Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezension zu
Star Wars™ Bruderschaft

Bruderschaft von Mike Chen ist The Clone Wars in Romanform

Von: Tobias
25.06.2023

Am 21. Juni 2023 erschien mit Bruderschaft bei Blanvalet die deutsche Übersetzung von Brotherhood. Der von Mike Chen geschriebene Roman erschien ursprünglich am 10. Mai 2022 bei Del Rey und widmet sich einer im Romansektor seit längerer Zeit unterbelichteten Ära: Den Klonkriegen. Wieso der Roman für Fans von The Clone Wars aber auch allgemein der Prequels ein absolutes Muss ist, wieso er auch darüber hinaus gekonnt mit aktuellen Themen spielt und warum seine eingearbeiteten Analogien manchen zu viel sein könnten, soll in dieser Rezension im Fokus stehen. **Endlich mehr aus den Klonkriegen** Wie ich in nun mittlerweile ausreichenden JediCasts erwähnt habe, bin ich mit The Clone Wars aufgewachsen. Die Idee, dass man die drei Jahre zwischen Episode II und III mit einer solch perspektivreichen Serie gefüllt hat, macht mich heute noch glücklich. Denn das will man von den Klonkriegen ja sehen. Welchen Einfluss hat es auf Jedi und wie beeinflusst sie das. Etwas, dass wir – so lassen zumindest die Inhaltsangaben vermuten – bald auch in Inquisitor: Rise of the Red Blade (vsl. Mai 2024 bei Blanvalet) sehen dürfen. In diesem Roman geht man jedoch den eher klassischen Weg und bleibt an den Hauptfiguren dieser Zeit dran: Obi-Wan Kenobi und Anakin Skywalker. Umso beeindruckender ist es, dass es Mike Chen gelingt eine Geschichte zu erzählen, die eigentlich so offensichtlich noch fehlte und sich gerade deshalb wohl so gut in diese kurze Zeitspanne einfügt. Wie war eigentlich die Anfangszeit der Klonkriege? Wie wurde aus Langhaar-Kenobi auf Geonosis der plattenbehangene und gegelte General auf Christophsis? Was passierte in der Anfangszeit dieses Konflikts und wie gingen unsere geliebten Figuren damit um? Und letztlich, was war eigentlich die Sache auf Cato Neimoidia, die nicht zählte? So überzeugt vor allem der Auftakt des Romans auf Coruscant mit dem überhasteten und sich nicht belohnend anfühlenden Ritterschlags Skywalkers und der Aufgabe Kenobis sich in dieser neuen Galaxislage zurechtzufinden und auch noch mehr Verantwortung zu übernehmen, nun da er – zunächst nur als Interimsbesetzung – im Rat der Jedi sitzt. Für Anakin folgt nach der Hochzeit mit Padmé zunächst die Erkenntnis, dass sich nun alles ändern wird, weshalb er die Zeit mit ihr umso mehr genießen will. Diese kleinen Episoden zu Beginn sind es, die einen direkt in diese Anfangszeit des Krieges holen, in der noch niemand so genau weiß, was eigentlich Phase ist und wie man am besten auf Eskalationen reagiert. **Die Sache auf Cato Neimoidia** Wo wir schon beim großen Plotpunkt des Romans sind. Direkt im ersten Kapitel erfahren wir, dass ein Stadtbezirk der Hauptstadt des Planeten Cato Neimoidia in die Tiefe gestürzt ist und mehrere tausend Einwohner starben. Schnell sind Separatisten und Republik zur Stelle, um sich gegenseitig zu beschuldigen, während auch das angeblich abtrünnige Element der Handelsföderation – Nute Gunray – irgendwie mit ins Spiel gebracht wird. Von militärstrategischen bis xenophoben Motiven ist alles dabei und es wird Obi-Wans Aufgabe sein, diesen Morast an Anschuldigungen trocken zu legen, ohne dabei die nächste diplomatische Krise auszulösen. Die Darstellung der Ermittlungen samt den neuen Figuren Ruug und Ketar, die im lokalen Sicherheitsdienst arbeiten, funktioniert im Laufe des Romans nachvollziehbar. Konflikte speisen sich eigentlich fast immer organisch aus den authentisch handelnden Figuren. Als Beispiel sei hier Obi-Wans Glaube an Rationalität gegenüber emotionalen Fakten genannt. Wie er im Vorfeld seiner Reise erfährt, sind Neimoidianer sehr