Leseprobe:

Alles ist nur eine Entscheidung entfernt (selbst Peking)
Es gibt wohl nichts, was wir so sehr unterschätzen wie unsere Fähigkeit, etwas zu verändern. Wir sind unzufrieden oder haben dieses nicht richtig erklärbare Gefühl, dass das, woraus unser Leben aktuell besteht, doch noch nicht alles sein kann, und machen einfach trotzdem weiter wie zuvor. Dabei ist dies im Grunde völlig irrsinnig. Wir können doch schließlich nicht immer wieder dasselbe tun und dabei ein anderes Ergebnis erwarten. Stattdessen müssen wir uns dazu entscheiden, ehrlich zu uns selbst zu sein, und uns der Frage stellen, ob wir etwas verändern möchten, um endlich ein richtig gutes Leben nach unseren Vorstellungen zu führen. Wenn wir diese Entscheidung fällen, dann ist alles andere um die Ecke … selbst Peking.

Ein Hoch auf die Unzufriedenheit: Wie ich mich dazu entschloss, mein Leben zu verändern
Jetzt hast du dir dieses Buch gekauft, liest gerade einmal die ersten paar Seiten und denkst dir wahrscheinlich bei der Lektüre dieser Zwischenüberschrift: »Was für ein Schwachsinn!« Und du hast natürlich recht: Unzufriedenheit ist sicher das Letzte, was wir uns oder anderen wünschen. Aber was wir meistens vergessen, ist, dass Unzufriedenheit auch eine Chance sein kann. Sie zeigt uns, dass das, was wir für die richtige Wahl hielten, dies eben nicht ist. Wir müssen nur lernen, dieses Gefühl zu erkennen, und dann für uns selbst entscheiden, ob es einer Veränderung bedarf, und diese dann auch wirklich in Taten umsetzen – egal wie schwierig es auf den ersten Blick aussehen mag. Denn unsere Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, ist die einzige Sache, die wir wirklich in der Hand haben. Die uns im Grunde nie genommen werden kann. Selbst in dem seltenen Fall, dass die äußeren, uns unzufrieden stimmenden Umstände sich unserer Kontrolle entziehen und wir trotz aller Willensstärke nicht die Möglichkeit haben, etwas zu ändern, können wir uns immer noch dafür entscheiden, die Situation anders zu betrachten. Wir entschließen uns zu Taten – oder Haltungen und Einstellungen.

Ich selbst habe noch nie eine größere Unzufriedenheit erlebt als gegen Ende meines Studiums. Dabei lief eigentlich alles soweit nach Plan. Ich hatte sehr gute Noten, wohnte mitten im Herzen von Amsterdam und war kurz davor, bei dem internationalen Unternehmen, in dem ich auch mein Abschlusspraktikum gemacht habe, einen sehr gut bezahlten,abwechslungsreichen Job zu landen. Das war es, wofür ich die letzten Jahre gelernt hatte, wofür ich mein Geld, meine Zeit und meine Energie aufgebracht hatte und was aus Sicht aller mich umgebenden Menschen der nächste logische Schritt in meinem vielversprechenden Werdegang sein würde. Doch je mehr Zeit verging und je näher der Tag rückte, an dem ich die Belohnung für meine harte Arbeit der letzten Jahre bekommen sollte, desto unsicherer wurde ich, ob ich diese überhaupt haben wollte. Ich mochte zwar sowohl meine Kollegen als auch die Vorstellung, kein Student mehr zu sein und endlich mein eigenes Geld zu verdienen, aber die anfängliche Vorfreude war mit der Zeit einem eher unguten Bauchgefühl gewichen. Auch wenn ich es in dem Moment noch nicht genau deuten konnte, regte sich in mir immer mehr das Verlangen danach, etwas zu tun, was Menschen wirklich hilft, anstatt nur ein kleines Zahnrad im Getriebe eines großen Unternehmens zu sein, das nach nichts anderem als wirtschaftlichem Profit um jeden Preis strebt. Ich wollte irgendetwas Sinnstiftendes tun und nicht einfach nur arbeiten, um Geld zu verdienen, mit dem ich dann wiederum meine Rechnungen bezahle. Das klang für mich nicht nach einem richtig guten Leben, so wie ich es mir vorstellte.

