdrosselten Angela vor. Ein Messer steckt in ihrer Brust, um ihren Hals finden sich grässliche Bisswunden … einen Augenblick später hört Katz Polizeisirenen. Jemand will ihm den Mord unterjubeln. Katz flieht über einen Balkon in ein Nachbargebäude.

Parallel ermittelt Staatsanwältin Eva Westin bei den Klingbergs, da ein entlassener Buchhalter der Familie die Finanzbehörden über eine große Geldsumme informiert hat, die erst kürzlich von einer Tochtergesellschaft der Firma auf ein Konto in der Karibik transferiert wurde. Als sie von dem Mord an Angela Klingberg und den Namen des Hauptverdächtigen erfährt, schrillen bei Eva die Alarmglocken, denn Katz war ihr Ex-Freund. Sie zweifelt an seiner Schuld und hilft ihm, sich vor der Polizei zu verstecken. Gemeinsam versuchen sie Licht ins Dunkel zu bringen. Ihre Spur führt sie um die halbe Welt bis in die Dominikanische Republik. Dort wurde einst der Grundstein des Klingberg-Vermögens gelegt – an einem Ort, der von Kolonialismus, Sklavenhandel, düsteren Kulten und Gewalt geprägt ist. In diesem Herzen der Finsternis, an dem selbst der Tod nicht das Ende bedeuten muss, kommt es inmitten eines tosenden Hurrikans zum dramatischen Finale.

Schattenjunge ist der erste Band einer auf mehrere Romane angelegten Thrillerserie um Danny Katz und Eva Westin.

Carl-Johan Vallgren über die Entstehung von »Schattenjunge«

Die freundliche Dame

An einem Sommernachmittag vor einigen Jahren kam ich mit meinem damals dreijährigen Sohn und meiner sechsjährigen Tochter an die U-Bahn-Haltestelle Kristineberg im Westen Stockholms. Mein Sohn saß im Kinderwagen, die Tochter ging nebenher. Ich hatte die beiden eben von der Tagesstätte abgeholt – nach einer langen Kindergartenwoche waren sie quengelig und erschöpft. Ich erinnere mich noch, dass ich gestresst war, weil ich sie etwas zu spät abgeholt hatte.

Als wir die Sperren in der Eingangshalle passiert hatten, wollte meine Tochter plötzlich die Treppe zum Bahnsteig hinauf nehmen (die U-Bahn fährt hier überirdisch). Doch da ich den Kinderwagen dabei hatte, fand ich es besser, mit dem Fahrstuhl zu fahren. Aber sie jammerte, wollte unbedingt allein gehen.
Die U-Bahn-Station Kristineberg ist sehr klein und liegt in einer ruhigen Gegend. Alles ist gut überschaubar, und an jenem Nachmittag waren dort nicht einmal viele Menschen unterwegs. Ich konnte den gläsernen Windfang sehen, der die Treppe oben zum Bahnsteig hin abschließt. Meine Tochter quengelte weiter, während ich auf den Fahrstuhlknopf drückte.

Gerade als sich die Fahrstuhltüren öffneten, tauchte plötzlich eine freundliche Dame mittleren Alters auf. Offensichtlich hatte sie unser Gespräch mit angehört.

»Du kannst mit mir raufgehen«, sagte sie an meine Tochter gewandt, »dann warten wir gemeinsam oben, bis der Papa und dein kleiner Bruder mit dem Fahrstuhl ankommen.«

Sie drehte sich zu mir und lächelte freundlich: eine hilfsbereite Frau, die einem gestressten Vater von zwei kleinen Kindern einen Dienst erweisen wollte. Einen Moment lang erwog ich, das Angebot anzunehmen, doch nur eine Sekunde, dann übernahm der Instinkt.

Keine große Sache, könnte man meinen, die Tochter fuhr unter Protest mit mir im Fahrstuhl, die Frau winkte fröhlich zum Abschied, doch war eine Gedankenkette in Bewegung gesetzt – was hätte geschehen können, wenn ich Ja gesagt hätte?

Noch ehe wir an jenem Nachmittag zu Hause ankamen, hatte ich schon alle denkbaren Katastrophenszenarien durchgespielt, am schlimmsten war natürlich die Vorstellung, dass die Frau mit meiner Tochter hätte in eine U-Bahn steigen und verschwinden können.

So wurde das erste Kapitel dieses Romans geboren: durch ein Worst-Case-Szenario epischen Ausmaßes. Die Vorstellung war einfach zu grausam, um NICHT in einem Roman benutzt zu werden, und natürlich, das wurde mir dann klar, eignete sie sich am allerbesten für einen Thriller.

Daraufhin ging die Schriftstellerfantasie mit mir durch. Ich verlegte die Handlung ins Jahr 1970, erfand einen Vater mit zwei kleinen Söhnen und ließ das Schlimmste eintreffen. Ehe ich mich’s versah, befand ich mich mitten in einer Ermittlung, die sich bis in die Gegenwart erstreckte. Wer steckte hinter der Sache, wie hatte etwas so Schreckliches geschehen können, was war der Hintergrund dafür, und welche Konsequenzen hatte das Ereignis? Ganz schlicht ein Kriminalrätsel, das ich, um meinen Seelenfrieden wiederzuerlangen, einfach lösen musste.

Carl-Johan Vallgren