mathematisch-rationale Wesen, doch auf dem Planeten erfährt er zunehmend, dass die reine Faktenlage einer emotionalisierten Debatte nichts entgegenzuhalten hat. Hier spielt Mike Chen wirklich beeindruckend – wenn auch nicht immer subtil – mit den Kritikpunkten an modernen politischen und medialen Debatten, die diese Emotionalität auch zunehmend in den Vordergrund rücken. Zudem arbeitet Chen auch gekonnt mit unserem xenophob-angehauchten Weltbild, denn an was denken wir zuerst, wenn wir an die Neimoidianer denken? An schleimige Profitgeier und nicht an Künstler aus dem abgestürzten Stadtteil. Mit dieser Erkenntnis müssen sich auch einige der Figuren beschäftigen. **Spieglein, Spieglein…** Einen Großteil dieser Reflexion (witzig, weil der Abschnitt Spieglein, Spieglein heißt) übernehmen Ruug und Ketar für uns. Ruug wird zwar dem rationalen Klischee ihrer Spezies durchaus gerecht, hat aber auch selbst eine Vorgeschichte und einen sehr sympathischen Kern. Ketar hingegen ist anfälliger für das Suchen einfacher Antworten und lässt sich von emotionalen Impulsen beeinflussen. Die eigentliche Humanisierung kommt aber daher, dass die beiden Figuren recht klar als Spiegelbild angelegt sind und zwar für Obi-Wan und Anakin! Wie genau Mike Chen das ausspielt will ich hier nicht vorwegnehmen, aber dem ein oder anderen könnte es etwas zu plakativ sein. Mir hat es jedoch deshalb gefallen, da ja nur wir als Leser die Parallelen bis zum Ende hin erkennen und die handelnden Figuren nicht. Somit hat es für mich an der Plausibilität der Handlung nichts geändert. Doch nicht nur mit den beiden Neimoidianern macht er eine Analogie auf. Auch die neue Figur im Kreise der Jedi – Mill Alibeth – ist eindeutig als Vorbereitung auf Ahsoka angelegt. Auch hier stört mich das aus den gleichen Gründen weniger, da Anakin ja noch nichts davon weiß und man Yoda sogar zutrauen könnte, dass er das genauso geplant hat. Davon abgesehen ist Mill eine beeindruckend spannende Jedi, die sehr starke emotionale Reaktionen auf die Kriegshandlungen entwickelt und daher auch mit ihrem Jedi-Dasein immer wieder hadert. Auch, dass sie Anakin mehr oder weniger gut durchschauen kann, ihm aber trotzdem oder gerade deshalb vertraut, macht sie zu einer spannenden Figur. **Treffende Charakterzeichnung** Doch zurück zu den beiden Hauptfiguren, allen voran natürlich Obi-Wan Kenobi. Für mich war Obi-Wan seit meiner Kindheit immer das Musterbeispiel für einen Jedi und das hat sich in den Jahren seither immer mehr relativiert. So auch mit diesem Roman. Das ist aber keine Kritik, sondern vielmehr das Lob, dass es die späteren Staffeln von The Clone Wars, die Serie Obi-Wan Kenobi, als auch andere Werke, in denen er vorkam, immer geschafft haben, die scheinbar perfekte Jedi-Hülle zu öffnen, und uns in das unsichere Innere blicken zu lassen. Die bereits angesprochene Unsicherheit zu Beginn samt dem sich arrangieren müssen mit einer heiklen Mission, der Position im Rat und dem Verlust seines Padawans, nachdem sie zehn Jahre lang ein eingespieltes Team waren, gehen nicht spurlos an ihm vorbei. Erinnerungen und Verbindungen zu anderen Werken wie Meister & Schüler – samt dem Verrat seines Meisters am Rat und die noch immer tiefsitzenden Schuldgefühle deswegen – zeigen uns einen Jedi, der alles richtig machen will und am Ende eben doch ein zutiefst menschliches Wesen geblieben ist. So auch in seinen Erinnerungen an Satine, der Blindheit gegenüber der emotionalen Verbindung zwischen Padmé und seinem Freund oder dem Wunsch, sich auf Anakins impulsive Art im Kampf stützen zu können. Dieser impulsive Anakin kommt im Roman auch gekonnt zur Geltung. Von nicht ganz so subtilen Liebelein mit Padmé bis hin zu seiner spontanen Rettungs-Reise mit Mill, die so nicht im Ausbildungs-Protokoll vorgesehen ist. Jedes seiner Kapitel zeigt uns dabei einen jungen Jedi-Ritter, der noch unsicher ist, wie er mit dem Rang eines Ritters umgehen soll, der galaktischen Frieden nur darum will, um mit Padmé in Ruhe leben zu können, der noch an den Tod seiner Mutter zurückdenkt und der noch damit hadert, seine mechanische Hand als einen Teil seines Körpers zu begreifen. Besonders lobenswert fand ich die subtile, aber merkliche Darstellung seiner toxischen Freundschaft zu Palpatine, die sich dadurch widerspiegelt, dass er ihm zuhört und immer seiner Meinung ist. Was für Anakin Ausdruck von Verständnis und Freundschaft darstellt, ist für uns Leser natürlich der klare Versuch sich einzuschleimen und ihn auf seine Seite zu ziehen und das funktioniert authentisch im Laufe des Romans. Wenn Obi-Wan und Anakin miteinander interagieren, schlägt einem das The Clone Wars-Herz umso höher, denn die typischen Neckereien („Muss ich euch noch Meister nennen“) erstrecken sich über den ganzen Roman, genauso wie die unausweichlichen Konflikte, die sich aus der impulsiven Art Anakins und der bedachten Art Obi-Wans ergeben, auch wenn beide die Verhaltensweise des jeweils anderen eigentlich vermissen, sobald sie getrennt sind. **Die perfekte Vorgeschichte zu The Clone Wars** Wer bis jetzt noch nicht überzeugt ist, dem möchte ich nun einige Beispiele nennen, weshalb der Roman die essenzielle Vorgeschichte zu The Clone Wars ist. Neben der offensichtlichen Antwort, wie aus Meister und Padawan nun gleichgestellte Jedi-Ritter und Brüder wurden, wird auch die Änderung des Kleidungsstil in den eher plattenbehangenen Stil aufgegriffen. Zudem erhält der Generalstitel der Jedi einen gesetzlichen Unterbau und die zunehmende Entsendung von Padawanen an die Frontlinien wird als expliziter Wunsch des Kanzlers identifiziert. Wiedersehen mit bekannten Figuren wie Jaro Tapal und Dexter sind auch zu erwarten, sowie Anspielungen an Satines und Obi-Wans Bekanntschaft inklusive seines Spitznamens. Auch die ursprüngliche Clone Wars-2D-Serie wird mit aufgegriffen, indem einige Missionen daraus nun am Rande erwähnt werden. Zudem verkündet Mandalore im Holonetz seine Neutralität, was die späteren Nachforschungen seitens der Jedi bereits vorbereitet. Insgesamt merkt man deutlich, dass Mike Chen seine Hausaufgaben gemacht hat und kaum eine Chance verstreichen lässt den Roman mit der The Clone Wars-Serie oder eben anderen Literatur-Werken zu verknüpfen. Das führt dazu, dass es sich wie eine Romanfassung eines Staffel-0-Arcs liest, was in mir die Erinnerung an die sehr guten The Clone Wars-Folgen wieder heraufbeschworen hat. **Fazit** Bruderschaft ist für mich am Ende ein perfekter Roman in der Ära der Prequels und damit absolut zu empfehlen. Er stützt sich zwar wieder auf bekannte Figuren, baut aber Brücken zwischen bereits existierenden Werken in einer solchen Weise, dass es sich so anfühlt als hätte diese Handlung schon immer genau dort hingehört. Ja, hier und da sind die Parallelen etwas zu plakativ, funktionieren aber genau deshalb vielleicht gerade im Star Wars-Kontext so gut: „It’s like poetry, it rhymes!“ Abseits dieser Parallele nimmt er Obi-Wan und Anakin nicht nur als Actionfiguren in die Hand, sondern ergründet ihr Innerstes und lässt daraus seine Handlung entspinnen. Wenn ein Autor nach sieben Staffeln The Clone Wars, vielen anderen literarischen Werken und drei Filmen der Prequels diesen Figuren trotzdem noch Spannendes und auch in Teilen Neues entlocken kann, dann lässt mich das allein schon beeindruckt zurück. Rechnet man dann noch die gute Einbettung in den Übergang von Angriff der Klonkrieger zu The Clone Wars hinzu, kann man den Roman nur uneingeschränkt empfehlen!

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.