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11 Freunde: »Die 100 besten Spiele aller Zeiten«

Das Spiel ihres Lebens

Wenn es in Deutschland eine Institution gibt, auf die man hört, wenn es um Fußball geht, dann ist es die Zeitschrift 11Freunde. Hier sind Fans am Werk, die mit Feuer bei der Arbeit sind, die intelligent sind, kritisch, originell, kompetent. Und wenn die beiden Chefredakteure Philipp Köster und Tim Jürgens sich der Aufgabe stellen, ihre 100 besten Spiele auszuwählen und diese auf ihre höchsteigene Art zu kommentieren, dann ist das ein Hochgenuss für jeden echten Fußballfreund.

Das Spiel, das mein Leben veränderte – Deutschland – Argentinien 4:2 (n.E., 1:1 n.V.) | WM-Viertelfinale, Fr. 30.06.2006

von Philipp Köster

Der Schrei war bis zur Siegessäule zu hören. Der Schrei der Siebzigtausend im Berliner Olympiastadion, die gesehen hatten, wie der Argentinier Esteban Cambiasso, ein schmaler Mann mit schütterem Haar, zum Elfmeterpunkt geschritten war, sich dort den Ball zurechtgelegt, einige Schritte Anlauf genommen und den Ball platziert in die rechte Torecke geschossen hatte. Sie hatten aber auch gesehen, wie der deutsche Nationalkeeper Jens Lehmann die richtige Ecke geahnt und den Ball mit den Fingerspitzen abgewehrt hatte. Und dann gellte jener Schrei durchs Stadion, der vom Ende des dramatischen WM-Viertelfinales zwischen Deutschland und Argentinien kündete. 1:1 hatte es nach der Verlängerung gestanden, nun zeigten die Anzeigentafeln das Endergebnis: 4:2 für Deutschland nach Elfmeterschießen. Auf dem Rasen tanzte die Mannschaft, auf den Rängen jubelten euphorisch die Massen, selbst auf der Journalistentribüne hatte es bei Cambiassos Fehlschuss den einen oder anderen unparteiischen Beobachter vom Schalensitz gerissen – unter anderem mich. Was alle begriffen, die an diesem Abend im Berliner Olympiastadion dabei waren: dass hier eine neue Fußballzeit angebrochen war. Erstmals nach vielen deprimierenden Jahren hatte die deutsche Nationalelf wieder eine der großen Fußballnationen niedergerungen, und sie hatte das obendrein spielerisch zustande gebracht – ohne den Brechstangenfußball vergangener Tage. Jürgen Klinsmann hatte der Truppe pünktlich zu Beginn des Turniers im eigenen Lande den Mut zum Kombinationsfußball eingehaucht. Und seit dem letztminütigen Vorrundensieg über Polen schwebte die Mannschaft durchs Turnier. Im Spiel gegen Argentinien war sie nun erstmals an ihre Grenzen gegangen, hatte einen 0:1-Rückstand wettgemacht und in der Verlängerung die Nerven behalten.
Der Rest war Jubel und die Gewissheit, dass in diesem Turnier, in diesem Sommer alles möglich war, sogar der WM-Titel. Konnte ja keiner ahnen, dass die Italiener im Halbfinale eben diesem Traum ein jähes Ende bereiten würden.

Das Spiel, das mein Leben veränderte – Deutschland – Frankreich 8:7 (n.E., 3:3 n.V.) | WM-Halbfinale, 8. Juli 1982, Sevilla

von Tim Jürgens

Als Horst Hrubesch ganz am Ende vom Anstoßkreis zum entscheidenden Elfmeter aufbrach, zog er sich den Hosenbund hoch und richtete seine Nylon-Shorts. Da wusste ich, dass nun nichts mehr schiefgehen würde. Wenn das »Kopfballungeheuer« nach diesen 120 enervierenden Minuten die Muße hatte, sich um sein Aussehen zu kümmern, musste er die Ruhe selbst sein. Und so war es: Hrubesch verwandelte seinen Strafstoß zum 8:7-Endstand. Ich war zwölf, saß mit meinem Vater und meinem Bruder in einer Jugendherberge in der Eifel vor einem krisseligen Schwarz-Weiß-Fernseher und hatte erlebt, dass im Fußball nicht immer der Bessere gewinnt. Was mir in diesem Moment herzlich egal war. 102 Minuten hatte Frankreich das DFB-Team am Nasenring durch die Manege gezogen. Irgendwie schleppten sich die Deutschen in die Verlängerung, dort aber schienen sie binnen weniger Minuten für die Heimreise von der WM in Spanien abgefertigt zu werden. In der 98. Minute stand es 3:1 für die Franzosen – dann kam Karl-Heinz Rummenigge ins Spiel. Zwei Minuten später erzielte der Bayern-Angreifer den Anschluss, sprintete ins Tor, nahm den Ball und trug ihn, ohne eine Miene zu verziehen, zum Anstoß. Kurz darauf stand Klaus Fischer schräg in der Luft – und vollendete in unnachahmlicher Manier per Fallrückzieher. Und als hätte es noch eines Beweises bedurft, dass es beim Fußball erst dann vorbei ist, wenn es wirklich vorbei ist, verballerte im Shoot-Out Uli Stielike, blieb weinend am Boden liegen – doch während die Kamera noch auf dem Trauernden verharrte, hatte Keeper Toni Schumacher die Scharte schon mit einer Parade ausgewetzt. Dann kam Hrubesch und zog sich die Hose hoch …

Die 100 besten Spiele aller Zeiten

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