Nono Konopka
© Dominik Schulz

Interview mit dem Autor

Nono, du bist zusammen mit deinem besten Freund Max völlig untrainiert 15.000 Kilometer von Berlin nach Peking geradelt, um auf diesem Weg Geld für einen Schulbau in Guatemala zu sammeln. Wie kommt man mit Anfang 20 auf so eine Idee?

Wir beide waren im Rahmen unseres Studiums im Ausland - ich habe ein dreiviertel Jahr in Mexiko und Guatemala verbracht. Die Zeit dort hat mich insofern tief beeinflusst, als dass ich realisiert habe, wie privilegiert ich bin, wie selbstverständlich es ist, zur Schule und Uni gehen zu dürfen. Deswegen habe ich dort den Entschluss gefasst, die Dörfer in Guatemala irgendwie mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterstützen.

Zurück im letzten Semester habe ich mich dann gegen einen Job in einem internationalen Konzern entschieden, um stattdessen diese Reise zu machen. Ich hatte von einer Hilfsorganisation gelesen, die in genau diesen Gebieten in Guatemala aktiv ist und für die man mit verrückten Aktionen Spenden sammeln kann. Als ich dann mit Max zufällig ein YouTube-Video über eine Fahrradreise geschaut habe, kam uns die Idee eben dies für den Bau einer Schule in Guatemala zu tun.

Wann kam nach der anfänglichen Euphorie zum ersten Mal die Angst vor der eigenen Courage?

Für mich war vor allem die Zeit vor der eigentlichen Abreise schwierig. Viele Leute haben versucht uns zu überzeugen, die Reise lieber sein zu lassen, darunter auch enge Freunde. Das hat große Selbstzweifel ausgelöst. Am Abend vor der Abfahrt hatte ich sehr gemischte Gefühle. Von Vorfreude, bis Angst, Aufregung und Selbstzweifel war alles dabei.

Neben vielen tollen Momenten auf der Reise gab es auch schwierige Situationen, wie z.B. in Bosnien. Was ist dort passiert und wie denkst du heute darüber?

Am Abend hat ein Braunbär unser Zelt am Waldrand neben der Straße gefunden und hat sich direkt vor dem Eingang durch unsere Essensvorräte gewühlt. Danach hat er das Zelt beschnüffelt, es ein paar Mal umkreist, und ist dann im Dunkeln verschwunden. Wir waren ziemlich geschockt und sind erst nach ein paar Minuten nur mit unseren Schlafsäcken über den Schultern zur Straße gerannt, wo wir die Nacht über gewartet haben, bis wir am Morgen zurück zu unserem Zelt gegangen sind.

Rückblickend hat diese mit Abstand gefährlichste Situation der gesamten Reise bei mir dazu geführt, dass ich nun noch viel eher Risiken eingehe und neue Dinge probiere. In meinem Kopf ist immer, dass ich bereits einen solche Fehler gemacht hatte, dass ich einen wilden Bären vor dem Zelt hatte, und trotzdem immer noch hier bin. „Was soll im Vergleich dazu also schon passieren, wenn ich zu Hause mal meine Komfortzone verlasse und etwas neues wage?“

Kommt nach so einem Erlebnis nicht die Frage auf, ob man die Reise nicht doch lieber abbrechen sollte?

Wir sind bei -28 Grad Celsius auf über 2000 Meter Höhe durch die Hochgebirge der Türkei gefahren. Oben am Berg angekommen, mussten wir unsere Räder durch einen kilometerlangen Tunnel ohne Seitenstreifen und Beleuchtung schieben. Das war für mich der herausforderndste Moment der gesamten Reise und in meinem Kopf kam immer wieder die Frage auf: „Warum tue ich mir das an?“

Gerade in solchen Situationen hat es mir sehr geholfen, dass wir mit dem Ziel eine Schule zu bauen der Reise einen Sinn gegeben hatten. Wir haben dann in schwierigen Zeiten wie zum Beispiel beim Fahren durch den Winter immer sehr viele motivierende Nachrichten von Menschen aus aller Welt bekommen.

Wie hast du dich gefühlt, als du nach deiner Reise zusammen mit Max die Schule in Guatemala eröffnen durftest, die ihr durch die Reise finanziert habt?

Gibt es einem Moment, der dir dabei besonders in Erinnerung geblieben ist? Die Eröffnung der Schule in Guatemala war definitiv einer der schönsten und emotionalsten Momente meines Lebens. Vorher war es oft schwer greifbar für mich, wofür ich gerade eigentlich in die Pedale trete, aber als ich dort vor Ort die vielen Kinder gesehen habe, wurde es sehr deutlich.

Besonders in Erinnerung geblieben ist mir die „Tradition der Träume“, die wir begleiten durften. Hierfür haben alle Kinder aufgemalt was sie träumen einmal zu werden und diese Bilder wurden dann in eine große Holzkiste gepackt. Wir haben den Kindern dabei geholfen, dann gemeinsam ein Loch gebuddelt, und die Kiste dort vergraben, wo am nächsten Tag das Fundament für die neue Schule gebaut wurde.

In deinem Buch verbindest du die Erkenntnisse deiner Reise mit 12 Lektionen, die zu einem „richtig guten Leben“ beitragen. Sind all diese Erkenntnisse in deinen Augen gleich wichtig, oder erachtest du eine als ganz besonders wichtig?

An den beiden Schulen in Guatemala hängt jeweils ein Schild mit einer Widmung auf der steht: „Denjenigen gewidmet, die sich für ihre Träume anstatt für ihre Komfortzone entscheiden.“ Das ist für mich die wichtigste Lektion, wenn man über ein richtig gutes Leben spricht. Denn wer dies haben möchte, wird sich kontinuierlich weiterentwickeln und wachsen müssen, und das wiederum bedeutet Dinge zu tun, die nicht nur komfortabel sind.

Was rätst du Menschen, die in einer ähnlichen Situation feststecken wie du vor deinem Aufbruch, aber nicht die Möglichkeiten haben, sich eine Auszeit zu nehmen oder eine Reise zu machen. Was können sie im Alltag tun?

Ich glaube in keinem Fall, dass man eine Reise machen muss, um herauszufinden was man eigentlich machen will und wohin der eigene Weg gehen soll. All die einzelnen Lektionen, die ich von der Reise mitgebracht habe, lassen sich im Alltag ebenso gut anwenden. Ich denke, dass es wichtig ist, viel auszuprobieren und Dinge zu tun, die man noch nie getan hat, um dadurch Sachen über einen selbst zu lernen, die man noch nicht gewusst hat. Das können kleine Sachen sein wie eine neue Sportart ausprobieren oder auch große Sachen wie eben mit dem Fahrrad, um die Welt zu fahren.

Und die allerletzte Frage: Wer sollte dein Buch unbedingt lesen?

Jeder Mensch, der sich danach sehnt, ein Leben nach den eigenen Vorstellungen zu leben oder der manchmal so ein schwer zu erklärendes Gefühl hat, dass das doch noch nicht alles sein kann. Ich denke, es hilft vor allem Leuten, die viel Veränderung durchleben oder in eine neue Lebensphase übertreten (wie zum Beispiel eben Studienabsolventen) dabei motiviert und inspiriert zu werden, selbst herauszufinden was sie machen wollen, worin sie gut sind, und was sie glücklich machen würde.

Nonos Reisebilder: